Druckartikel: "Die Hoffnung ist groß": Wie Pflegeheime in Franken mit der Corona-Krise umgehen

"Die Hoffnung ist groß": Wie Pflegeheime in Franken mit der Corona-Krise umgehen


Autor: Stefanie Gleixner

Kronach, Mittwoch, 13. Mai 2020

Sie stehen seit Wochen im Fokus: Bewohner, Mitarbeiter und Betreiber der Pflegeheime. Sei es durch Besuchsverbote, Vereinsamung und Pflegeboni. Ein Überblick, was in den Pflegeheimen wirklich los ist.
Ein schöner Muttertag sollte es für Bewohner und Angehörige im Seniorenheim in Kronach werden. Foto: BRK


Es waren besondere Herausforderungen, vor denen die Pflegeheime vor knapp zwei Monaten standen. Seit 18. März galt in den Einrichtungen ein Besuchsverbot. Die Türen blieben ab diesem Zeitpunkt für die Außenwelt verschlossen. Allein Mitarbeiter durften noch ein und aus gehen.

Schnell musste nach Alternativen gesucht werden, wie die Kommunikation und der Kontakt zu Angehörigen aufrechterhalten bleibt. Skype, WhatsApp und Telefonate sollten den persönlichen Kontakt ersetzen. Eine schwierige Aufgabe, die auch beim Pflegepersonal besondere Umgangsmaßnahmen erforderte. "Wir haben das Betretungsverbot stets positiv kommuniziert", sagt Karin Pfadenhauer, geschäftsführender Vorstand des Diakonischen Werks in Kronach. Alle Maßnahmen habe die Regierung zum Wohle und zum Schutz für Pflegepersonal und die Bewohner erlassen und die Bewohner haben für die Situation volles Verständnis gezeigt. Um eine besondere Situation zu schaffen, wurde für jeden Bewohner ein Bezugspfleger festgelegt, der sich um die Betreuung der Person kümmern sollte. So konnte man zum einen den Kontakt zwischen Pflegern und Bewohnern genau kontrollieren und eine feste Bezugsperson für die Bewohner initiieren.

Pflegeheim in Corona-Krise: "Angehörigen hätten es gespürt"

Vereinsamung gab es für die Bewohner der Pflegeheime im Landkreis Kronach nicht, sagt Andrea Backer, Geschäftsführerin des Altenpflegeheims Sonnenblick in Küps, stellvertretend für ihr Heim und die der Wohlfahrtsverbände im Landkreis. Für die Bewohner hat sich ihre gewohnte Struktur nicht verändert, sodass es keine großen Probleme gab. Eine komische Situation war es am Anfang dennoch. Und die Angehörigen hätten gespürt, dass von Seiten des Pflegepersonals und der Heimleitungen alles mögliche getan wird, um die Situation weiter positiv zu gestalten. Aber nicht nur das Pflegepersonal arbeitet unter Hochdruck: Verwaltung, Hausmeister, Hauswirtschafter und Reinigungspersonal kümmern sich darum, für die Bewohner den Alltag so normal wie möglich zu gestalten.

Denn gerade für die Mitarbeiter ist die Situation aber durchaus auch belastende, sagt Cornelia Thron, Geschäftsführerin der Caritas in Kronach. Sie alle hätten Befürchtungen, dass sie selbst es sein könnten, die den Virus in ihr Pflegeheim bringen, erzählt Thron. Deshalb hätten viele privat immer noch größere Einschränkungen als es gesetzlich vorgegeben ist. Die Zusammenarbeit und der Zusammenhalt innerhalb des Teams sei aber vorbildlich, betonten alle Heimleiter.

Trotzdem spüren die Mitarbeiter im Pflegebereich, dass sie derzeit wesentlich mehr Wertschätzung und Aufmerksamkeit für ihre tägliche Arbeit bekommen. Die Hoffnung, dass dies nicht nur in Zeiten von Corona so ist, sondern auch danach noch anhält, ist groß. Vielleicht entscheiden sich jetzt wieder mehr junge Menschen für den Pflegeberuf, denn auch in Krisenzeiten werden Pfleger gebraucht und müssen nicht um ihren Beruf bangen, sagt Roland Beierwaltes vom BRK-Kreisverband Kronach. Der Corona-Pflegebonus, den die Pflegekräfte in Bayern nun von der Landesregierung bekommen sollen, sei da ein "schönes Zuckerl" aber helfe nicht in der Gesamtsituation. "Die Politik und Gesellschaft wurde nun wachgerüttelt", sagt Pfadenhauer. Das Gesundheitssystem müsse modernisiert werden. Der Spagat zwischen Beruf und Freizeit müsse sich verringern.

Pflegeheime: Besuche wieder möglich

Schon von Anfang an wurde die Coronakrise Ernst genommen, sagt Roland Funk, Geschäftsführer des Kronacher Arbeiter-Samariter-Bundes. Auch jetzt, wo die Regelungen zu Muttertag gelockert wurden und der Besuch einer Kontaktperson erlaubt ist. "Die Türen bleiben weiterhin zu. Besuche sind nur in der Cafeteria erlaubt", sagt Funk. Zimmer und Station dürfen nicht betreten werden. Wer einen Angehörigen besuchen möchte, muss sich vorab anmelden und bekommt dann ein Zeitfenster von ca. 30 Minuten. Das Betreuungspersonal kümmert sich in jeder Einrichtung um die Vergabe von Terminen. Nicht nur an Muttertag, sondern auch für die kommenden Tage. Schutzausrüstung, Desinfektion und Sicherheitsabstand von bis zu zwei Metern gehören auch mit dazu. Anders wären die Besuche nicht darstellbar. Auch in den anderen Landkreisheimen wird so verfahren. Besuche werden, wenn möglich nach draußen verlegt. In den Heimen ist nur eine begrenzte Zahl gleichzeitig möglich. Aus Platzgründen. Gerade am vergangenen Sonntag konnte der Muttertag so von vielen Familien für Besuche genutzt werden. Jeder Termin konnte wahrgenommen werden und keinem musste abgesagt werden. Ein emotionaler Moment für viele. "Es ist schwierig, seine Angehörigen nicht berühren zu dürfen", schildert Pfadenhauer die Erlebnisse vom Muttertag. Dennoch habe es keine Probleme gegeben. Im Gegenteil, die Angehörigen reagieren sehr verständnisvoll auf die aktuelle Situation. Viele wollten nur nach dem Rechten sehen und verzichten auch zukünftig auf tägliche Besuche, damit jeder Bewohner einmal Besuch erhalten kann.

Und dieses Verständnis brauche es auch für die schmale Gratwanderung zwischen Sicherheit und Schutz und der Begegnung durch die Lockerungen, sagt Roland Beierwaltes. Den Verbänden wäre es am liebsten, dass erst einmal keine weiteren Lockerungen kommen. Bis Ende Mai wolle man erst mal so weitermachen, auch wenn es neue Lockerungen von der Regierung geben sollte. Eine zweite Corona-Welle will hier keiner riskieren. Neben den gesundheitliche Gefahren, würden auch finanzielle Sorgen mit dazu kommen. Denn der Rettungsschirm der Regierung könne nicht die Mehrausgaben auffangen, die die Heim derzeit durch die Krise haben: Freie Plätze dürfen nicht neu vergeben werden und die Schutzausrüstungen müsse auch finanziert werden.

Bislang habe es in keinem Pflegeheim einen Infektionsfall gegeben. Und auch bei der Lebenshilfe wurde noch kein Infizierter gemeldet. Dennoch hat sich Wolfgang Schmidt-Palm gemeinsam mit Eltern und gesetzlichen Betreuern dazu entschieden, vorerst weiterhin auf Besuche zu verzichten. Zu groß sei die Gefahr einer Ansteckung und das damit einhergehende Risiko für alle Bewohner und Betreuer. Natürlich sind Kontakte weiterhin über WhatsApp, Telefonate oder Skype möglich. Auch Gespräche am Fenster wird es wie in den letzten Wochen weiterhin geben. Eine Veränderung konnten die Mitarbeiter der Lebenshilfe bei den Bewohnern bereits feststellen: Sie sind viel ruhiger. Entschleunigt. Runter gekommen. Der stressige Alltag, den sie sonst in der Werkstatt haben fällt, aktuell aus. Die Werkstatt, in der die Mehrheit der Bewohner arbeitet, ist derzeit geschlossen, soll aber bald wieder öffnen. Dann kommen dort wieder 200 Menschen aus dem ganzen Landkreis zusammen, um dort zu arbeiten. Eine Ansteckungsgefahr ist nicht von der Hand zu weisen. Erhöhte Schutzmaßnahmen müssen dann eingeführt werden.

Leiter: "So schnell keine Normalität"

Trotzdem sind sich alle in einer Sache sicher: Es wird alles gut werden. Der organisatorische Aufwand, der sich durch die Krise ergab, konnte von den Wohlfahrtsverbänden und Heimen gut abgefangen werden. Wöchentliche Telefonkonferenzen zwischen allen helfen, um mit der Situation klar zu kommen und bei Problemen schnell Hilfe zu bekommen. Konzepte und Pläne sind ausgearbeitet und mit dem Landratsamt abgestimmt worden. Schutzausrüstung liege in ausreichender Zahl vor. Mittlerweile bekommen die Heime alle zwei Wochen eine neue Lieferung an Ausrüstung vom Technischen Hilfswerk zur Verfügung gestellt. Ein normaler Alltag in den Heimen, wie er vor der Krise war, wird von den Leitern aber so schnell noch nicht zurückerwartet. Ein Stück weiter Richtung Normalität ja, aber gewisse Maßnahmen werden bleiben.