Lebenswichtige Verkehrserziehung für Schüler
Autor: Heike Schülein
Kronach, Dienstag, 25. Sept. 2012
Die ADAC-Aktion "Hallo Auto!" machte an der Gottfried-Neukam-Schule in Kronach Station. Den Fünftklässlern wurde klar, dass ein Auto nicht so schnell anhalten kann wie ein Fußgänger. Sie schätzten alle den Anhalteweg völlig falsch ein und wären überfahren worden.
Benjamin Rettig tritt voll auf die Bremse. Reifen quietschen, sein silberfarbenes Auto steht. Es herrscht Totenstille. Die Schüler der Klasse 5 b schauen sich betroffen an. Gerade noch hatten sich die Jungs und Mädchen munter unterhalten.
"Was glaubt Ihr, wo ich stehen bleibe, wenn ich mein Auto auf 50 Studenkilometer beschleunige und voll auf die Bremse trete?" hatte sie der Moderator des ADAC Nordbayern vorher gefragt. Ganz "cool" hatten die Fünftklässler 25 rot-weiße Hütchen an den Straßenrand der Fehnstraße gestellt - alle in der festen Überzeugung, dass Benjamin Rettig vorher sein Fahrzeug anhalten kann. Doch weit gefehlt: Zwischen der besten Schätzung der Schüler und dem Auto lagen etliche Meter - Meter, die im Ernstfall über ein Kinderleben entscheiden können. "Was wäre passiert, wenn Ihr jetzt achtlos über die Straße gegangen wärt?", wollte Rettig wissen. "Wir wären alle tot", lautete die kleinlaute - aber leider vollkommen richtige - Antwort der Schüler.
Über den Haufen gefahren
Und in der Tat: Die Klasse 5b wäre bei der Verkehrserziehungsaktion "Hallo Auto!" komplett über den Haufen gefahren worden - wäre das Auto von Benjamin Rettig nicht auf Warnhütchen, sondern auf die 25 Kinder zugefahren. "Der Bremsweg beträgt für ein 50 Stundenkilometer schnelles Auto 25 Meter. Dazu kommt noch der Reaktionsweg. Bei einer Reaktionszeit von einer Sekunde sind das noch einmal rund 14 Meter. Das bedeutet einen Anhalteweg von 40 Metern", erklärte Benjamin Rettig.
Vor wenigen Minuten noch hatte er mit den Kindern die Lehrformel "Reaktionsweg + Bremsweg = Anhalteweg", erarbeitet, die sich fortan wie ein roter Faden durch die weiteren Übungen zog. Dass nicht ein einziger den Anhalteweg richtig einschätzen konnte, überraschte ihn dennoch nicht. Er weiß: "Kinder können das Tempo eines sich nähernden Fahrzeugs nicht abschätzen. Sie glauben, dass ein Auto wie ein Fußgänger einfach stehen bleiben kann." Ein fataler Irrglaube! Daher gelte es, Kindern die Gefährlichkeit eines Autos bewusst zu machen.
Kein erhobener Zeigefinger
Der Verkehrsunterricht "Hallo Auto!" erfolgt aber nicht mit dem "erhobenen Zeigefinger", sondern unkonventionell und mit hohem Spaßfaktor. Nach dem Motto "Learning by doing" setzt man dabei ganz aufs Mitmachen. In zwei Schulstunden haben die Schüler Gelegenheit, reale Verkehrssituationen handlungsorientiert zu erleben. Die Schüler fangen bei sich selbst an: Sie stoppen aus vollem Lauf und müssen erkennen, dass sie nicht sofort stehen bleiben können. Noch länger dauert es, wenn sie überraschend auf ein Zeichen hin anhalten sollen.
Auch verschiedene Fahrbahnzustände wurden simuliert, damit die Schüler den Anhalteweg von Fußgängern und Fahrzeugen besser einschätzen können. Als Höhepunkt dürfen die Schüler im ADAC-Aktionsauto mitfahren. Auf dem Beifahrersitz erleben sie eine Vollbremsung bei Tempo 30 und erfahren dabei, warum ein herannahendes Auto nicht sofort, sondern erst entscheidende Sekunden später anhalten kann. Und: Anschnallen nicht vergessen. Sonst ergeht es einem wie dem großen Teddy beim Bremsmanöver: Der flog ungeschützt an die Windschutzscheibe.