Mitwitzer Firma glaubt an die Renaissance des Telefons
Autor: Marco Meißner
Neundorf, Montag, 07. August 2017
Die Firma Datex-Perfekt aus Mitwitz musste herbe Rückschläge wegstecken. Nun glaubt Inhaber Helmut Schiffner fest an ein Comeback.
"Das Telefon ist nicht tot, es war höchstens besetzt", sagt Callcenter-Chef Helmut Schiffner mit einem Schmunzeln. In den vergangenen Jahren war ihm nicht immer nach Lachen zumute, doch inzwischen strahlt er wieder, wenn er über seine Firma Datex-Perfekt und sein Mitarbeiter-Team spricht.
Einst hatte Datex 300 Angestellte und wurde für seine flexiblen Arbeitszeitsysteme ausgezeichnet. Doch dann kam eine Talfahrt. Es gab Entlassungen. Filialen wurden geschlossen. Die Auftraggeber suchten ihren Erfolg vermehrt in der Onlineberatung und in Billiglohnländern wie der Türkei.
Inzwischen hat laut Schiffner ein Umdenken in der Branche eingesetzt. Die heute wieder 40 Mitarbeiter starke Firma - Tendenz steigend - sieht sich im Aufwind. Schon vergangenes Jahr zeichneten sich neue Aufträge ab. Nun hat Datex-Perfekt mit Sitz in Mitwitz einen starken Auftraggeber in Paris gefunden. "Wir werden im Herbst wieder einstellen", sagt der Firmenchef. "Unser Ziel ist es, bis zum Jahresende wieder dreistellig zu sein."
Im Netz können Kunden auch verloren werden
Die Branche habe bemerkt, dass bei aller Onlinemöglichkeiten an irgendeinem Punkt der Beratung das persönliche Gespräch mit einem Menschen nicht zu ersetzen ist, erklärt er die neue Situation. Das Abrücken ins Internet sorge in vielen Fällen für eine Anonymisierung, meint Schiffner. "Man bestellt nicht mehr bei X oder Y, sondern eben ,im Netz‘", erklärt er eine wachsende Entfremdung zwischen solchen Unternehmen und ihren Kunden. Unabhängig von der "Geiselhaft von Millionen Daten", die Schiffner angesichts der politischen Entwicklung in der Türkei anprangert, gehe auch die Beratung aus dem Ausland mit einem Qualitätsverlust einher. Viele Anrufer seien ältere Leute, erklärt er zur Callcenter-Arbeit. Wenn dann ein Mensch, der nicht mehr so gut hört, auf jemanden trifft, der dessen Sprache nicht richtig beherrscht, leide der Kundenkontakt. "Den wieder herzustellen, das können wir", unterstreicht Schiffner, worin er den Trumpf seiner Firma sieht.
"Wir haben im Moment vor allem Anfragen und Ausschreibungen aus den Bereichen Nahrungsergänzungsmittel und Automobile", erklärt der Firmenchef, dass der aktuelle Auftrag aus Frankreich keine Eintagsfliege bleiben dürfte. Im Konkurrenzkampf kann sich Datex-Perfekt vor allem mit einem internen Faktor hervortun, eine hohe Flexibilität für den Arbeitgeber wie für die Angestellten.
Internet: Konkurrent wird Helfer
"Es ist völlig klar, dass wir uns im Niedriglohnsektor bewegen", räumt Schiffner ein. "Aber wenn jemand in seinem näheren Umfeld arbeiten kann, dann bekommt die Bezahlung eine ganz andere Wertigkeit." Damit spielt er darauf an, dass der Lohn nicht in den Tank des Autos fließt, weil Datex-Perfekt im Kreis präsent ist und dort sein Netz ausweiten will. So soll im nächsten Schritt die Niederlassung in Steinbach am Wald wiederbelebt werden. Zudem bietet die Mitwitzer Firma reizvolle Arbeitszeitmodelle, die sich stark an die Lebensumstände der Angestellten anpassen lassen. Mit solchen Modellen sollen künftig verstärkt auch Senioren angesprochen werden sowie - dank der Rückkehr zum G9 - Gymnasiasten.Die Rückkehr von Datex-Perfekt macht Schiffner noch an einem weiteren Aspekt fest: "Was uns beim Akquirieren der neuen Kunden geholfen hat, war der Ausbau der Datenleitungen. Der hat mindestens die Wichtigkeit des Ausbaus von Autobahnen." Damit der ländliche Raum weiter im Spiel bleibe, müsse hier auch in Zukunft Schritt mit der Entwicklung gehalten werden. Dann könnte das Internet diesmal sogar dafür sorgen, dass weitere Arbeitsplätze am Telefon entstehen.
Das meint eine Mitarbeiterin
Carmen Bischoff-Neubauer arbeitet schon seit Jahren bei Datex-Perfekt. Was sie dort überzeugt: "Mit der Datex hat man es geschafft, seine Kinder großzuziehen." Natürlich sei es nicht immer leicht gewesen, früh zur Arbeit zu gehen, mittags das Kind vom Kindergarten abzuholen und abends nochmal dem Job nachzugehen - aber es war durch flexible Arbeitszeiten eben möglich. So lässt sich nach Ansicht von Carmen Bischoff-Neubauer ein Familienleben vernünftig organisieren.Heute bestehe weiterhin die Möglichkeit, Wunscharbeitszeiten in einen Plan einzutragen. Die würden untereinander abgesprochen. Das Ergebnis: "Man powert, wenn's notwendig ist, dann hat man aber auch Zeit, wieder durchzuschnaufen" - und das bei "einer Wohlfühlatmosphäre im Haus".