Druckartikel: Kronachs Geschäfte wieder geöffnet: Ein Stück Normalität mit Mindestabstand

Kronachs Geschäfte wieder geöffnet: Ein Stück Normalität mit Mindestabstand


Autor: Sandra Hackenberg

Kronach, Montag, 27. April 2020

Die Sehnsucht war groß. Vor allem Masken und Stoffe sind gefragt.
Die Inhaber von Nähmaschinen Fugmann Peter und Katjana Oesterlein (von links) und Mitarbeiterin Sabine Seelow haben alle Hände voll zu tun: Stoffe für Masken sind gefragt wie nie. Foto: Sandra Hackenberg


"Tief durchatmen. Maske aufsetzen. Lächeln. Reinkommen." Mit dieser Botschaft auf einem pinken Plakat empfängt Sylvia Bystron die Kunden in ihrem "Konkon"-Bekleidungsgeschäft am Marienplatz. "Das hebt gleich beim Eintreten die Laune." Nicht, dass es nötig wäre. "Man hat das Gefühl, jetzt kommt ein bisschen das Leben in die Stadt, ein bisschen Freiheit zurück."

Als hätten sie nur darauf gewartet, kommen viele von Bystrons Stammkunden am Montag in den Laden, kaufen T-Shirts und Sommerkleider. "Vieles läuft über den persönlichen Kontakt. Der hat am meisten gefehlt. Das hat mit der Zeit schon die Stimmung gedrückt." Einen Monat lang waren die Geschäfte geschlossen. Das bedeutete einen Monat ohne Gespräche mit den Kunden, persönliche Stilberatung - und Umsatz. "Wenn man selbstständig ist, hat man einen gewissen Druck. Doch ich habe einen ganz tollen Vermieter, der mir entgegengekommen ist." Denn von der beantragten Soforthilfe hat Bystron laut eigener Aussage bis heute nichts gesehen.

Die fehlenden Umsätze sind die eine Sache. Doch was Kronachs Einzelhändlern in den vergangenen Wochen am meisten gefehlt hat, war der Kundenkontakt. Gerti Dohlus im "Teekännchen" am Hussitenplatz ist die Erleichterung anzusehen - trotz Maske und Plexiglaswand. "Keine Frage: Dadurch, dass der Laden geschlossen war, habe ich viel Geld verloren. Doch was ich am meisten vermisst habe, waren meine Kunden", verrät die leidenschaftliche Verkäuferin. Immer wieder sei sie in den vergangenen Wochen zum Anrufbeantworter in den Laden getigert und habe Bestellungen verschickt.

Stammkunden bleiben treu

Zu dieser Sehnsucht kam die Sorge, ob die Kunden treu bleiben. Wie sich jedoch herausstellte, war die vollkommen unbegründet: "Es kamen schon ganz viele Stammkunden, die gesagt haben: ,Es ist so schön, dass Sie wieder geöffnet haben.‘ Da geht mir das Herz auf."

Die 62-Jährige zählt zur Risikogruppe, weshalb Dohlus' Sohn kurzerhand von Berlin nach Kronach gekommen ist, um ihr einen Verkaufstresen mit Glaswand, Geldschlitz und Klappe für die Waren zu bauen. "Hier lebt alles von der Atmosphäre, wenn die Kunden hereinkommen und durch den Laden streifen. Darum habe ich mein halbes Sortiment nach draußen in den Flur verlegt, wo sie dann stöbern können." Improvisieren ist in diesen Wochen alles.

Das weiß auch Yvonne Wicklein von der Kronacher Klamottenkiste am Bahnhofsplatz: "Während der Laden geschlossen war, habe ich Schutzmasken genäht", berichtet sie und zeigt das Endergebnis. Für 15 Stück habe sie drei Stunden gebraucht - und gut ein Dutzend war bis Mittag weg. "Wahrscheinlich muss ich noch schneller nähen", scherzt Wicklein. "Vor allem das fröhliche Muster mit den Sonnenblumen ist beliebt."

Nähmaschinen sind gefragt

Viele Kronacher wollen sich die Masken aus ihrem Lieblingsstoff auch selbst nähen, wie das Team von Nähmaschinen Fugmann in der Johann Nikolaus Zitter Straße berichtet: "Bei uns ist gerade landunter", schildert Inhaberin Katjana Oesterlein, während sie Kunden berät und abkassiert. "Es ist chaotisch hoch drei. So langsam neigen sich manche Stoffreste dem Ende zu - und das, obwohl wir die ganze Zeit auch nach Hause geliefert haben." Ab und an verkaufen sie und ihr Team mal ein Bündel Wolle. Doch Stoffe und Gummis - das typische Maskenzubehör - seien gefragt wie nie. "Manche Kunden kaufen sich auch gleich eine Nähmaschine."

Auch wenn die Geschäfte wieder geöffnet haben: Bis zur Normalität ist es noch ein weiter Weg. Davon zeugen die Masken, die Kunden und Verkäufer tragen müssen. Doch was die Einzelhändler bestätigen: "Keiner schimpft oder meckert", berichtet Sylvia Bystron. "Die Gesundheit ist unser oberstes Gut. Und das geht vor."

Genauso diszipliniert geht es in den Bussen zu, wo die Maskenpflicht ebenfalls gilt. "Die Leute halten sich alle dran. Das funktioniert." Harald Motschmann hält gewöhnlich ab und an ein Schwätzchen mit seinen Fahrgästen. Das gestaltet sich derzeit etwas schwierig: Die ersten zwei Sitzreihen sind abgesperrt.

Der erfahrene Busfahrer hat zwar eine Maske dabei. Tragen muss er sie während der Fahrt aber noch nicht. "Durch die Absperrung habe ich ausreichend Mindestabstand zu den Fahrgästen." Die steigen über die hintere Tür in den Bus ein, die vordere bleibt geschlossen.

"Bis vor ein paar Wochen sind wir mit den kleinen Bussen mit 22 Sitzplätzen gefahren", erklärt Motschmann. "Die hatten aber keine zweite Tür. Darum fahren wir jetzt mit den großen." Das hat zur Folge, dass einige Haltestellen nicht mehr angefahren werden können, weil die Busse mit 45 Sitzplätzen dort nicht entlang fahren oder wenden können.

Keine Maske, kein Eintritt

Durch die größeren Busse können aber auch die Fahrgäste untereinander mehr Abstand halten - ein Schild am Einstieg verweist auf 1,50 Meter. Daran halten sich die Passagiere. "Die Leute achten darauf", schildert der 60-Jährige seine Erfahrung. "Aber ich komme mit den Fahrgästen generell gut zurecht - darum funktioniert es auch jetzt."

Falls jemand sein Gesicht nicht bedeckt, dürfte er nicht einsteigen. Bislang habe Motschmann jedoch niemanden zurechtweisen müssen. "Die Menschen verstehen, dass die Lage ernst ist, wenn solche Maßnahmen getroffen werden. Vielen ist es vielleicht sogar recht." Dem pflichtet eine 84-Jährige bei, die vom Einkaufen nach Hause fährt: "Unter der Maske wird es schon warm. Aber wenn es was bringt, ist es das wert. Die Regierung hätte das schon früher veranlassen müssen." Generell fahren laut Motschmann derzeit weniger Senioren mit dem Bus. "Einen 90-Jährigen, der mehrmals pro Woche mitfährt, habe ich jetzt schon seit sechs Wochen nicht mehr gesehen."

Wie wichtig der Kontakt zu anderen Menschen ist, zeigt sich erst, wenn er nicht mehr möglich ist.

Nachfolgende Haltestellen der Stadtbuslinie 1 werden aufgrund der Umstellung auf große Busse momentan nicht angefahren:

Fahrrunde 1:

Konrad-Popp-Platz,

Karl-Bröger-Straße,

Flügelbahnhof,

Strau,

Gabelsbergerstraße und

Evangelisches Altenheim.

Fahrrunde 2:

Auf der Schütt .red