Münch setzt auf dezentrale Energieversorgung
Autor: Alexander Löffler
Gössersdorf, Dienstag, 30. Oktober 2012
Unternehmer Mario Münch nimmt Stellung zur Diskussion um den Strompreis. Welche Rolle dabei die Erneuerbaren Energien spielen, beleuchtet er ebenso wie Möglichkeiten für Einsparungen.
Mario Münch leitet das gleichnamige Elektrotechnik-Unternehmen in Gössersdorf, das unter anderem Photovoltaik- und auch Biogasanlagen vertreibt. Er ist davon überzeugt, dass Erneuerbare Energien dauerhaft für eine Reduzierung des Strompreises sorgen werden.
Durch die Erhöhung der EEG-Umlage stehen die Erneuerbaren Energien in der Kritik. Deren Ausbau wird nicht selten mit dem steigenden Strompreis in Verbindung gebracht.Wie bewerten Sie die Situation?
Mario Münch: Energie ist ein einträgliches, unmoralisches und für den Bürger bisher weitestgehend alternativloses Geschäft. Zur Erhöhung der EEG-Umlage beispielsweise wird verkündet, dass ein Durchschnittshaushalt im Jahr zirka 50 Euro Mehrkosten hat. Dass sich der Preis für 2000 Liter Heizöl innerhalb von einem Jahr um rund 200 Euro verteuert hat, davon spricht kein Mensch. Natürlich führt der Ausbau der Erneuerbaren Energien kurzfristig zu einem leichten Anstieg der Strompreise, hilft aber langfristig unabhängiger von der willkürlichen Preisfindung der Rohstofflieferanten fossiler Brennstoffe zu werden.
Solarstrom und Windkraft sorgen doch für niedrigere Einkaufspreise an der Strombörse. Warum bekommt der Verbraucher davon nichts mit?
Das ist richtig. Durch die Erneuerbaren Energien ist seit über zwölf Monaten in Folge der Strom an der deutschen Börse günstiger als der Strom an der französischen Börse. Dort wird der Strom zum Großteil aus Atomkraftwerken gewonnen. Dennoch entsteht im Privatsektor kein richtiger Wettbewerb. Diese Entwicklung ist hausgemacht, und die Trägheit der Bevölkerung wird hier bewusst von den großen Oligopolen genutzt. Man versteht weder den Strom, teilweise nicht einmal die Stromrechnung - und deshalb lässt man auch nächstes Jahr wieder alles beim Alten.
Glauben Sie wirklich, dass ein jährlicher Wechsel hin zu einem günstigeren Stromanbieter eine Verbesserung bezwecken würde?
Ein Boykott einzelner Energieversorger wäre sicherlich wirksamer, aber nicht realisierbar. So ist der jährliche Wechsel möglichst vieler Stromkunden hin zum günstigeren Stromanbieter das einzige Mittel, um ein Zeichen für die Anbieter zu setzen.
Die EEG-Umlage wird künftig bei 5,3 Cent pro Kilowattstunde liegen. Laut Bundesverband Erneuerbare Energien betragen die tatsächlichen Förderkosten für die Ökoenergie aber nur 2,3 Cent pro Kilowattstunde. Wird hier bewusst ein falsches Bild in der Öffentlichkeit erzeugt?
Das Thema ist derart komplex, dass kein Mensch allen Tatsachen auf den Grund gehen kann. Natürlich wird bewusst den Erneuerbaren Energien der schwarze Peter zugeschoben. Man darf nicht vergessen, dass viele Unternehmen von der EEG-Umlage befreit sind. Das gleicht der Bürger mit zirka 1,3 Cent pro Kilowattstunde aus. Das Groteske an der Berechnung der EEG-Umlage kommt aber jetzt: Mit zirka 0,44 Cent je Kilowattstunde zahlt der Bürger zusätzlich die Folgen des durch die Erneuerbaren Energien ausgelösten, ständigen Strompreisrückganges an den deutschen Börsen.
Durch die hohe Wertschöpfung durch Wind- und Solarkraft sind Arbeitsplätze entstanden bzw. gesichert worden. Fehlt den Erneuerbaren Energien die Lobby, um ihre Stärken besser herauszuarbeiten?
Sehen Sie, auch Abgeordnete können nicht allen Tatsachen gerecht werden. Man muss sich das so vorstellen: Nachdem 40 Lobbyisten der fossilen Energie im Abgeordnetenbüro waren, kommt ein Lobbyist der Erneuerbaren. Das beeinflusst Entscheidungen.
Umweltminister Peter Altmaier hat den Vorschlag gemacht, die Solarförderung bei einer installierten Leistung von 52000 Megawatt installierter Leistung auslaufen zu lassen. Ist das der richtige Weg?
Das hängt stark von Angebot und Nachfrage ab, also davon, wie sich der Preis für die Anlagen entwickeln wird. Ausgehend von der jetzigen Grundlage werden wir in Deutschland durch Photovoltaik Strom für zirka neun Cent pro Kilowattstunde erzeugen und dabei mit einem Strompreis von zirka 30 Cent pro Kilowattstunde im Netz konkurrieren müssen. Zudem werden uns dann 100 Kilometer Elektromobilität mit Photovoltaikstrom zirka 1,30 Euro kosten im Vergleich zu zehn bis zwölf Euro bei einem Benzinpreis von 1,80 bis zwei Euro pro Liter. Eine denkbar gute Position zur Versorgung der Bürger mit dezentraler Energie.
Auf welcher Basis haben Sie diese Zahlen ermittelt und von welchem Zeitraum gehen Sie aus?
Die Zahlen der Elektromobilität sind harte Fakten, vernünftige Elektroautos benötigen zwischen 13 und 15 Kilowattstunden für 100 Kilometer Reichweite. Und auch die Zahlen für die tatsächlichen jährlichen Strompreissteigerungen zwischen drei und vier Prozent sowie die jährlichen Steigerungen beim Benzinpreis sind in Zeiten von Google, Wikipedia und Co. für die Bürger kein Geheimnis mehr. Zumal jeder Bürger diese Entwicklung auch im eigenen Geldbeutel verfolgen kann. Entnimmt man diese Zahlen den dazugehörigen Statistiken, sind wir spätestens in vier bis fünf Jahren bei den angeführten Preisen.
Sehen Sie durch die aktuelle Diskussion die Energiewende in Gefahr?
Unterschätzen Sie die Bevölkerung nicht. Die Menschen sind nicht dumm. Der Blick zur Tankstelle reicht den meisten, um zu wissen, was geschieht, wenn man sich auf fossile Energieträger in der Hand von Monopolisten verlassen muss. Alleine von 1972 bis 2012 hat sich der Benzinpreis nahezu vervierfacht. Im Gegensatz dazu schickt die Sonne keine Rechnung.
Welche Auswirkungen hat die Entwicklung auf die Branche und speziell auf Ihr Unternehmen?
Mit unseren Wurzeln in der Elektrotechnik erschließen sich uns mit Regeln, Steuern, Optimieren, Speichern, Heizen und der Elektromobilität viel größere Geschäftsfelder, als sie uns das bisherige EEG je hätte bieten können. Je mehr die Preise der fossilen Brennstoffe steigen, umso mehr wird die Bevölkerung nach kostengünstigen Lösungen suchen.
Wie könnte man Ihrer Meinung nach, der steigenden Strompreise Herr werden?
Es beginnt damit, dass jeder seinen persönlichen Stromverbrauch optimieren sollte. Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig. Durch einen ständigen Wechsel zum günstigsten Stromanbieter könnte man zudem in den Wettbewerb mehr Bewegung bringen. Und natürlich kann auch eine Photovoltaikanlage zu niedrigeren Strompreisen beitragen. Ab dem 21. Betriebsjahr produziert die Anlage nach ihrer Abschreibung die Kilowattstunde Strom für zirka ein bis zwei Cent. Das ist aus meiner Sicht der optimale Ausweg aus ständig steigenden Energiekosten.
Aber muss ich nach 20 Jahren nicht mit steigenden Unterhaltskosten für die Anlage rechnen?
Das ist ein sehr heißes Thema. In der Regel werden jährlich Rücklagen für Wartung oder Reparaturen gebildet und grundsätzlich verrichten die Anlagen nahezu störungsfrei ihren Dienst - auch nach 20 Jahren. Nach aktuellen Studien werden jedoch in sehr vielen Anlagen - auch auf Grund des ständigen Preisdrucks - schlechte oder fehlerhafte Komponenten verbaut und immer noch gravierende Fehler in der Projektierung, Auslegung und Montage begangen. Solche Anlagen stellen dann teilweise schon nach vier Jahren zumindest teilweise ihren Betrieb ein. Da gerade die Stromkraftwerke, die am längsten laufen, den höchsten Ertrag bringen, sollte man besonders in der jetzigen von Insolvenzen und Preisdruck geprägten Zeit vorsichtig sein und den Partner für ein solches Projekt sorgfältig auswählen.