Kronacher Stadtrat Geissler spricht über Stärken, Schwächen und Barrieren
Autor: Corinna Igler
Kronach, Donnerstag, 07. Mai 2015
Jonas Geissler ist seit einem Jahr CSU-Fraktionsvorsitzender im Kronacher Stadtrat. Im Gespräch mit uns verrät er unter anderem seine schönsten Momente und größten Herausforderungen in der Zeit - und auch, was die SPD damit zu tun hat.
Jonas Geissler überlegt kurz. Nur einen Moment. "Sehr gut", sagt er dann und lächelt. Es ist ein glückliches Lächeln. Fast wie bei einem Kind, das ein Geschenk bekommen hat, mit dem es nicht unbedingt gerechnet hat. Das Geschenk machen Jonas Geissler seine Fraktionskollegen im Kronacher Stadtrat. Und "sehr gut" ist die Antwort auf die Frage, wie er das erste Jahr, in dem er CSU-Fraktionschef im Kronacher Stadtrat ist, resümieren würde. Wir haben mit dem jungen Politiker über die schönsten wie schwierigsten Momente in dieser Zeit gesprochen und auch über die Ziele, die er für seine Heimat hat.
"Sehr gut", sagen Sie. Geht das auch ein bisschen konkreter? Welche Bilanz ziehen Sie nach einem Jahr als erster Mann der CSU im Kronacher Stadtrat?
Jonas Geissler: Sagen wir mal so, ich hatte nach der Kommunalwahl den Eindruck, dass die CSU gebrochen war, was daran lag, dass wir keinen eigenen Kandidaten gestellt hatten. Wir haben dadurch im Stadtrat einiges eingebüßt. Wenn man statt bisher elf nur noch neun Sitze hat, dann hat man bei der Wahl verloren. Auch war die Wahlbeteiligung niedriger.
Umso wichtiger war es, dass wir neben der zweiten Bürgermeisterin mit Markus Wich auch den Dritten Bürgermeister stellen. Menschlich ist uns das gegenüber dem bisherigen Dritten Bürgermeister Hans Simon von der SPD schwer gefallen, aber Markus Wich ist ein toller Dritter Bürgermeister. Und für das Selbstverständnis der CSU war das wichtig, dass wir, nachdem wir etwas verloren hatten, auch wieder etwas gewonnen haben.
Dadurch haben wir ein tolles Klima in der Fraktion. Wir haben beispielsweise zum ersten Mal eine Klausurtagung als Stadtratsfraktion abgehalten und waren dabei wahnsinnig produktiv. Allein dabei haben wir 14 Anträge erarbeitet. Es ist ein unglaublicher Zusammenhalt in der Fraktion, aber auch sonst ist im Stadtrat viel gelaufen, was nicht durch das Stellen von Anträgen erfolgt ist.
Was war denn Ihre größte Angst, als Sie die Fraktionsspitze übernommen haben?
Dass es problematisch wird, dieses Amt mit meinem Job in München zu vereinbaren. Aber auch da haben alle in der Fraktion mitgeholfen, dass das möglich ist. Sitzungen, die traditionell an bestimmten Tagen stattfanden, wurden so verlegt, dass ich sie besser mit dem Job und dem Pendeln vereinbaren kann. Zum Glück bin ich da aber auch im Job relativ flexibel.
Was war Ihre bisher größte Herausforderung als CSU-Fraktionsvorsitzender im Kronacher Stadtrat?
Die Zusammenarbeit mit der SPD.
Und der schönste Moment?
Als die Nachricht kam, dass die Verhandlungen in Sachen Finanzfachhochschule abgeschlossen sind. Ich hab' das damals kurz vor der Sitzung mitbekommen und mich unglaublich gefreut - gerade weil das Thema ja oft auf der Kippe stand.
Als Politiker steht man immer im Fokus der Öffentlichkeit, wird oft auch beschimpft und muss noch dazu schauen, wie man seine Ideen auch durchsetzen kann. Sie sind ja nicht nur Fraktionsvorsitzender, sondern auch durch ihren Beruf als politischer Referent eines Landtagsabgeordneten quasi ständig politisch tätig. Was gefällt Ihnen daran?
Das stimmt - es gibt die beschriebenen Momente. Aber umso schöner ist es dann, wenn man für die Menschen etwas tun kann, wenn man beispielsweise schnell und unbürokratisch helfen kann. Und sei es nur bei einem Bauantrag. Aber es gibt durchaus auch richtig große Sachen, die positiv sind. Als ich im Jahr 2000 in die JU und CSU eingetreten bin, war das gerade der Höhepunkt der Auswirkungen nach der Wirtschaftskrise, man weiß, der Landkreis verliert drastisch Einwohner.
Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet und zum ersten Mal kriegen wir mit der Finanzfachhochschule etwas. Es kommen Studenten in die Stadt. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man bei der Heimatstrategie von Minister Söder nicht hoffen muss, dass man darin berücksichtigt wird, sondern weiß, dass man die Finanzfachhochschule bekommt. Das produziert einen regelrechten Stimmungswandel.
Auch wenn man ab und zu mal eine drauf kriegt, das Auf und Ab ist das Schöne. Vielleicht ist das eine Art Droge (lacht).
Sie arbeiten in München, pendeln deshalb sehr häufig von München nach Kronach und umgedreht. Warum liegt Ihnen so viel daran, sich für Kronach einzusetzen?
Weil es Spaß macht. Weil ich hier aufgewachsen bin, weil ich meine Heimat und die Menschen hier liebe. Genauso freue ich mich auch, beruflich in München tätig sein zu dürfen, weil ich dabei Sachen mitbekomme, die ich in Kronach gar nicht mitbekommen könnte.
Welche Ziele haben Sie für Kronach?
Ich möchte, dass Kronach sich besser verkauft, wir müssen das Image und das Marketing verbessern. Wir sind alle stolz auf Kronach - auch diejenigen, die weg sind -, aber wir müssen nach außen besser vermarkten, warum. In Cham in der Oberpfalz gibt es beispielsweise Botschafter für Cham. So etwas könnte ich mir für Kronach auch vorstellen.
Wir wollen weiterhin auch eine familienfreundliche Stadt sein und wichtig wäre es, eine barrierefreie zu werden. Wir sind ein demografisch gebeutelter Landkreis und genau das müssen wir nutzen, wir müssen unsere Schwäche zu einer Stärke machen. Wir müssen dazu kommen, dass Leute, die in der Großstadt wohnen und sich das im Alter nicht mehr leisten können, sich auf ihre Heimat besinnen und im Alter hierher zurückkommen, weil es sich hier günstiger und barrierefrei lebt.
Wie gehen Sie mit einer Niederlage um?
Ich betreibe sehr viel Selbstreflexion und suche die Schuld nicht bei anderen, sondern hinterfrage, warum etwas so gelaufen ist. Es gibt Sachen, bei denen man einfach am Ball bleiben muss. Die Barrierefreiheit ist so ein Thema. Vor sechs Jahren wurde der Aufzug in die Obere Stadt abgelehnt, jetzt ist das Thema Barrierefreiheit wieder aktuell. Ich finde, man kann jede Niederlage nutzen. Es heißt ja immer, eine Schlacht kann man verlieren, den Krieg deswegen aber noch lange nicht.
Ihre größte Schwäche?
Ich nehme mir vieles sehr zu Herzen.
Und Ihre Stärke?
Ich bin sehr beharrlich bei Dingen, die ich möchte. Wenn ich meine, dass eine Entscheidung wichtig ist, dann verfolge ich sie auch weiter, auch wenn es vielleicht schwer ist.