Druckartikel: Die Situation von Minijobbern im Landkreis Kronach: Sprungbrett oder Abstellgleis?

Die Situation von Minijobbern im Landkreis Kronach: Sprungbrett oder Abstellgleis?


Autor: Lisa Kieslinger

LKR Kronach, Dienstag, 08. August 2017

Während der Minijob für die einen, die perfekte Ergänzung ist, kann er für andere ganz schnell zur Falle werden.
In der Gebäudereinigung machten Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus.  Foto: J. Büttner, dpa


Beim Lieblingsbäcker hängt schon seit mehreren Wochen ein weißes Papier mit der Aufschrift: "Aushilfe auf 450-Euro-Basis gesucht". Wer Interesse hat, soll sich einfach im Laden melden. Ein klassischer Aushang, mit dem nach Minijobbern gesucht wird. Das Gehalt - bis zu 450 Euro - gibt es dabei steuerfrei auf die Hand. Ein großer Anreiz. Deutschlandweit gibt es mehr als 7,5 Millionen Minijobber.

Im Kreis Kronach sind es derzeit 5222 (Stand Dezember 2016). Davon sind 37,7 Prozent männlich und 62,3 Prozent weiblich. "Für Frauen ist ein Minijob neben Haushalt und Kinderbetreuung oft einfacher zu planen", erklärt Nicole Krank, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg, den höheren Frauenanteil. Wenn man aus der stillen Reserve komme, sei ein Minijob eine gute Möglichkeit, seine Kenntnisse aufzufrischen und wieder in das Berufsleben einzusteigen. Zudem verbessere ein Minijob die finanzielle Situation. "Besonders für Studenten, Schüler und Rentner ist das eine gute Möglichkeit", erklärt Matthias Klar, Pressesprecher der Arbeitsagentur Bamberg-Coburg.


Die Schattenseiten

Doch man müsse auch aufpassen: "Mit einem Minijob hat man keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und auch für die Rente ist ein Minijob sehr schlecht", erklärt Nicole Krank. Zudem sei ein Minijob nicht unbedingt ein Sprungbrett. "In einen Minijob steigt man oft unterqualifiziert ein. Trotz Abschluss räumt man oft nur Regale ein", erklärt sie. Auch der Aufstieg in eine sozialversicherungspflichtige Stelle sei oft nicht gegeben.

Die meisten Minijobs gibt es laut Matthias Klar im verarbeitenden Gewerbe (22 Prozent), dem Handel (13 Prozent), dem Gastgewerbe (14 Prozent) und in privaten Haushalten (11 Prozent). Als Matthias Klar und Nicole Krank die Statistik rund um Minijobs im Kreis Kronach durchgegangen sind, sind sie auf einige Überraschungen gestoßen. "Viele denken ja immer, dass viele Ausländer einen Minijob machen, aber das ist gar nicht der Fall. Im Landkreis Kronach sind das gerade einmal 2,7 Prozent", erklärt Klar.


65 Prozent haben einen Berufsabschluss

Ähnliche Vorurteile gebe es bei der Qualifikation der Minijobber: "Viele sind geneigt zu sagen, dass nur Leute Minijobs ausüben, die nicht qualifiziert sind. Aber das stimmt nicht. 65 Prozent der Minijobber haben einen anerkannten Berufsabschluss und sind damit Fachkräfte", erklärt der Pressesprecher. Lediglich 15,4 Prozent der Minijobber im Landkreis haben keinen Abschluss.

Die Gesamtzahl der Minijobs im Kreis Kronach habe sich in den letzten Jahren kaum verändert. "Aber es gab eine Verschiebung von Leuten, die nur einen Minijob haben, hin zu Leuten, die neben ihrem Hauptjob noch einen Minijob machen", erklärt Klar. Personen, die ausschließlich einen Minijob ausüben, sind laut Nicole Krank derzeit 764 weniger als in den letzten Jahren. Umgedrehtes Bild bei den Arbeitnehmern, die neben ihrem Beruf noch einen Minijob zusätzlich machen - ein Plus von 590.

Aber wie erklären sich das die Experten? Durch die gute wirtschaftliche Lage im Landkreis gibt es laut Klar aktuell meist Vollbeschäftigung. "Viele Leute, die einen Minijob hatten, und dann wieder in die Vollbeschäftigung gehen, behalten ihren Minijob wegen des Einkommens, den sozialen Kontakten und weil er Spaß macht", erläutert Klar. Das wäre eine Antwortmöglichkeit. "Viele Leute bräuchten aber noch einen Minijob zusätzlich, um über die Runden zu kommen", erklärt Nicole Krank.


20 Prozent sind 65 Jahre und älter

Die Altersgruppe 65 Jahre und älter ist mit 20 Prozent unter den Minijobbern relativ stark vertreten. "Die älteren Leute sind heutzutage gesundheitlich fitter als vor 20 Jahren. Zudem suchen viele nach ihrem regulären Arbeitsleben noch eine Beschäftigung", erklärt Matthias Klar die positive Sichtweise auf die Dinge. Seine Kollegin stellt die andere Seite der Medaille dar: "Besonders Frauen sind von der Altersarmut betroffen. Sie sind im Rentenalter einfach auf einen Minijob angewiesen."

Ein weiteres Problem: "Die Leute erhalten oft wenig Anerkennung und werden als Arbeitnehmer zweiter Klasse gesehen", erklärt Krank. Das sei oft nicht einfach für Minijobber. Zudem könne man mit dem Gehalt allein seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten. "Die Deadline bei einem Minijob sind 450 Euro. Aber meist wird weniger gezahlt", weiß Nicole Krank aus Erfahrung. Doch beim Minijob gilt: brutto wie netto. Bis zur Grenze von 450 Euro bleibt das Einkommen für den Arbeitnehmer steuerfrei.


Die Loyalität leidet darunter

Arbeitgeber sehen in Minijobbern schnelle Arbeitskräfte, die sie flexibel einsetzen können, meint Krank.
Zudem denken viele Arbeitgeber, dass ihnen ein Minijob günstiger komme, als eine sozialversicherungspflichtige Stelle. "Zwei Minijobber sind teurer, als wenn ich eine Teilzeitkraft sozialversicherungspflichtig einstelle", erklärt Krank. Und das hätte auch für den Arbeitgeber wiederum einen Vorteil: "Wenn ich fest angestellt bin, ist die Loyalität und die Verbundenheit zu meinem Arbeitgeber viel größer", sagt Krank. Und das merke man auch an der Motivation des Arbeitnehmers.



Worauf muss ich achten, wenn ich einen Minijob suche?

Tipps Auch bei Minijobs gibt es einige Aspekte, die Arbeitnehmer beachten sollten. "Von einem Stellenangebot, in dem nur eine Handynummer angegeben ist, sollte man Abstand halten", rät Matthias Klar. Das sei unseriös. Zudem rät er dazu, sich immer einen Arbeitsvertrag geben zu lassen, in dem das Gehalt - mindestens der Mindestlohn von 8,84 Euro - , der Urlaubsanspruch, Unfallschutz und die Arbeitszeit festgehalten ist. "Ein Minijob gilt als Teilzeitbeschäftigung. Also habe ich auch da die gleichen Rechte in Sachen Kündigung", ergänzt Nicole Krank.

Veranstaltung
Die Arbeitsagentur Bamberg-Coburg hat sich im Herbst das Thema Minijob auf die Fahne geschrieben. In der letzten Septemberwoche startet in Coburg eine Wanderausstellung zum Thema Minijob. Nach einer Woche in Coburg tourt die Ausstellung weiter durch Oberfranken und macht dann Station in Kronach, Lichtenfels, Bamberg und Forchheim. Genaue Informationen zum Zeitraum und zu den stattfindenden Workshops und Veranstaltungen rund um die Wanderausstellung gibt die Arbeitsagentur in den nächsten Wochen bekannt.

Information Weitere Informationen und Broschüren zum Thema Minijob gibt es auf der Internetseite www.minijob-zentrale.de . lk