Mit Chapeau Claque zum Jubeltag nach Stockheim
Autor: Gerd Fleischmann
Stockheim, Freitag, 07. August 2020
Zum Topereignis vor 120 Jahren in Stockheim und Neukenroth kamen die Honoratioren mit Zylinder. Bergwerksbesitzer Richard Freiherr von Swaine feierte seinen 70. Geburtstag.
Am 15. August 1900, also vor 120 Jahren, erlebten die Dörfer Stockheim, Neukenroth und Neuhaus ein Bergfest der Superlative. Der Grund der außergewöhnlichen Feierlichkeiten: Berg- und Hüttenwerksbesitzer Richard Freiherr von Swaine, seines Zeichens königlicher Kämmerer, beging mit den Bergarbeitern, Hüttenleuten und Angestellten der Zechen Stockheim und Neuhaus seinen 70. Geburtstag.
Dem Kronacher Starfotografen Johann Friedrich Schmidt (geboren am 22. Juni 1857 in Fischbach, gestorben am 8. Dezember 1922 in Kronach) haben wir es zu verdanken, dass der imposante Festzug vor und nach dem Gottesdienst im Neukenrother Gotteshaus St. Katharina professionell in aussagestarken Bildern festgehalten wurde. Entstanden sind bedeutsame Dokumente der Zeitgeschichte.
Blenden wir zurück: In den vergangenen 120 Jahren vollzog sich in Stockheim und Neuhaus ein großer Wandel. Um 1900 stand es noch gut um den heimischen Bergbau. Zwischen 500 und 700 Knappen fanden in den Steinkohlengruben Beschäftigung.
Die Hauptabbaugebiete waren die Felder des Max-, Sophien- und Katharinenschachtes. Gut ausgelastet war auch die Ernestinenhütte in Neuhaus. Voller Zuversicht schauten damals die Beschäftigten in die Zukunft, denn Richard von Swaine, ein Mann von Rang und Namen, war der Garant dafür.
Als Abgeordneter der Liberalen Volkspartei im 1. Deutschen Reichstag hatte er beste Beziehungen nach oben. Und sein Wahlsieg im März 1871 mit 6812 Stimmen im Wahlkreis Kronach zementierte seine Position. Entsprechend groß war die Freude seiner Untergebenen anlässlich des 70. Geburtstages.
Alles, was Rang und Namen hatte, war am 15. August 1900 in Stockheim aufmarschiert. Während sich die Knappen im Bergmannskleid präsentierten, kamen die Honoratioren im Zylinder. Mit dabei waren die Fahnen der beiden Knappschaftsvereine Stockheim und Neuhaus. Und die Neuhäuser Musikanten sorgten für eine zünftige Marschmusik.
Allerdings war bei den Teilnehmern Ausdauer gefragt, denn von der Katharinazeche aus bewegte sich der imposante Festzug mit fast 600 Teilnehmern vorbei am Dorfweiher sowie an der St.-Wolfgangskapelle ostwärts in Richtung Eisenbahn und Hauptstraße. Von der 1899 erbauten evangelischen Schule aus führte der Weg nach Neukenroth ins Gotteshaus St. Katharina. Die Festpredigt hielt in der überfüllten Kirche Kaplan Pechmann aus Pressig.