Neues Lebensgefühl in Zeyern
Autor: Veronika Schadeck
Zeyern, Dienstag, 28. Juli 2020
Seit 2003 kämpfte die Interessensgemeinschaft "Ortsumgehung Zeyern!" für ihr Ziel. Seit Freitag ist der Ort vom Durchgangsverkehr befreit.
Seit Freitagmorgen ist die Ortsumgehung Zeyern für den Verkehr freigegeben. Die Zeyerner Bürger atmen auf. Für sie beginnt eine Epoche, die mit einem neuen Lebensgefühl verbunden ist.
"Was ist denn da los?" fragte Johannes seinen Opa Christian Zeuß am Samstagmorgen. Der Dreijährige besucht oft seine Großeltern, die direkt im Ortskern Zeyern an der B 173 wohnen. Für den jungen Mann war es jedesmal ein Highlight, wenn ein Lkw nach dem anderen, nur wenige Meter vom Haus entfernt, vor dem Fenster vorbeifuhren. Er war von den endlosen "Autoschlangen" fasziniert.
Am Samstagmorgen war es still. Nur vereinzelt fuhren Autos am Haus der Großeltern vorbei. Kein Lärm, keine Abgase. Man hörte den Zeyernbach rauschen, Hunde bellen und Vögel zwitschern. "Für viele Bürger im Landkreis mag dies selbstverständlich sein, für uns ist es ein neues Lebensgefühl", sagt Christian Zeuß.
Er war mit aktiv in der Interessensgemeinschaft "Ortsumgehung Zeyern!". Zusammen mit einigen Mitstreitern kämpfte er jahrelang für die Ortsumgehung. Am Dienstagmittag sitzen einige davon im Pfarrheim und erinnern sich. Die Interessensgemeinschaft habe sich im Jahre 2003 gegründet, als die Planungen für den Bau der Ortsumgehung zurückgestellt wurden. Schon damals waren der Durchgangsverkehr und der Lärm unerträglich. Werner Hempfling berichtet von Mitte der 80er Jahre. Damals wohnte er direkt an der B 173 in Zeyern. Er erinnert an einen Ostermontag. Mehr aus Spaß habe man um die Mittagszeit die Autos gezählt. Innerhalb einer Stunde fuhren 620 Fahrzeuge durch Zeyern. Später, so ergänzt Walburga Bayer kam die Grenzöffnung, die Lkw-Maut und die EU-Osterweiterung. Viele Lkw-Fahrer umgingen die Maut, indem sie auf die Bundesstraße auswichen und somit durch Zeyern fahren mussten. Eine Unterhaltung im Freien sei unmöglich gewesen, erzählt Walburga Bayer. Der Lärm sei teilweise unerträglich gewesen, was sich natürlich auch auf die Gemütslage auswirkte. Das Verkehrsaufkommen stieg permanent.
Der Dritte Bürgermeister der Gemeinde, Roland Pompe, zog erst vor zwei Jahren vom Neubaugebiet in den Ortskern. Anfangs habe er gedacht: "So schlimm wird es schon nicht sein!". Binnen weniger Tage wurde er eines Besseren belehrt. Er spricht von Hupen, quietschenden Reifen und unerträglichem Lärm, und das zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Politikern auf den Fersen
Seit der Gründung der Interessensgemeinschaft fanden viele Zusammenkünfte und Gespräche mit den heimischen Politikern und Vertretern des Staatlichen Bauamtes statt. Man scheute auch nicht den Weg nach München und Berlin sowie direkte Gespräche mit Ministerpräsidenten und Staatssekretären, wenn diese in der Region weilten. Werner Hempfling kann sich auch noch gut an eine Bergtour in der Aschauer Region im Jahre 2008 erinnern. Zufällig erfuhr er, dass der damalige Ministerpräsident Günther Beckstein in der Gegend weilte. Beharrlich bat er um einige Minuten, um Beckstein direkt auf die Situation in seinem Heimatdorf ansprechen zu dürfen.
Als man schließlich im Jahre 2013 dem Ziel nahe war, kam eine neue Hiobsbotschaft, nämlich die Klage des DJK/SV Zeyern gegen den Planfeststellungsbeschluss und gegen die Gemeinde wegen Kündigung des Pachtvertrags (wir berichteten). Für die Interessensgemeinschaft ein herber Rückschlag. "Die Nerven lagen blank!", so Pompe. Wiederum fanden viele Gespräche mit den Vertretern des Sportvereins, mit dem Bauamt und der heimischen Politik statt.