Löcher hat nur noch die Straße zwischen Judenbach und Schauberg
Autor: Corinna Igler
Schauberg, Freitag, 23. August 2013
1000 Arbeitnehmer pendeln zwischen dem thüringischen Judenbach und dem fränkischen Tettau. Die ehemaligen Grenzgemeinden sind in den 23 Jahren nach der Grenzöffnung zusammengewachsen. Nur die Straße ist noch holprig. Deshalb wollen Unternehmer und Politiker dem Verkehrsministerium einen Besuch abstatten.
Es klappert. So arg, dass man das Radio lauter drehen muss, damit man überhaupt noch etwas hört. Und dabei gilt es dann noch aufzupassen: Schlaglöcher umfahren, dem Gegenverkehr ausweichen. Rums - schon steckt der rechte Vorderreifen in einem Schlagloch.
"Diese Straße hat schon was", sagt Gerold Kirchner, Leiter des Straßenbauamts Südwestthüringen. Und das meint er nicht im positiven Sinn. Er kennt viele Straßen in schlechtem Zustand, aber die zwischen dem thüringischen Judenbach und dem fränkischen Schauberg in Tettau habe schon eine Art Seltenheitscharakter.
Seit der Grenzöffnung am 1. Januar 1990 kämpfen die Einwohner auf beiden Seiten gemeinsam für den Ausbau dieser Straße. "Ich hab immer nur die kleinen weißen Häuser gesehen", sagt der Judenbacher Bürgermeister Albrecht Morgenroth. Die Euphorie bei der Grenzöffnung, als er endlich mal gesehen habe, wie die kleinen weißen Häuser aus der Nähe ausschauen, sei grenzenlos gewesen. Sofort seien sich die Schauberger und Judenbacher damals einig gewesen: "Wir müssen die Straße bauen."
Die Landesstraße 1152 wurde aus Naturschutzgründen gesperrt, deshalb sollte ein Forstweg zur Landesstraße umgebaut werden. Doch während die beiden ehemaligen Grenzgemeinden immer mehr zusammenwuchsen, ist in Sachen Straßenausbau in den vergangenen 23 Jahren wenig passiert.
Doch immerhin: Baurecht hat man - seit 2011. Aber warum hat sich so lange kaum etwas getan? Der Straßenbauamtsleiter erklärt das mit grundsätzlichen Überlegungen, was das Straßennetz angeht und damit, dass erst einmal geklärt werden musste, in wessen Aufgabenbereich das fällt. "Schließlich handelt es sich um einen Forstweg."
Seit April 2011 gibt es den Planfeststellungsbeschluss, die Straße darf also gebaut werden - wenn die Finanzierung steht. Und genau deshalb trafen sich am Freitag Bürgermeister Morgenroth und Gerold Kirchner mit Wolfgang Feuerpfeil, Vorsitzendem der Rennsteig-Region im Frankenwald, den politischen Vertretern aus Tettau - Lydia Müller, Hubert Steiner, Hans Kaufmann (alle SPD), Falk Wick (CSU), Hermann Bischoff (Freie Wähler) - sowie Vertretern aus der Wirtschaft - Bernd Hörauf und Edmund Müller (beide Gerresheimer, Tettau), Jürgen Brandt (Gebrüder Rebhan, Sattelgrund) und Johannes Rösler (Rösler Ceramtec, Schauberg) im Gemeindehaus in Judenbach.
Und dort hat man das weitere Vorgehen beschlossen: Bürgermeister Albrecht Morgenroth will einen Termin im thüringischen Verkehrsministerium vereinbaren, bei dem dann jeweils zwei Vertreter aus Politik und Wirtschaft vorsprechen. Schließlich wäre der Ausbau der holprigen Straße eine Strukturverbesserung, "die ihr Geld verdient", sagt Jürgen Brandt.
Ein Drittel der etwa 3000 Arbeitnehmer auf der fränkischen Seite des Rennsteigs kommt nämlich aus Thüringen, weiß Bernd Hörauf, Geschäftsführer von Gerresheimer Tettau. Und 200 Franken pendelten täglich in die umgekehrte Richtung, ergänzt Hans Kaufmann, bis vor kurzem Bürgermeister in Tettau. Viele nutzten die Straße mittlerweile schon gar nicht mehr, müssten deshalb Umwege fahren, "die Zeit und Geld kosten", so Kaufmann.
Einig sind sich alle Gesprächsteilnehmer, dass nach dem Planfeststellungsbeschluss die Chancen für den Ausbau der Straße nun so gut stünden wie seit 20 Jahren nicht. Man dürfe nun also nicht mehr länger warten, "schließlich müssen die Fördergelder bis 2015 abgerechnet werden. Es drängt die Zeit", weiß Wolfgang Feuerpfeil. Und immerhin handle es sich um eine wichtige Maßnahme für die thüringisch-fränkische Region. 3,4 Millionen Euro würde der Ausbau der Straße kosten, 75 Prozent könnten wohl gefördert werden, für die restlichen 25 Prozent müsste der Freistaat Thüringen aufkommen. Gesichert sind die Finanzen aber noch nicht. "Wenn ich überlege, dass die Unternehmen wie unseres, Heinz Glas und Wiegand Glas in den vergangenen Jahren 160 Millionen in die Region investiert haben und es hier um knappe 3,5 Millionen geht, um den Mitarbeitern eine sinnvolle Zufahrt zu ihrer Arbeitsstätte zu ermöglichen", schüttelt Hörauf den Kopf.
Auf noch mehr Ärger stößt bei den Gesprächsteilnehmern, dass der Bürgermeister aus Oberland (Thüringen), Wolfgang Wiegand, den Ausbau "ihrer" Straße für "überflüssig" hält, wie aus einem Artikel in einer thüringischen Lokalzeitung hervorgeht. "Diese Straße würde im Nichts beginnen und sie würde im Nichts enden", hat er gesagt. Vorrangig sei für ihn eine Umgehung von Spechtsbrunn.
Straße endet nicht im Nichts
Eine Frechheit, meinen die politischen und wirtschaftlichen Vertreter aus Franken. Dass die von ihnen gewünschte Straße weder im Nichts beginne noch nicht im Nichts ende, sehe man an den vielen Pendlern. Und diese können nur noch so lange über den holprigen Weg hin- und herfahren, bis der gar kaputt ist und nicht mehr nur während der Wintermonate gesperrt werden muss, ist sich Wolfgang Feuerpfeil sicher. Das weiß auch Gerold Kirchner vom Straßenbauamt Südwestthüringen: "Da nochmal nur einen Belag drauf zu legen ist sinnlos."