Misereor Fastenaktion: Kampf gegen geplante Staudämme in Brasilien
Autor: Heike Schülein
Kronach, Dienstag, 01. März 2016
Bischof Santin aus dem brasilianischen Partnerbistum der Diözese Bamberg erklärte Schülern, dass ein Staudamm Menschen aus ihrer Heimat vertreiben könnte.
Rund 10 000 Kilometer entfernt von der Heimat des Bischofs freuten sich vier zehnte Klassen des Frankenwaldgymnasiums (FWG) und anschließend zwei neunte Klassen der Realschule II mit ihren Religionslehrern über hohen Besuch. Bischof Santin war zu Gast.
Eingangs schauten sie einen Film, den der Bischof aus seiner Heimat zeigte. Danach lauschten sie den Berichten des Bischofs, der derzeit als Gast des katholischen Hilfswerks Misereor in der Diözese in Schulen unterwegs ist - so wie am Montag am Kronacher Schulzentrum.
Gegen einen Staudammbau
726 Quadratkilometer misst der von der brasilianischen Regierung geplante Stausee in Nordbrasilien am Fluss Tapajós, ein südlicher Nebenfluss des Amazonas. 53 Meter hoch würde eine gewaltige Staumauer aufragen, die den Fluss stauen und das Land überfluten würde.Durch den Bau von insgesamt fünf Großstaudämmen soll in dieser Region Energie erzeugt und der Fluss für die Binnenschifffahrt besser erschlossen werden. Von dem Großstaudamm São Luiz do Tapajós wären 80 000 Menschen in der Region betroffen. "Hier ist die Heimat von Tausenden Kleinbauern und Fischern sowie dem Volk der Munduruku", sagte der Bischof.
Wo diese dann bleiben sollen, sei ungewiss. Genauso wie die Frage, wovon sie leben sollen. Deshalb kämpft die Kommission für Landpastoral des Bistums Itaituba (CPT) mit den Menschen der Region gegen den Staudammbau und berät die Kleinbauern und Munduruku über ihre Rechte auf Wohnen und auf kulturelle Selbstbestimmung. Die CPT wird vom bischöflichen Hilfswerk Misereor im Rahmen der 58. Fastenaktion unterstützt, die heuer unter dem biblischen Leitwort "Das Recht ströme wie Wasser" steht.
"Hilfe zur Selbsthilfe"
Begleitet wurde der brasilianische Gast - neben einer Dolmetscherin - von Pater Roberto Turyamureeba. Der aus Uganda stammende Missionar war vielen Schülern von seinem Besuch aus dem vergangenen Jahr bekannt. "Der ist cool", war in den Reihen des jungen Publikums zu hören.Seit März 2013 ist der Pater für die Bildungsarbeit im Referat "Weltkirche" des Erzbischöflichen Ordinariats in Bamberg angestellt. Das Ziel von Misereor sei es, bedürftigen Menschen ohne den Blick auf Volks-, Rassen- oder Religionszugehörigkeit Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, die Politiker zum Umdenken zu bewegen und das Evangelium Jesu Christi mit Leben zu erfüllen.
"Ihr seid die Gegenwart, aber auch die Zukunft der Gesellschaft und der Kirche", gab der Theologe und Religionspädagoge den Schülern mit auf den Weg.
Dies bedeute große Verantwortung. Alle ihre Entscheidungen und all ihr Tun hätten nicht nur Auswirkungen auf ihr eigenes Leben, sondern auch auf das der Menschen anderer Länder. Jeder Einzelne solle sich fragen, wie er mit der Umwelt umgehe und was er tun könne, damit es den Menschen auf der Welt besser gehe.
Kultur geht verloren
Laut Bischof Santin stelle der geplante Staudamm eine große Bedrohung für die indigene Bevölkerung dar. So verliere diese, wenn sie ihr Land verlassen müsse, nicht nur ihren Grund und Boden, sondern auch einen großen Teil ihrer Kultur.Politisch gewolltes Wirtschaftswachstum gehe hier über die Rechte der Armen hinweg und raube ihnen die Lebensgrundlage. "Die kleinen Leute profitieren von dem Bau nicht, sondern nur die großen Firmen", bedauerte er. Man bedenke nicht die schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt man suche nicht nach Alternativen.
Korruption bei großen Projekten
Zudem sei bei solchen Mammutprojekten Korruption an der Tagesordnung: "Die Unternehmen finanzieren die Wahlkampagnen der Politiker." Oft würden die Projekte doppelt oder dreifach so teuer als nötig. Der Religionsunterricht der etwas anderen Art kam bei den Schülern in Kronach gut an. Der Kampf der Bevölkerung wie auch der von Misereor um die Bewahrung des Lebensraumes beeindruckte die Schüler. Wie der Bischof in seinem Vortrag erklärte, gehört fast das ganze Land dem Staat.
Wenn der Großstaudamm gebaut wird, dann würden die Flussanwohner zwar eine Entschädigung für ihr Haus bekommen, gleichzeitig wird ihnen aber ihre Lebensgrundlage genommen.
Aus Erfahrung weiß der Bischof, dass wenn Menschen aus ihrer Heimat in die Städte umsiedeln müssen, viele nicht mit dem neuen Leben klarkommen würden. Viele könnten in die Kriminalität oder Prostitution abrutschen. "Der Fluss ist ihr Leben", das machte der Bischof klar.