Mitmachtheater im Kronacher Kulturraum
Autor: Jan Koch
Kronach, Dienstag, 04. Dezember 2012
500 Kinder sahen gestern im Kronacher Kulturraum das Stück "Michel in der Suppenschüssel", das vom Wittener Kinder- und Jugendtheater gespielt wurde. Ziel der Schauspieler: Die Kinder sollen mitmachen.
Vor ihrem Auftritt sitzen die beiden Schauspielerinnen Christina Agel und Catharina Zukrigl in einem kleinen Zimmer, das nur wenige Meter von der Bühne des Kronacher Kulturraums entfernt ist, und schminken sich.
Die 29-jährige Christina Agel, Mitglied des vierköpfigen Tournee-Ensembles des Wittener Kinder- und Jugendtheaters, spielt seit fünf Jahren in Kinderstücken, unterbrochen nur durch einen eineinhalbjährige Babypause. Ihr macht es Spaß, für Kinder zu spielen, obwohl das nie ihr Plan war.
In diese "Schiene bin ich eher zufällig reingerutscht", gibt die 29-Jährige zu. "Ich bin 1,86 Meter groß und habe deswegen wenige Rollen bekommen", erklärt Christina Agel. Im Kindertheater sei das ein Vorteil, da sie so meist die Erwachsenen spielen könne, weil sie größer ist als ihre Schauspielkolleginnen.
Ein geübter Griff zur Wimperntusche und nur wenige Pudertupfer später kann es für sie, Catharina Zukrigl (Michl) und ihre Kollegen Steffen Essigbeck (Michels Vater, Michels Schwester, Dieb) und Andreas Richter (Knecht Alfred, Arzt) losgehen. Rund 550 Kinder rutschen im Saal schon ungeduldig auf ihren Stühlen umher, bis Andreas Richter endlich den Vorhang öffnet und das Theaterstück tatsächlich beginnt.
Michl verfolgt den Dieb
"Pschschsch", zischt es durch den Saal, allerdings bleiben die Kinder nicht lange ruhig. 70 Minuten geben die Schauspieler alles: Michel bleibt mit dem Kopf gleich zweimal in der Suppenschüssel stecken und sitzt seine Strafe schnitzend im Schuppen der Familie Svensson ab. Die Kinder sind begeistert, lachen und rufen, besonders dann, wenn sie mitmachen dürfen. So zum Beispiel, als Michels Mutter ihren Jungen sucht, der sich unter dem Esstisch versteckt. "Da unter dem Tisch versteck sich Michel", schreit ein Junge, der von seinem Platz aufgesprungen ist und mit der rechten Hand auf die Bühne zeigt.
Darum gehe es beim Kindertheater: Ums Mitmachen. Andreas Richter gefällt das: "Solche Szenen sind ein inszenatorisches Mittel", sagt der 48-Jährige. "Die meisten Kinder wollen eben keine Geheimnisse behalten", weswegen sie als Schauspieler mit dem Rufen der Kinder umgehen können müssen. Besonders schwierig hatte es Steffen Essigbeck: Der 27-Jährige wurde in seiner dritten Rolle als Dieb von Michel durchs Publikum unter den lauten "Michel, Michel, Michel"-Rufen der Kinder verfolgt.
Sie ließen keinen Zweifel daran, dass sie von dem Dieb wenig hielten: "Die Kinder haben mich richtig festgehalten, damit Michel mich kriegt", sagt er. Aber das solle bei einem Mitmach-Theater auch so sein, schließlich hätten die Kinder ihn wieder losgelassen, dass er weiterspielen konnte. "Ich finde, so etwas macht mega viel Spaß", betont Essigbeck.
Sich an die Kindheit erinnern
Nachdem der Vorhang gefallen ist, sitzen die vier Schauspieler in ihrem Umkleideraum. Christina Agel ist zufrieden mit dem Auftritt. "Das war ganz herrlich, die Kinder haben geklatscht und es gab sogar Szenenapplaus", sagt sie. Das sei nicht immer so, überhaupt müssten sie sich als Schauspieler für die Kinder richtig ins Zeug legen: "Wenn man ein Kind verkörpert, ist es wichtig, dass man sich an seine eigene Kindheit zurückerinnert und wirklich spielt wie ein Kind und nicht wie ein Erwachsener, der nur ein Kind spielt." Dabei könne auch Unvorhergesehenes passieren: "Es haben schon Kinder zu weinen angefangen, als das Licht ausging", sagt Christina Agel. "Oder ein Kind rennt einfach auf die Bühne", fügt Andreas Richter hinzu.
Das ist gestern aber nicht passiert. Die vier sind gespannt, wie es bei ihren nächsten Auftritten sein wird. Ausruhen können sie sich nicht, schon morgen Abend geht es weiter in Richtung Bodensee. Die Weihnachtszeit sei eben die Hauptsaison.