Manege frei in der Grundschule Neuses
Autor: Susanne Deuerling
Neuses, Mittwoch, 17. Juli 2013
Die Grundschüler in Neuses übten für die Zirkusveranstaltung zum jüngsten Schulfest.
Man glaubt kaum, in einer Schule zu sein. Zirkusmusik tönt durch die Gänge aus den offenen Klassenzimmern. Messer fliegen durch die Luft. Ein Zebra rennt über den Flur. Ein Mädchen kommt mit einem "schweren" Gewicht auf der Schulter aus der 4. Klasse und sucht den Gewichtheber, der das Teil einfach nicht stemmen konnte. Ein Junge im schwarzen Anzug ruft derweil immer wieder: "Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ladys and Gentlemen."
Nein, die Grundschüler aus Neuses haben sich nicht alle einen Sonnenstich geholt, obwohl das bei diesen Temperaturen gar nicht so abwegig wäre. Sie alle sind an einem Projekt beteiligt, das es so noch nicht in der Schule gegeben hat. Unter der Leitung von "Clown Gerrit" üben die Kinder eine Woche lang eine komplette Zirkusveranstaltung ein.
Gerrit Junghans ist von Beruf Clown. Seit sechs Jahren schon übt er mit Schulkindern im ganzen Bundesgebiet ein Zirkusprogramm ein. Gut drei Dutzend Schulen mögen es schon gewesen sein, welche die Show vor Publikum aufgeführt haben.
Clown Gerrit ist ein Name, der in Künstlerkreisen große Bewunderung erfährt. Er tritt überall in Europa auf. Auch in der Mongolei lachte das Publikum schon über seine anspruchsvolle und feinsinnige Komik. Den Grundschulkindern in Neuses bringt er auf spielerische, jedoch disziplinierte Art bei, wie man als Akrobat oder Jongleur, als Clown oder Messerwerfer das Publikum mitreißen und begeistern kann.
Stolz auf Leistungen
"Ich gebe den Kindern schon vor, was sie machen sollen, und habe eine gewisse Menschenkenntnis in all den Jahren erworben, um zu wissen, wer für welche Rolle geeignet ist", sagt Gerrit. "Man muss die Kinder für das Projekt begeistern und sie zugleich führen, denn je disziplinierter sie üben, desto präziser wird die Nummer, und alle sind stolz auf ihre Leistungen." Besonders für die akrobatischen Nummern gilt das, wie den Bau einer Menschenpyramide. Daran sind sieben Jungen und Mädchen beteiligt. Da muss sich jeder auf den anderen verlassen können.
Doch Gerrit Junghans versteht es hervorragend, die Kinder einerseits pädagogisch zu leiten, andererseits aber auch Kreativität zuzulassen. Es gibt zwar von seiner Seite einen konkreten Fahrplan, und auch die Texte für die Ansagen gibt er vor, aber gerade bei den Requisiten und den Kostümen ist die Fantasie der Schüler und auch der Lehrerinnen gefragt.
Besonderen Wert legt der "Lehrer-Clown" auf die genaue Motorik und die einstudierten Gesten - sie müssen perfekt sein, um bei der Vorstellung auch gut zu wirken. "Zirkus ist eine ernsthafte Sache. Es geht nicht so einfach. Man muss viel üben, üben, üben", dagt der Berufsclown mit einem Lachen. Und er weiß, wovon er spricht.
Für die Kinder ist die Clown-Workshop-Woche natürlich eine willkommene Abwechslung vom Schulalltag. Zwar wird auch noch ein wenig gelernt, aber das Zirkusprojekt ist natürlich Programmpunkt Nummer eins. Und so studieren sie die Auftritte im Messerwerfen, Gewichtheben, Bändertanz, in der Hut-Balance und im Schlangenbeschwören ein. Sie bauen Menschenpyramiden und quetschen sich in Kisten, um dann von Säbeln durchbohrt zu werden.
Ein rechnendes Zebra
Sogar ein rechnendes Zebra gibt es. Das Zebra, das über den Flur gelaufen ist und in dem vorne Vinzent und im Hinterteil Joas steckt. Geführt wird das "Tier" von Angelina, die es kaum bändigen kann. An einem Tisch stehen Chiara und Isabell und fertigen Messer aus Pappe, Alufolie und Isolierband. Vor ihnen liegen aufgereiht scharfe Messer. "Wir können doch nicht mit den scharfen Messern werfen, die sind nur zum Zeigen für das Publikum, dann werden sie ganz schnell ausgetauscht", erklärt Chiara. Doch auch die Messer-Attrappen sehen ganz schön gefährlich aus. Für stellvertretende Schulleiterin Ulrike Schmidt bilden der Zirkus-Workshop mit Clown Gerrit und die Vorstellung am Schulfest einen gelungenen Abschluss, bevor es in der Neuseser Grundschule heißt: "Der letzte Vorhang ist gefallen."