Loewe-Mitarbeiter sehen im Schutzschirm eine Chance
Autor: Corinna Igler
Kronach, Dienstag, 16. Juli 2013
Loewe hat am Dienstag einen Schutzschirm beantragt. Während sich mancher wohl fragt, was das überhaupt ist, sehen die Mitarbeiter darin eine Chance - vielleicht die letzte. Und Bürgermeister Beiergrößlein appelliert an den Ministerpräsidenten.
"Jaein", sagt ein Mitarbeiter am Dienstag auf die Frage, ob er die neueste Nachricht von Loewe als schlechte sieht. Am Morgen wurden er und seine Kollegen zusammengetrommelt. Wieder einmal eine Versammlung. Wie so oft in den vergangenen Monaten.
In knapp einer Stunde habe man sie darüber informiert, dass man beim Amtsgericht Coburg einen Antrag auf Einleitung eines sogenannten Schutzschirmverfahrens gestellt hat. "Das eröffnet ja doch noch Chancen", ist er zuversichtlich.
Das sieht auch ein Beobachter der Wirtschaft so. Zwar handele es sich bei dem sogenannten Schutzschirm um ein vorinsolvenzliches Verfahren, das in Paragraph 270b der Insolvenzordnung geregelt ist. Aber Loewe habe immerhin drei Monate Zeit, sich in Eigenverwaltung zu restrukturieren. Auch wenn es keine einfache Situation für Loewe sei, "muss das noch lange nicht das Aus bedeuten", so der Experte und er fügt hinzu: "Wenn es so schlecht aussähe, hätte man das Schutzschirmverfahren gar nicht mehr gemacht."
Ob das Schutzschirmverfahren genehmigt wird, prüft derzeit das Amtsgericht Coburg, wo Loewe es beantragt hat, sagt der dortige Pressesprecher Christian Pfab. Eine Voraussetzung für die Genehmigung sei zum Beispiel, dass einem Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit droht.
Dieses Schutzschirmverfahren gibt es erst seit dem vergangenen Jahr. Da stellt sich die Frage "Was hätte man in der Situation, in der sich Loewe derzeit befindet, noch vor über einem Jahr gemacht?" - "Noch ein paar Monate so zugewurschtelt", sagt ein anderer Experte.
Loewe habe durch den Antrag auf das Schutzschirmverfahren nun hingegen eher die Möglichkeit, nach Investoren zu suchen, eine Einigung mit Gläubigern zu erzielen und letztlich ein Sanierungskonzept zu erarbeiten, sagt Pfab. Nicht zuletzt, weil auch die Personalkosten ausgesetzt werden, der Lohn - der komplette - den Mitarbeitern in den nächsten drei Monaten als sogenanntes Insolvenzgeld von der Agentur für Arbeit bezahlt wird, wie deren Sprecherin Anja Huth bestätigt.
Zudem erhält das Unternehmen durch den Schirm Schutz vor Zwangsvollstreckung und Insolvenzanträgen seitens Dritter. Außerdem wird Loewe, laut Pfab, vom Gericht ein sogenannter Sachwalter zur Seite gestellt.
Mit all dem, was das Schutzschirmverfahren bedeutet, muss sich nun auch Jürgen Apfel von der IG Metall auseinandersetzen. Weil das noch so jung ist, hatte die IG Metall in der Region mit einem solchen Verfahren noch nicht zu tun, wie er sagt. Überraschend kam es für ihn aber nicht: "Mit dieser Option wurde ja nie hinter dem Berg gehalten." Die IG Metall hole sich nun juristischen Beistand und werde nach wie vor die Arbeitnehmerinteressen vertreten. Schließlich habe es für die Loewe-Mitarbeiter in den vergangenen Monaten "überhaupt keine positiven Nachrichten" gegeben. Das lasse die Unsicherheit weiter wachsen. Apfel spricht von einer "schwierigen Situation für die Menschen, die dort arbeiten und möglicherweise auch die in der Transfergesellschaft".
Vergleich mit "Quelle"
Die sieht auch Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (Freie Wähler), der am Dienstag gleich die Chance genutzt hat, dass er beim Landtagsfest in München Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) getroffen hat. Beiergrößlein, der erst vergangene Woche Gespräche mit Loewe hatte, übergab Seehofer dabei ein Schreiben, in dem er an den Regierungschef appelliert, "in dieser prekären Situation einen unserer größten Arbeitgeber in der Region nicht im Stich zu lassen". Kronach sei im Hinblick auf die demografische Entwicklung ganz besonders darauf angewiesen, dass qualifizierte Arbeitsplätze, wie sie Loewe biete, erhalten bleiben.
Es müsse doch gelingen, "wenn alle Politiker am selben Strang ziehen", Loewe in eine gute Zukunft zu führen und den Mitarbeitern eine Perspektive zu bieten. "Es muss ja nicht gleich, wie bei der Insolvenz von Quelle in Fürth eine Kabinettssitzung vor Ort abgehalten werden, es würde schon ausreichen, wenn ähnlich hohe Fördersummen, wie sie seinerzeit in Fürth vom Ministerrat beschlossen wurden, zur Verfügung gestellt oder andere kreative Lösungen für Loewe entwickelt würden", meint Beiergrößlein. Loewe habe seiner Meinung nach das Potenzial, zukunftsfähig zu sein und genügend Alleinstellungsmerkmale, um sich gegenüber allen anderen Mitanbietern zu behaupten.
Daran glauben auch nach wie vor die Mitarbeiter. Eine junge Frau erklärte am Dienstag - zwar mit Tränen in den Augen -, dass im Betrieb jetzt erst recht Aufbruchstimmung herrsche. "Nein, nicht mit uns", sagten sich sie und ihre Kollegen. Und auch der eingangs erwähnte Mitarbeiter hofft, dass ein Investor kommt, der Loewe übernimmt - "aber so, dass weiter produziert wird". Darauf hofft auch Jürgen Apfel, hält das aber gar nicht für so unwahrscheinlich. Vielleicht sei es für einen Investor attraktiver, wenn er mit den "Altlasten" - wie den Verbindlichkeiten - nichts mehr zu tun habe.
Der Hoffnung der Mitarbeiter gegenüber steht die Befürchtung, dass scheibchenweise immer schlechtere Nachrichten eintrudeln. "Wir brauchen nicht drum herum reden: Es ist eng", weiß auch Jürgen Apfel. Aber es bleibe keinen andere Wahl, als zu hoffen, dass "der Weg die gewünschten Ergebnisse bringt. Der Kopf muss oben bleiben."
So sehen das auch Bundestagsabgeordneter Hans Michelbach (CSU) und Landtagsabgeordnete Christa Steiger (SPD). Beide wünschen sich, dass der jetzt eingeschlagene Weg auch das gewünschte Ergebnis bringt und bieten ihre Unterstützung an.