Kronacher KWG-Wohnungen stehen vor Verkauf
Autor: Marco Meißner
Kronach, Dienstag, 08. November 2016
Die von Stadt und Landkreis Kronach 2012 abgegebenen KWG-Gebäude landen bereits 2017 wieder im Schaufenster.
Die Zentral Boden Immobilien Gruppe (ZBI) hat die teilweise maroden Gebäude der Kronacher Wohnungsbau (KWG) wieder salonfähig gemacht. Seit die Immobilien der KWG 2012 ein Bestandteil des Fonds "ZBI Professional 6" wurden, flossen rund 15 Millionen Euro. Kontroverse Diskussionen um steigende Mieten und den sozialen Wohnungsbau in Kronach gingen allerdings mit den Sanierungen einher. Nun zeichnet sich ein Ende der Zusammenarbeit zwischen Kreisstadt und ZBI ab. Der Investor will sich von den KWG-Gebäuden trennen.
Im Jahresbericht des Fonds heißt es: "Der ZBI Professional 6 bedarf angesichts der Liquiditätslage und managementintensiver Portfolien in Kronach und Duisburg weiterhin der besonderen Aufmerksamkeit des Portfoliomanagements.
Eine Entscheidung, die Vorstandsmitglied Mark Münzing auf unsere Nachfrage bestätigt: "Der Fonds 6 ist ungefähr sechs Jahre alt. Wenn der Zeitpunkt geeignet erscheint, lösen wir ihn wieder auf, als Ganzes, oder wir lösen Teile heraus." In diesem Fall hätten die Anleger das Signal zur Auflösung des derzeit ältesten ZBI-Immobilienfonds gegeben. Vermutlich Ende 2017 sei mit der Umsetzung ihres Wunsches zu rechnen.
"Die Stadt hat für jeden Fall ein Vorkaufsrecht", unterstreicht Münzing. Zudem wird sich die ZBI nach einem neuen Investor umsehen, der die Immobilien übernehmen möchte, falls die Stadt abwinkt. Als Grundlage für einen Verkauf wird man die regelmäßigen Bewertungsergebnisse heranziehen. Beziffern konnte Münzing einen Preis für die KWG-Objekte jedoch noch nicht.
Der Manager versichert, dass die Trennung von den Kronacher Gebäuden nichts mit der Entwicklung vor Ort zu tun habe. Der ganze Bereich Oberfranken bleibe für das Unternehmen interessant. Und das ZBI-Engagement in Kronach habe sich sogar "besser entwickelt, als wir es mal vorhergesehen hatten" - trotz Investitionen, die doppelt so hoch ausfielen wie geplant.
Investitionen nicht abgeschlossen
In der verbleibenden Zeit bis zur anvisierten Liquidation des Fonds soll weiter Geld in die Gebäude gesteckt werden. Schließlich müsse erst einmal ein neuer Investor gefunden werden, meint Münzing. "Es weiß ja noch kein Mensch, ob der Verkauf zu Stande kommt. Da wäre es dumm, jetzt aufzuhören, zu investieren oder zu vermieten." Allerdings hält der Manager das Scheitern eines Verkaufs für eine eher theoretische Möglichkeit.
Die Stadt weiß bereits von den Überlegungen der ZBI-Anleger. Schwarz auf weiß liegt laut Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) allerdings noch nichts vor. Deshalb will er auch noch nicht spekulieren, wie die weitere Entwicklung aussehen könnte.
"Es ist ein sensibles Thema", betont er. Schließlich gehe es um die Menschen, die in den KWG-Häusern wohnen ebenso wie um die Infrastruktur der Stadt. Sollte der Verkauf offiziell eingeläutet werden, werde sich der Stadtrat intensiv einbringen. "Der soziale Wohnungsbau ist keine gemeindliche Pflichtaufgabe", ruft Beiergrößlein in Erinnerung und fügt gleich an: "Aber natürlich leite ich die Pflicht durch die Bürger daraus ab, das Thema vernünftig zu begleiten." Inwieweit sich die Stadt auch in einen Rückkauf einbringen könnte, darüber mag der Bürgermeister nicht spekulieren. Sicher ist er sich jedoch, dass es mit den KWG-Gebäuden weitergehen und kein Mieter bei einem Verkauf auf der Straße landen wird.
Ein neuer Investor bedeute in erster Linie einen neuen Namen, nicht radikale Veränderungen. Und aus seiner Sicht ist die Stadt mit dem bisherigen Investor, der ZBI, nicht schlecht gefahren - auch wenn er sich eine drei, vier Jahre längere Zusammenarbeit gewünscht hätte. Viele Bewohner hätten vor dem ZBI-Einstieg über den schlechten Zustand der KWG-Wohnungen geschimpft. Da habe der Verkauf viel gebracht. "Es wurde wahnsinnig investiert", stellt Beiergrößlein fest. "Das hätten Stadt und Landkreis nie stemmen können."
Das sagen die Parteien
Der Kronacher Stadtrat ist kürzlich über die Absichten der Zentral Boden Immobilien Gruppe in einer nichtöffentlichen Sitzung informiert worden.
Innerhalb der Gruppierungen macht man sich nun Gedanken, wie es mit den KWG-Wohnungen weitergehen soll. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Sven Schuster sieht in der sich abzeichnenden Liquidation des ZBI-Fonds einen normalen juristischen Vorgang. "Grundsätzlich sind wir nicht überrascht, dass ein Fonds wieder verkauft wird", geht er darauf ein, dass die SPD schon früher Bedenken über "die Zeit danach" geäußert habe. Dass der Fonds bereits 2017 aufgelöst werden soll, war für Schuster aber neu. Nun müsse der Stadtrat die Entwicklung genau prüfen - auch was einen möglichen Rückkauf der Kronacher Gebäude betrifft. Angesichts der Zinssituation wäre dies aus Sicht der SPD durchaus eine Überlegung wert, zumal die sanierten Wohnungen eine gute Ausgangsbasis böten, "wieder in den sozialen Wohnungsbau zurückzukehren und das Mietniveau zu kontrollieren". Eine steigende Preisspirale beim Wechsel von einem Investor zum nächsten will Schuster nämlich unbedingt verhindern.
Situation prüfen
Michael Zwingmann, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, weist bei der Frage nach einer Einschätzung der Situation darauf hin, dass dem Stadtrat noch nichts Konkretes seitens der ZBI vorliege. Wenn es jedoch zum Verkauf kommen sollte, müsse das Gremium "seine politische Verantwortung übernehmen und mit in die Diskussion gehen". Es müsse genau abgeklopft werden, wie ein Verkauf ablaufen würde und was dieser für alle Beteiligten bedeuten würde. Dass es schon nach rund fünf Jahren der KWG im Fonds der ZBI zu einer solchen Situation kommt, macht Zwingmann daran fest, dass in der freien Wirtschaft Entscheidungen zum Teil schnelllebig seien.
Ob ein Rückkauf der Immobilien für die Kreisstadt realisierbar wäre, stellt Zwingmann angesichts der Wertsteigerung nach der Sanierung der Kronacher Objekte und hinsichtlich der Finanzkraft der Stadt in Frage. Die überraschende Entscheidung der ZBI hat Jonas Geissler, Fraktionsvorsitzender der CSU, sichtlich ins Mark getroffen. Er spricht von einem Schock. Und er befürchtet, dass bei den Mietern dadurch wieder Zukunftsängste aufkeimen könnten, auch wenn sie rechtlich weiter abgesichert seien. Politisch gelte es nun, die Unsicherheit, wie es mit den KWG-Immobilien weitergeht, auszumerzen. Wichtig wäre Geissler vor allem, dass es bei einem Verkauf nicht zu einem Herauslösen von Einzelobjekten kommt. Für die Stadt erwartet er nun einen steigenden Druck selbst wieder im sozialen Wohnungsbau aktiv zu werden. Hierfür schweben ihm verschiedene Modelle vor.
Auch Peter Witton (Grüne) liegt der soziale Wohnungsbau besonders am Herzen. Deshalb warnt er davor, jetzt wieder Altlasten auszugraben. Der Blick müsse vorwärts gerichtet werden. "Wenn es finanziell machbar ist, würde ich einen Rückkauf favorisieren", bezieht Witton klar Stellung zu den KWG-Gebäuden. Sollte diese Option jedoch die finanziellen Möglichkeiten der Stadt sprengen, dann müsse man sich intensiv Gedanken machen, wie solcher Wohnraum auf anderem Wege bereitgestellt werden könnte. Die Stadträtinnen der Frauenliste waren gestern leider nicht für ein Gespräch erreichbar.