Loewe in Kronach: Drohen Arbeitnehmern Einschnitte?
Autor: Marco Meißner
Kronach, Mittwoch, 22. Februar 2017
Bei Loewe in Kronach wird wieder über die Gehälter diskutiert. Diese sollen stärker an den Erfolg des Unternehmens gebunden werden.
Bei den Mitarbeitern von Loewe dürften in den vergangenen 48 Stunden wieder die Alarmglocken geschrillt haben. Zunächst hatte Gesellschafter Mark Hüsges die IG Metall und den Betriebsrat über seine Idee informiert, die Angestellten mehr ins Boot zu holen, wenn es ums Wohl und Wehe der Firma geht. Der Vorschlag, Teile der Gehälter erfolgsabhängig zu gestalten, führte zu einer offenen Mitgliederversammlung der IG Metall. Dann ging auch noch durch den Äther: "Loewe kämpft ums Überleben."
Dieser Meldung von Radio Plassenburg widerspricht Hüsges auf Nachfrage unserer Zeitung energisch. "Diese Aussage ist insofern Unsinn, weil wir sehr gut zweistellig wachsen - wie kein anderes Unternehmen im Markt", betont der Gesellschafter. Es gehe ihm nur grundsätzlich darum, Strukturen zu schaffen, die an den Unternehmenserfolg gekoppelt sind.
Hüsges: "Immer Lösungen gefunden"
"Wir haben in der Vergangenheit immer Gespräche geführt und immer Lösungen gefunden", so Hüsges über andere Maßnahmen wie einen bestehenden Ergänzungstarifvertrag. Solche Lösungen sollen ein vernünftiges Ergebnis für die Mitarbeiter beinhalten, in erster Linie aber zum Wohl des Unternehmens beitragen. In einem Nachsatz fügt der Gesellschafter an, dass derartige Vereinbarungen natürlich nicht immer Begeisterung bei der IG Metall auslösen. "Wir haben sehr, sehr viele gute Nachrichten", unterstreicht Hüsges, dass Loewe weiterhin ein lukrativer Arbeitgeber sei, dessen Produkte im Markt Beachtung fänden und dessen Finanzierung auch stabil sei. "Loewe wächst. Alle Zeichen weisen in die richtige Richtung."
Um auf Kurs zu bleiben, müssten aber auch die Stellschrauben stets im Blick behalten werden, um auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren zu können. Damit kommt Hüsges auf den Dollarkurs zu sprechen. "In den vergangenen beiden Jahren ist der Dollar 30 Prozent stärker geworden", gibt er zu Bedenken. Dadurch würden die notwendigen Einkäufe in Asien für Loewe spürbar teuer. Unter anderem Displays werden von dort importiert.
IG Metall will noch keine Wertung abgeben
Sollten die Gehälter an den Erfolg der Firma gekoppelt werden, könnten die Mitarbeiter von Gewinnen profitieren. Angesichts der aktuellen Entwicklung wäre dieses Mittel zunächst jedoch eher eine Sparmaßnahme. Das lässt die IG Metall und die Mitarbeiter natürlich aufhorchen. Schließlich mussten die Loewe-Angestellten in den vergangenen fünf Jahren schon mehrfach um ihre Jobs zittern und Einschnitte bei den Gehältern hinnehmen. Darauf verweisen auch Betriebsratsvorsitzende Karin Wachter und Gewerkschafter Jürgen Apfel von der IG Metall. Beide wollen sich zur aktuellen Situation nicht äußern, erst die nächsten Gespräche abwarten.
Allerdings erwähnen sie, dass der Ende 2016 gefasste und bis Ende 2018 laufende Ergänzungstarifvertrag den Mitarbeitern bereits einiges aufbürdet. 35 Stunden Arbeit bei einer Bezahlung für 33 Stunden, Pauschalen statt Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie zeitversetzte Lohnerhöhungen sind darin enthalten. Dadurch spart Loewe bereits viel Geld, wie Apfel betont. "Das summiert sich auf einen Beitrag von über 3,5 Millionen Euro." Zum Ablauf des Ergänzungsvertrags sollen diese Arbeitsbedingungen wieder das Niveau in der Fläche erreichen. "Das ist noch immer der Stand", betont Wachter.
Mitglieder sollen entscheiden
Die Idee von Mark Hüsges steht diesem Gedanken, zumindest im Falle von ausbleibenden Gewinnen des Unternehmens, entgegen. Deshalb steht für Apfel eines fest: Die Loewe-Gewerkschaftsmitglieder sollen entscheiden, ob und wie die IG Metall über diesen Vorschlag verhandeln wird. Einen Auftrag habe er bereits aus der "sehr konstruktiven Versammlung" mitgenommen; Apfel will zunächst die Unternehmenszahlen von einem externen Sachverständigen genau unter die Lupe nehmen lassen.
Kommentar von Alexander Löffler
Ungutes Gefühl macht sich breit
Seit der Übernahme 2014 gab es viel Positives von Loewe, das 2016 Marktanteile hinzugewinnen konnte und mehrere Designpreise erhielt. Signale, die hoffnungsvoll in die Zukunft blicken ließen. Jetzt aber wird die Euphorie durch Überlegungen gedämpft, den Lohn an den Unternehmenserfolg zu koppeln. Dieser Gedanke ist legitim, allerdings schürt er Befürchtungen, das finanzielle Gerüst von Loewe könnte ein wackeliges Konstrukt sein. Ein Blick in den Jahresabschluss des Geschäftsjahres 2015 (2016 ist öffentlich noch nicht einsehbar) könnte diesen Eindruck bestätigen. Dass Mark Hüsges Bilanzwerte nicht kommentieren will, lässt - möglicherweise unnötigerweise - Spielraum für Spekulationen, auch wenn er selbst von einer soliden Finanzierung spricht. Man darf die Zahlen aus 2015 sicher nicht überbewerten, zumal im Abschlussbericht die finanzwirtschaftlichen Risiken als "überwiegend gering" bewertet werden. Dennoch bleibt ein ungutes Gefühl, das wohl nur durch dauerhaftes Wachstum beseitigt werden kann. Was dies betrifft, scheint Loewe auf einem guten Weg zu sein, auch wenn am Ende das operative Ergebnis für eine Bewertung entscheidend ist. Dennoch ist es positiv, wenn laut Unternehmen die Steigerung von Umsatz und Verkaufszahlen im zweistelligen Bereich liegt. Umso mehr stellt sich vor diesem Hintergrund wiederum die Frage, warum die Mitarbeiter auf Geld verzichten sollen, wenn es doch aktuell so gut läuft?
Bleibt zu hoffen, dass es sich bei dem Gedanken einer Mitarbeiterbeteiligung tatsächlich um eine innovative Idee mit dem Ziel handelt, auf Veränderungen am Markt möglichst schnell reagieren zu können und nicht um eine Maßnahme, möglichst schnell benötigte Finanzmittel zu generieren. Wäre Letzteres der Grund für die aktuellen Überlegungen, müsste man sich entgegen den Bekundungen von Mark Hüsges wohl mehr denn je um die Zukunft des Unternehmens sorgen.