Druckartikel: Marktrodacher Kinder lernen Flößerei kennen

Marktrodacher Kinder lernen Flößerei kennen


Autor: Heike Schülein

Marktrodach, Mittwoch, 10. Juli 2013

An zwei Vormittagen betätigten sich die beiden dritten Klassen der Grundschule Rodachtal als Baumeister. Jeweils zwei Kinder stellten im Unterricht gemeinsam ein Mini-Floß her, das am Kirchweihsonntag in Marktrodach zu Wasser gelassen wird.
Hannah (links) und Kristin bauen ihr Mini-Floß, wie es ihnen zuvor gezeigt wurde. Fotos: Heike Schülein


Kristin sägt wie ein Weltmeister. Die Neunjährige hat einen kleinen Ast aus geschältem Haselnussholz in einen Schraubstock eingespannt. Mit einer kleinen Handsäge nimmt sie die Enden ab. Ihre Klassenkameradin Hannah hält das Holz mit einer Hand fest, damit es auch wirklich nicht verrutschen kann. "Das hier ist der König. Er ist am dicksten von den Stämmen. Er muss in die Mitte des Floßes. Die dünneren Stämme müssen rechts und links daneben. Das ist wegen der Stabilität", erklären die Mädchen fachmännisch.

Hannah kommt aus Kleinvichtach, Kristin aus Großvichtach. Die beiden kleinen Baumeisterinnen haben offensichtlich gut aufgepasst, was ihnen Floßmeister Michael Thiemann und der Flößer Herbert Kleylein kurz zuvor über den Aufbau eines Floßes erzählt haben. Und eben ein solches Floß bauen die beiden Drittklässlerinnen nach - genau wie ihre Klassenkameraden aus der 3 a. Die Schüler tun das jeweils in Zweier-Teams.

Ort des Geschehens ist der Werkraum der Marktrodacher Schule. In allen Ecken wird dort gefeilt, gehämmert, ausgemessen und geschliffen. Die Flöße entstehen dabei natürlich nicht in Originalgröße, was die räumlichen Kapazitäten der Schule sprengen würde, sondern im handlichen XXS-Format. Die Mini-Flöße erhalten eine Startnummer und werden beim Wettbewerb im Modellflößen am Kirchweih-Sonntag um den Sieg kämpfen.

Anstrengende Arbeit

Vor dem praktischen Teil sah die Klasse einen Film über das Flößerleben. Zudem wussten Michael Thiemann und Herbert Kleylein vom Floßverein Unterrodach viel Interessantes darüber zu erzählen, was sichtlich Eindruck bei den Mädchen hinterlassen hat. "Das war eine schwere und anstrengende Arbeit. Sie war auch gefährlich. Da gab es bestimmt viele Unfälle. Und die meisten Flößer konnten gar nicht schwimmen", meinen sie nachdenklich.

Dass nicht nur das Flößen, sondern auch das Bauen eines Floßes eine Kunst ist, wird den Mädchen schnell klar, als sie mit ihren Arbeiten fortfahren. Schließlich gibt es ja noch jede Menge zu tun - wie beispielsweise das Ausrichten der "Stämme", damit möglichst keine Lücken dazwischen entstehen, das Feilen der Blöcher sowie das Befestigen der Blöcher und Querstreben mit Nägeln.

Dabei stellen die Mädchen fest, dass es gar nicht so einfach ist, einen Nagel gerade in einen Ast zu schlagen. Ein ums andere Mal müssen die Nägel mit der Zange wieder herausgeholt werden. Dann aber haben Kristin und die ein Jahr jüngere Hannah den "Dreh" heraus. Abschließend werden noch die Oberlasten, das sind kleine auf das Floß aufgelegte "Stämme", mittels einer Paketschnur befestigt. Fertig! Die Mädchen strahlen und freuen sich: "Das war eine tolle Idee. Das hat richtig Spaß gemacht. Am Anfang hätten wir nicht gedacht, dass wir das so gut hinbekommen."

Doch nicht nur die Kinder, die mit erstaunlich viel Geschick und noch mehr Eifer bei der Sache waren, sind begeistert von der Aktion. Auch an der Schule freut man sich über das erneute gemeinsame Projekt. Das Thema "Flößerei" wird im Unterricht nämlich erst in der vierten Klasse aufgegriffen.

Lob für den Floßverein

Klassenlehrer Reinhard Engelhardt lobt: "Ich finde das toll und bewundere es sehr, wie der Floßverein dieses Brauchtum pflegt. Die umliegenden Ortschaften von Unterrodach haben gar nicht mehr so den Bezug zur Flößerei. Deshalb finde ich es gut, so etwas in den Unterricht einzubinden." Der Wettbewerbs-Charakter sei sicherlich eine weitere Motivation für die Kinder.

Mit dem handwerklichen Projekt möchte man, so Thiemann, den Kindern - in Verbindung mit dem besonders im Frankenwald sehr umfangreich vorhandenen Rohstoff Holz - die Flößerei schmackhaft machen. Er selbst ist vom Flößen bereits seit seinem Jugendalter fasziniert und so trat er bereits in jungen Jahren in den Floßverein ein.

Brauchtum erhalten

"Wasser ist mein Element. Ich bin quasi im Fluss groß geworden. Ich habe bei der Generation, zu der auch Flößer Herbert Kleylein gehört, gelernt. Er war quasi mein Lehrmeister", sagt Thiemann voller Anerkennung. Da man das gemeinsame Ziel verfolge, das Brauchtum zu erhalten und dieses auch an die nächsten Generationen weiterzugeben, arbeite man eng mit den Wallenfelser Flößern zusammen.

So nehme man regelmäßig an den Floß-Veranstaltungen des jeweils anderen Vereins teil. "Auch bei unserer diesjährigen Kirchweih sind die Wallenfelser wieder vor Ort. Wenn wir dabei traditionell vom Angerwehr zur Dorfmitte flößen, werden sie auch auf einem Floß mit hinunter flößen", kündigt Thiemann an und ergänzt: "Uns allen, den Unterrodacher und Wallenfelser Flößern ist es sehr wichtig, den Geist des Flößens zu erhalten."