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Olga Gräbner aus Marktrodach war in der Ukraine


Autor: Friedwald Schedel

Oberrodach, Montag, 24. Februar 2014

Olga Gräbner aus Marktrodach war erst vor wenigen Wochen bei Verwandten in ihrem Heimatland. Dort hat sie nicht viel von der Revolution bemerkt. Die Zukunft beurteilt sie durchaus kritisch.
Olga Gräbner informiert sich über die Lage in der Ukraine aus der Tageszeitung und durch Telefonate mit Verwandten.  Foto: Friedwald Schedel


Olga Gräbner, die Ehefrau des Marktrodacher Bürgermeisters, ist seit zehn Jahren in Deutschland, hat einen deutschen Pass, doch ihr Herz schlägt - auch - für die Ukraine, das Land, in dem sie geboren wurde und in dem sie aufgewachsen ist. Sie sieht dort noch einen langen Weg hin zu einer wirklichen Demokratie. Von einer Teilung des Landes in Ost und West hält sie gar nichts, "denn die Leute wollen zusammenbleiben".

Erst vor vier Wochen war sie in ihrer alten Heimat, hat Verwandte und Freunde besucht. Dort ist ihr nicht viel aufgefallen, was auf einen Umsturz hingedeutet hätte. Alles war relativ ruhig. Olga Gräbner stammt aus Poltava, einer 350 000-Einwohner-Stadt 300 Kilometer östlich von Kiew. Aufgewachsen ist sie aber im westlichen Gebiet der Ukraine. Ihre Oma wohnt im Westen, ihre Mutter im Osten. Es gibt viele verwandtschaftliche Verflechtungen zwischen dem westlichen und dem östlichen Landesteil.

Schon alleine deswegen hält Olga Gräbner es nicht für sinnvoll, das Land in einen pro-westlichen und einen pro-russischen östlichen Teil zu spalten.

Gegen die Revolution hat sich nichts einzuwenden, "aber, was mir weh tut, ist die Gewalt. Sie hätten die Gewalt vermeiden müssen. Das ist unmöglich!" sagt sie mit sehr ernster Miene.


Mehr als 500 Millionen Euro

Die Demonstranten, die wochenlang den Majdan-Platz in Kiew belagerten, hält sie für gekauft. Die seien sicherlich finanziell unterstützt worden. Wer Arbeit habe und die Familie ernähren müsse, könne es sich nicht leisten, wochenlang zu demonstrieren. Die ganze Ukraine sei korrupt, gibt sie ihre negative Einschätzung weiter. Viktor Janukowitsch habe vor seiner Flucht "seine Milliarden in Sicherheit gebracht". Olga Gräbner ist sich sicher, dass der ehemalige Regierungschef weit mehr als die von westlichen Beobachtern vermuteten 500 Millionen Euro angehäuft hat.

Erst am Sonntag hat sie mit ihrer Mutter telefoniert. Die hat ihr berichtet, dass die Löhne in der vergangenen Woche mit Verspätung ausgezahlt worden seien. Die Bankautomaten seien leer gewesen. Lange Schlangen hätten sich gebildet. Die Läden seien leer gekauft worden, weil die Ukrainer Angst hätten, später keine Lebensmittel mehr zu bekommen. Olga Gräbner ist sich sicher, dass die Ukraine finanzielle Unterstützung braucht. "Die haben Wahlen für den 25. Mai ausgerufen, aber Geld für die Wahl haben sie nicht."


Integrationsfigur wird gesucht

Was die Ukraine jetzt nötig habe, sei eine Integrationsfigur, die ausgleichen könne, die das Geschick habe, beide Seiten zusammenzuführen. Julia Timoschenko traut sie das nicht zu. "Die polarisiert zu sehr. Sie will die absolute Macht." Timoschenko sei ja bereits Regierungschefin gewesen, habe aber nichts zum Positiven verändert. Timoschenko sei übrigens im östlichen Teil des Landes geboren, habe aber eine westliche Orientierung.

Vitali Klitschko sei zwar sehr aktiv, aber ob sein politischer Einfluss stark genug sei, könne sie nicht beurteilen. Und da seien auch noch die radikalen Kräfte, die nationalistisch gesinnt seien. "Aber die werden im Osten nicht gewählt. Diese Idee hat noch nirgendwo funktioniert!" Vertrauen in die Politik zu verdienen, werde sicherlich lange Zeit in Anspruch nehmen. Es werde viele Jahre, vielleicht Generationen dauern, bis die Demokratie gewachsen sei, weil sich die Mentalität der Menschen nicht so schnell ändere.