Druckartikel: Nähverbot am Faschingsdienstag

Nähverbot am Faschingsdienstag


Autor: Gerd Fleischmann

Kronach, Montag, 20. Februar 2017

gab's in alter Zeit zuhauf. Kinder mussten in der Schule durch einen Stuhl kriechen und bekamen mit einer Rute eins hinten drauf.
Narrenhochburg Burggrub 1969 - hier ein Ausschnitt aus dem Faschingsumzug mit Präsident Franz Jasper (links) und Polizeihauptmeister Hans Dorn (rechts) Alle Repros: Gerd Fleischmann


Der Fasching steuert nach relativ langer Dauer unaufhaltsam seinem Finale und Höhepunkt entgegen. Allerdings haben sich die Zeiten gewandelt. Während in den ersten Nachkriegsjahrzehnten bis Ende der 80er Jahre eindeutig die großen Maskenbälle dominierten und beispielsweise William Beez und seine Bandmitglieder mit heißen Rhythmen Jung und Alt in Hochstimmung brachten, ziehen es heute die meisten Faschingsanhänger vor, in passiver Position - sprich ohne körperlichen Einsatz - die "Fünfte Jahreszeit" in vollen Zügen bei den Büttenabenden zu genießen.
Seit "ewigen Zeiten" haben sich die Teuschnitzer, Rothenkirchener und Neukenrother außergewöhnlich Witziges einfallen lassen und so manche kommunale Glosse zum Besten gegeben. Zwischenzeitlich haben sich weitere Gemeinden diesem fröhlichen Treiben angeschlossen, so dass der Landkreis Kronach in den bevorstehenden Tagen einem Tollhaus gleichen wird.


Diaspora in Sachen Frohsinn

Alles befindet sich im Wandel. Vor allem sei daran erinnert, dass in den Nachkriegsjahren Burggrub und Steinwiesen hinsichtlich der Faschingsumzüge eindeutig den Ton angaben. Pioniere der Büttenabende waren dagegen Haig und Kronach. Bis 1963 war die Kreisstadt ein Diasporagebiet in Sachen Frohsinn. Erst durch die Initiativen des Rheinländers Helmut Arbeiter und des Redakteurs Willi Schreiber erklang der Schlachtruf "Kronich Feuedunnekeil".
Der erste Büttenabend fand am 7. Februar 1964 mit dem Prinzenpaar Gerwin Reh und Inge Kudnik statt. Ein Frankenwaldflößer zierte den ersten Orden, wo er dem Kronacher Fasching bildhaft seinen Stempel aufdrückte, eine heimatliche Note verlieh. Und der herzhafte Flößerfluch erschallt seitdem als Faschingsruf bei allen Veranstaltungen.
Beim 25. Kronacher Faschingsorden stand der Flößer 1989 erneut im Blickpunkt der Narretei. Neben den Faschingsumzügen sind nach und nach die Rathausstürme in Mode gekommen, 1966 erstmals in Kronach. So manches Gemeinde- beziehungsweise Stadtoberhaupt wurde dann in den folgenden Jahren in den Schuldenturm abkommandiert.


Interessante Inserate

Allerdings sind die Faschingsvergnügen keine Erfindung unserer schnelllebigen Zeit. Auch bei unseren Vorfahren waren sie eine willkommene Abwechslung im tristen Alltagseinerlei. Beim Blättern in alten Zeitungsbänden kann man interessante Inserate entdecken, die auf unterschiedlichste humoristische Veranstaltungen hingewiesen haben. Der Schwerpunkt lag in den Städten und Gemeinden bereits vor einhundert Jahren vor allem bei den Faschingsbällen.
In früherer Zeit dominierte in den Frankenwalddörfern das Brauchtum. So wagte es keine Bäuerin, am Faschingsdienstag zu nähen. Der Gebrauch von irgendwelchen Nadeln beim Stricken, Stopfen oder dergleichen war nicht gestattet. Man behauptete, dass dadurch den Hühnern der Hintern und den Kühen die Beine zugestochen und es im kommenden Jahr keine Eier und keine Kälber geben würde.
In manchen Bauernhäusern wurde am Fastnachtsmorgen das Hühnerfutter auf eine besondere Art zurechtgemacht. Geröstete Brotbröckchen sowie Wicken, Hafer, Gerste, Erbsen, Korn und Weizen mussten es sein. Diese Mischung sollte die Legelust anregen.
In alter Zeit wurde in den Schulen der Frankenwalddörfer am Faschingsdienstag kein Unterricht gehalten. Die Kinder kamen aber dennoch. Sie mussten durch einen Stuhl kriechen und bekamen mit einer Rute eins hinten drauf. Anschließend erhielt jedes Kind eine Brezel, die der Dorfbäcker nur zur Fastnacht buk. Die Kinder ihrerseits brachten dem Lehrer Eier mit.
Auch im Wirtshaus spielten Brezeln eine Rolle. Burschen und Mädchen hakten mit den Fingern darin ein und zogen sie auseinander. An wessen Stück dann das Kreuz in der Mitte war, von dem sagte man, dass er sich noch in diesem Jahr das "Ehekreuz" aufladen werde. Auch durfte es zum Mittagessen an Fastnacht keine Suppe geben, da sonst die Nase das ganze Jahr tropft.
Am Faschingsdienstag verkleideten sich die Kinder und zogen durch das Dorf. Sie gingen dabei in die Häuser, führten in der Stube einen Tanz auf und sagten ihre Sprüchlein her. Dafür erhielten sie eine Wurst, einen Apfel oder einen Faschingskrapfen. Dann zogen sie fröhlich und vergnügt weiter zum nächsten Haus.


Geldbeutelwaschen

Die Abende ohne Fernseher und ohne Radio waren in alter Zeit der Geselligkeit gewidmet. Man traf sich im Dorfwirtshaus, dem einstigen Mittelpunkt der Dorfgemeinschaft. Einer spielte auf der Quetsche, die Jungen tanzten und die Alten tranken ihr Bier und und hoben auch hin und wieder einen. "Wer an Fasching keinen Schnaps trinkt, hat im ganzen Jahr kein Geld", heißt eine alte Weisheit. Und da jeder Geld haben wollte, drückte die Ehefrau an diesem Tage auch mal ein Auge zu.
Und am Aschermittwoch wurde früher der Geldbeutel ausgewaschen. Der Bauer ging früh ins Wirtshaus zum Frühschoppen, um, wie er sagte, "die Gerste einzuweichen". Die Bauern waren dabei nicht kleinlich und ließen auch den Tagelöhnern auf ihre Kosten auftragen.