Druckartikel: Nationalpark Frankenwald: Späte Kritik käme wohl zu spät

Nationalpark Frankenwald: Späte Kritik käme wohl zu spät


Autor: Marco Meißner

Neukenroth, Montag, 19. Juni 2017

Die Landwirte im Kreis Kronach sind enttäuscht, wie der Dialog zum möglichen Nationalpark bisher abläuft - und welche Rolle ihnen dabei zugeschrieben wird.
Erwin Schwarz, Marcus Appel und Klaus Siegelin (v. l.) verfolgen den Dialog um einen möglichen Nationalpark Frankenwald mit großer Skepsis. Sie betonen, dass die Landwirte von den Befürwortern zu Unrecht als Buhmänner abgestempelt werden. Foto: Marco Meißner


Erwin Schwarz ist selten so zu sehen wie an diesem Abend im Gasthaus Fillweber. Der Kreisobmann des Bauernverbands ist einer, der sich mit deutlichen Worten für "seine" Zunft ins Zeug legt. Doch an diesem Tag wird nichts aus einem Frage-Antwort-Spiel zwischen dem Reporter auf der einen sowie Schwarz, seinem Stellvertreter Klaus Siegelin und Landwirt Marcus Appel auf der anderen Seite. Schwarz wirkt berührt und ein bisschen in sich gekehrt, als er einfach zu erzählen beginnt. Über den möglichen Nationalpark, über das Verhältnis zu MdL Jürgen Baumgärtner (CSU) und über die Rolle der Buhmänner, in die er die Bauern gedrängt sieht.

Schwarz, der schon vor dem Bekanntwerden der Bewerbung um einen Nationalpark Frankenwald in das Thema involviert war, erinnert sich an Gespräche mit Initiator Baumgärtner. Dabei seien den Landwirten Zusagen gemacht worden. "Damals habe ich vieles glauben müssen - jetzt habe ich einen anderen Kenntnisstand", erklärt der Kreisobmann. Von einem besseren Milchpreis infolge eines Nationalparks sei beispielsweise die Rede gewesen. Doch in den Regalen der Märkte stünden schon zehn verschiedene Sorten Milch, da warte niemand auf eine elfte, bloß weil sie aus dem Nationalpark kommt.

Über die Vorgespräche sei Stillschweigen vereinbart worden. Im Juni habe man gemeinsam zu einer Unterredung nach München fahren wollen. Doch dann habe der Abgeordnete Knall auf Fall an die Presse gehen müssen. Ab diesem Zeitpunkt fühlen sich die Landwirte von der Entwicklung überrollt. Schwarz, damals bei einem Treffen seines Verbandes in Herrsching, erinnert sich an verblüffte Minen seiner auswärtigen Berufskollegen. Er sei sofort gefragt worden: "Der Frankenwald ein Nationalpark - das ist doch ein Faschingsscherz?!"

Es folgten Gespräche mit dem Abgeordneten und öffentliche Termine zum Thema. "Die Diskussion war heftig", erinnert sich Siegelin an eine Zusammenkunft mit Baumgärtner. Und Appel fügt hinzu, man sei darauf hingewiesen worden, wer sich nicht auf den Dialogprozess einlasse, sei künftig auch nicht mehr in der Diskussion dabei. Als der BBV-Kreisverband in Neuengrün Position zum Nationalpark bezogen habe ("So kann unsere Landschaft nicht aussehen"), seien er wie auch Siegelin "sehr laut" zurechtgewiesen worden, stellt Schwarz fest. Ihrer Ansicht nach ist Baumgärtner da aus der Rolle gefallen.


Schwarz hätte gerne eingegriffen

Auch auf den Bauerntag geht er ein. Dieser hat die Teilnehmer öffentliche Sympathien gekostet, weil Festredner Baumgärtner ausgebuht und ausgepfiffen wurde. Das habe er nicht gewollt, bedauert der Obmann die Geschehnisse. Allerdings habe ihn der Abgeordnete auch nicht ans Mikrofon gelassen, sondern mit zynischen Bemerkungen die Stimmung im Festzelt eher noch angeheizt.

Seither fühlen sich die Landwirte als Lobbyisten abgestempelt und in die Ecke der Buhmänner gedrängt. Auch werde in München offenbar ein anderes Bild von ihnen gezeichnet - dass sie nämlich für das Projekt seien. Diese ganze Politik seiner früheren Partei habe Schwarz dann auch zum Austritt aus der CSU bewogen. "Draußen wird verkündet, es ist ein Dialog, aber derjenige, der im Dialog etwas dagegen sagt, wird zurückgepfiffen", ist der Eindruck des Obmanns.

Er wolle nichts kaputtreden, betont er. Man müsse durchaus auch die Chancen eines Nationalparks sehen. Doch viele Zielsetzungen, die momentan mit dem Park verknüpft würden, könnten mit einer guten Förderung auch ohne das Mammutprojekt erreicht werden. Und Siegelin meint, dass es in einem Dialogverfahren zudem viel mehr Input bräuchte, wo genau denn die Chancen liegen sollen. Deshalb müsse in der Diskussion auch Platz für kritische Nachfragen sein.

Schwarz blickt auf die Fahrt der Bauern in den Bayerischen Wald zurück. Da habe man positive Aspekte des Parks gesehen - aber eben auch reichlich Schattenseiten. "Es waren extreme Bilder, die man so in keinem Nationalpark mehr haben will", erklärt er, dass die Politik heute sicherlich andere Maßstäbe ansetzen werde. "Aber wer garantiert uns, dass es dann nicht doch wieder dazu kommt?"

Dann kann unser Reporter doch noch den Bogen zum geplanten Interview spannen. Seine Frage: Das ganze Vorhaben steckt noch in den Kinderschuhen. Nichts ist entschieden. Warum gehen die Gegner, insbesondere die Landwirte, schon zu Beginn eines Dialogs so massiv auf die Barrikaden, wie es am Rande der Demonstration zum Besuch von Ministerin Ulrike Scharf (CSU) der Fall war? Die Antwort der Bauern verblüfft.

Es ist ihr Respekt vor dem Abgeordneten, der sie antreibt. "Was er angepackt hat, hat er geschafft. Ich ziehe den Hut vor ihm, er hat sehr viel für unseren Landkreis getan", spricht Schwarz ein Lob an Baumgärtner aus, dem sich Siegelin anschließt: "Es ist großartig, was er gemacht hat." Doch in diesem Fall löst die Erfolgsquote des Abgeordneten Bange bei Schwarz aus. "Ich habe Angst, wie akribisch er an so etwas herangeht." Wenn man da auf die zweite Phase warten würde, befürchtet er, könnte es für Kritik schon zu spät sein.