Ein Unfall in Theisenort sorgte für Schrecken. Nun drängen Bürger und Politiker auf ein grünes Licht für die umstrittene Lerchenhoftrasse.
Bremsen quietschen. Alle halten gespannt den Atem an. Kracht es oder kracht es nicht an der Einmündung der Staatsstraße 2200 nach Theisenort? Ein Autofahrer hatte nicht aufgepasst und den Blinker seines Vordermannes schlicht übersehen. "Das ist normal," meint Thomas Friedlein vom Sportverein TSF und zuckt ratlos mit den Schultern. An diesem Tag ist alles gut gegangen, doch in Theisenort sitzt vielen noch der Schrecken im Nacken.
Als vor wenigen Tagen ein Sattelzug das Kassenhäuschen und den Anbau am Sportheim fast abrasierte und den Gedenkstein ummähte, ploppte ein letzter Tropfen ins Fass, der es zum Überlaufen brachte. Jetzt soll endlich Schluss sein mit dem Gezerre um die Lerchenhoftrasse. Der Sprecher der Bürgerinitiative, Wolfgang Franz, meint leicht sarkastisch: "Wir feiern jetzt bald schon das 20. Planungsjubiläum. Vielleicht schaffen wir es ja vorher."
Manche Dinge ließen sich wahrscheinlich zu Tode planen, sind die Befürworter der Trasse überzeugt. Die Situation in Theisenort sei da kein Einzelfall.
Der Herbst ist da - der Beschluss aber nicht
Doch sie fragen: Wie erklärt man das den Eltern, deren Kinder diese gefährliche Straße mehrmals die Woche überqueren müssen? Den Eltern, die sich der Gefahr bewusst sind und jedes Mal zittern? Oder den älteren Menschen, die nicht mehr so schnell laufen können? Den Schwarzen Peter schieben nicht nur die Vertreter der Bürgerinitiative dem Bund Naturschutz zu. Vor allem die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2016 habe der "never ending story" noch einmal so richtig Auftrieb verschafft. Derzeit blicken alle Beteiligten in Richtung der Regierung von Oberfranken, denn genau von da soll er kommen, der Plan-Ergänzungsbeschluss. Der wurde für den Herbst 2020 angekündigt. "Den haben wir ja jetzt," meint Wolfgang Franz trocken, "also den Herbst."
Am Tisch sitzen nicht nur Gemeinderäte und der Vorstand der TSF, sondern auch Bürgermeister Bernd Rebhan (CSU). Der beklagt: "Wir haben null Planungssicherheit, denn die Veränderungssperre der betroffenen Landschaftsgebiete bindet uns die Hände. Das ist mehr als unbefriedigend. Es gibt einfach keine Klarheit. Fast täglich kommen Anfragen für das Gewerbegebiet in Schmölz, aber wir müssen alle vertrösten."
Eine unbefriedigende Situation schuf der Unfall vor allem für den Sportverein, der in diesem Jahr eh schon mit diversen Problemen zu kämpfen hatte. Die TSF sitzen jetzt erst einmal auf etwa 40 000 Euro Renovierungskosten fest, die ein Sachverständiger geschätzt hatte. Ralf Mäusbacher sagt: "Wir müssen abwarten, denn es handelt sich ja um einen polnischen Versicherer. Das kann sich bis zu einem Jahr hinziehen, bis der Schaden reguliert wird. So lange können wir aber mit der Instandsetzung nicht warten. Also müssen wir in Vorkasse gehen." Glücklich sieht er bei dieser Perspektive nicht aus; die Skepsis ist ihm am Gesicht abzulesen.
Der Verkehr rollt
Währenddessen rauschen Lastwagen und Autos eines nach dem anderen über die Straße. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Die Kritiker wollen sich nicht mehr mit dieser Situation abfinden. "Es muss immer erst etwas passieren, damit reagiert wird", so der Tenor. Dieses Mal sei Gott sei Dank nur Sachschaden entstanden, erklären sie. Aber wäre regulärer Spielbetrieb gewesen, hätte es ganz leicht Tote oder zumindest Schwerverletzte geben können. "Aber schon jetzt haben wir, was wir nicht wollten."
Dass an dieser schmalen Straße, die über zahlreiche Einmündungen verfügt, endlich etwas passieren muss, liege auf der Hand. Doch welche bauliche Variante es geben wird, hänge von der Regierung ab. Wolfgang Franz meint mit fester Stimme: "Die Lerchenhoftrasse ist die beste Lösung für alle!" Die Anzahl der Fahrzeuge, die derzeit über diese Strecke rauschen, bezifferte er auf etwa 11 000. Für Theisenort und Johannisthal spricht er daher von einer deutlich gestiegenen Lärmbelästigung und einem überproportionalen Anstieg des Gefahrenpotenzials.
Und so soll sie aussehen, die Lerchenhoftrasse, von der man sich endlich eine für alle tragbare Lösung verspricht: "Mit der Lerchenhoftrasse erfolgt der vierspurige Ausbau der Bundesstraße 173 bis zur Einschleifung von Küps in weiter Entfernung an Johannisthal vorbei. Der neu zu errichtende Lärmschutzwall aus bepflanzter Erde schützt die Bewohner vor der Lärmemission der Bundesstraße und bietet erstmals einen Lärmschutz für Johannisthal."
Weiter wird erklärt: "Bei der Ausplanung der B 173 wurde auch die Hochwasserthematik berücksichtigt. Dem Landschaftsverbrauch der neuen Trasse steht der Schutz aller betroffenen Bürger gegenüber." Da die vorhandenen Biotope im Bereich der Rosenau erhalten blieben, reduziere sich der Landschaftsverbrauch auf die landwirtschaftlichen Flächen. Mit den Eigentümern dieser Flächen werde die Straßenbauverwaltung eine einvernehmliche Lösung anstreben. "Bürgerschutz muss Vorrang haben!"
Überzogene Planung
Für die "Gegenseite" äußerte sich Elisabeth Hoffmann Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz. Sie meint: "Die Planung sowohl für die Trasse als auch für den vierspurigen Neubau der Straße ist total überzogen und überhaupt nicht nötig. Das zeigt auch das Verkehrsaufkommen. Die Planungen sollten zurückgeschraubt werden."
Man könne die Alttrasse der B173 um eine dritte Spur ergänzen. Das reiche allemal, um einen Lastwagen zu überholen. "Wir reden nämlich hier von einer nicht verschnittenen Landschaft, die man nur ganz sanft ausbauen sollte."
Folgen nicht vor Augen
Hoffmann fährt fort: "Was ich gar nicht verstehen kann: Wieso haben die Theisenorter Bürger nicht schon lange geklagt, um einen Lärmschutz zu erhalten?" Diese Frage bleibt erst einmal unbeantwortet. Hoffmann ergänzt zum "sanften Ausbau": "Ein Kreisverkehr an der Einmündung nach Johannisthal und Richtung Theisenort ist sowieso als Auffahrmöglichkeit geplant."
Sie bleibt dabei, dass ein "zu hoher Landverbrauch und ein nicht so hohes Verkehrsaufkommen den Bau der Lerchenhoftrasse auf keinen Fall rechtfertigen. Die Straße bliebe ja sowieso erhalten, deshalb werde es da auch immer Mautflüchtlinge geben. Um diese Situation zu ändern, müsste man ihrer Ansicht nach die Lastwagen schon vorher weitläufig auf die B 173 umlenken.
Den Menschen sei gar nicht klar, erzählt sie, wie ein Trassenbau die Landschaft wirklich nachhaltig verändern würde. "Sie wird komplett umgewandelt. Es wird riesige Brücken geben, Einschleifungskurven und Flussschleifen müssen verlegt werden. Das sind einschneidende Maßnahmen, und wir vom Bund Naturschutz sind die Anwälte der Natur." Es gebe andere Möglichkeiten, um den Verkehr zu beruhigen und ihn weitläufiger umzulenken. "Und Unfälle werden auch auf vierspurigen Fahrbahnen passieren, das kann man gar nicht verhindern."
Sichtweise der Behörde
Bei der vergleichenden Betrachtung der Varianten ("Ausbau St 2200" gegenüber "Lerchenhoftrasse"), die vom Staatlichen Bauamt erstellt wurde, gewinnt eindeutig die Lerchenhoftrasse - und das in fast allen der zehn Punkte, die man zum Vergleich herangezogen hat. Ihr wird eine bedarfsgerechte und sichere Regellösung attestiert, die vor allem wirtschaftlich sei. Außerdem gäbe es eine nachhaltige Entlastung im unmittelbaren Umfeld von Wohnbaugebieten, eine Verbesserung der Wohnqualität und auch ein Zusammenwachsen der Gemeindeteile wäre möglich.