Kronacher Schüler besuchen ehemalige Synagoge
Autor: Susanne Deuerling
Kronach, Dienstag, 11. März 2014
Die ehemalige Synagoge in Kronach ist ein lebendiges Beispiel für das jüdische Glaubensleben. Peter Steinhäuser informierte die Achtklässler der Mittelschule Oberes Rodachtal darüber.
Eigentlich ist sie ja kein Gotteshaus mehr, die einstige Synagoge in Kronach. Eigentlich finden hier keine Gottesdienste mehr statt, weil es keine jüdische Gemeinde mehr gibt. Eigentlich ist dies ein Gebäude wie viele andere auch, in dem man Ausstellungen besuchen, Vorträge hören und Konzerte lauschen kann.
Geist der Vergangenheit
Man geht durch die große Eingangstür und wird ganz still. Er ist immer noch da, der Geist der Andacht, der Geist, der einen still werden lässt. Ehrfürchtig schaut man auf den siebenarmigen Leuchter, auf den Toraschrein, wo man noch ein Stück der Mauer sieht und ganz verstohlen schweift der Blick nach oben zur Frauenempore und man meint, man sieht sogar noch ein paar Schatten, die sich unauffällig an die Seite drücken.
Einmal Gotteshaus - immer Gotteshaus? Der Dritte Vorsitzende des Aktionskreises Kronacher Synagoge, Peter Steinhäuser, ehemaliger Realschullehrer und begeisterter "Synagogenerhalter", erklärt den Schülern der achten Klasse der Mittelschule Oberes Rodachtal "seine" Synagoge. Wenn man heute drei Rabbiner fragen würde, ob dies noch ein Gotteshaus ist, würde man von jedem eine andere Antwort bekommen. Einmal geweiht, immer geweiht sagen die einen. Ohne Originaltora keine Synagoge sagen die anderen.
Anschaulicher Unterricht für die Schüler
Aber eines ist sicher, dies haben sich die Mitglieder des Aktionskreises auf "die Fahne" geschrieben: "Sollte es jemals in Kronach wieder eine jüdische Gemeinde geben, wird ihr die Synagoge zurückgegeben." Für die Schüler war dies eine Begegnung mit dem Thema, das sie gerade im Religionsunterricht behandelten: "Jüdisches Glaubensleben - Frömmigkeit, Feste und Brauchtum".
Kopfschüttelnd vernehmen die Jugendlichen, dass es nur einen Gottesdienst am Sabbat gab, wenn mindestens zehn Männer da waren, Sie trugen die traditionelle Kippa. "Bei uns in der Kirche nehmen wir den Hut oder die Mütze ab, bei den Juden setzen die Männer eine auf", erzählt Steinhäuser. Die Frauen saßen oben auf der Frauenempore. Es wurde aus der Tora gelesen. Sie beinhaltet die fünf Bücher Mose. Niemand durfte die Schrift mit dem Finger berühren, dazu gab es den Torazeiger, ein Metallstift.
Heute finden in der ehemaligen Synagoge keine Gottesdienste mehr statt, da es in Kronach keine jüdische Gemeinde mehr gibt. Nach dem ersten Weltkrieg gab es etwa 100 Juden in Kronach. Die Wirtschaftskrise ließ viele auswandern und die verbliebenen konnten entweder flüchten oder wurden 1942 abtransportiert. Ab 1936 gab es keine Gottesdienste mehr und 1938 wurde die Synagoge an die Stadt Kronach verkauft.
Nicht zerstört
Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass das Gebäude von den Nazis nicht zerstört wurde. Es gab eine Familie Bamberger, der Vater war praktischer Arzt in Kronach, von den zehn Kindern hat nur ein Sohn das dritte Reich überlebt und nur, weil er in der Schweiz als Chemiker gearbeitet hat.
Die Juden in Kronach waren ganz normale Bürger, sie hatten Geschäfte, waren Ärzte, Händler. Jüdische Gemeinden gibt es heute in Hof und Bamberg, jedoch sind dort viele Juden aus Russland eingewandert. Eine Geschichte wird den Jungen und Mädchen sicher auch in Erinnerung bleiben.
Benefizkonzert in der Synagoge
Aus den USA hat sich Laura Wetzler gemeldet, die Kronacher Wurzeln hat und erzählt, dass in New York auf dem Friedhof ein Grab folgende Aufschrift trägt "born in Mitwitz" - so schließt sich irgendwie der Kreis. Die jüdisch-amerikanische Sängerin und Gitarristin gibt am 1. Juni in der Synagoge ein Benefizkonzert.
Peter Steinhäuser erklärte den Schülern die noch bruchstückweise vorhandenen Wandmalereien im Jugendstil, zeigt eine Nachbildung der Torarolle und einen Leuchter mit acht Kerzen, den sogenannten Chanukkaleuchter, der beim Lichterfest benutzt wird, ähnlich wie bei uns die Kerzen an Weihnachten. Die hervorragende Akustik und die noch original vorhandene Decke begeistert die Besucher.
Der Aktionskreis engagiert sich ehrenamtlich und finanziert die Erhaltung der Synagoge über Spenden und verschiedene Veranstaltungen in der Synagoge. "Man kann die Räumlichkeiten auch mieten, für kleinere private Veranstaltungen", sagt Steinhäuser. Auch in diesem Jahr wird es wieder viele solche Veranstaltungen geben. Vorträge, Ausstellungen zum Beispiel von Günter Grass, Konzerte der Musikschule Kronach oder auch einen Flohmarkt im Rahmen des Altstadtfestes.