Kronacher Gymnasien warten auf die ersten G9-Schüler
Autor: Marco Meißner
Kronach, Mittwoch, 31. Mai 2017
Die Rückkehr zu einem neunjährigen Gymnasium in Bayern ist beschlossene Sache. Was bedeutet das konkret für die Kronacher Schüler?
Das Aufatmen in der Kreisstadt ist groß: Das neunjährige Gymnasium kehrt zurück. Die Verantwortlichen des Kaspar-Zeuß- (KZG) und des Frankenwald-Gymnasiums (FWG), Schulleiterin Renate Leive und geschäftsführender Schulleiter Alf Merkel, freuen sich über diese Entwicklung.
Sie ist das Resultat des Pilotprojekts "Mittelstufe plus" und der laut Merkel daraus resultierenden elterlichen "Abstimmung mit den Füßen". Sprich: Die Nachfrage nach dem G9 war so groß, dass die Politik dem Elternwillen letztlich nachgab. Doch was bedeutet das neue gymnasiale System für die beiden Kronacher Schulen konkret? Wir klopfen acht Punkte ab.
1. Wie zufrieden sind die Schulen mit der Abkehr vom G8?
Alf Merkel spricht von über 80 Prozent der Schüler/Eltern, die sich heuer im entsprechenden Jahrgang am FWG für die Mittelstufe plus ausgesprochen haben. Das zeigt seiner Ansicht nach, dass ein neunjähriges Gymnasium der Wunsch der breiten Mehrheit ist. Einer Mehrheit, der sich auch die Pädagogen an beiden Kronacher Gymnasien anschließen. Das bestätigt Renate Leive angesichts des "Ja" zum G9 für alle bayerischen Gymnasien: "Ich kenne keinen, der nicht froh ist über die Entscheidung zur Einheitlichkeit. Und ich kenne nur wenige, die nicht froh sind, dass es das G9 wurde." In einer Eltern-Umfrage an ihrer Schule hätten sich rund 90 Prozent der Teilnehmer für ein neunstufiges Gymnasium ausgesprochen.
2. Ab wann sind die Schüler G9er?
"Ab sofort sind alle Schüler, die in die fünfte Klasse ans Gymnasium kommen, G9-Schüler", stellt Leive fest. Eigentlich geht es zwar erst im übernächsten Schuljahr offiziell mit dem neuen System los, weil sich aber am Lehrplan in der fünften Jahrgangsstufe nichts Wesentliches ändert, können die nächsten Fünftklässler ab der sechsten Klasse reibungslos im G9-System weitermachen.
3. Am FWG greift noch das Pilotprojekt Mittelstufe plus. Wie geht es damit und mit den Zwischenjahrgängen - die jetzigen Fünft- und Sechstklässler - weiter?
"Wir werden eine Zeit lang drei verschiedene Gymnasien am FWG haben", stellt Merkel fest. Dann wird es das G8, die Mittelstufe plus und das G9 geben. "Bis jetzt haben wir das gut gemanagt", fügt Christian Pfadenhauer (Mitglied der Schulleitung) mit Blick auf G8 und Mittelstufe plus an. Daher sind beide zuversichtlich, dass das Kollegium auch das Springen zwischen drei Systemen schaffen wird.
Den jetzigen Fünft- und Sechstklässlern bleibt die Möglichkeit offen, auf die Mittelstufe plus zurückzugreifen. Bis das G9 greift, dürfen die Projektschulen - aber nur diese - die Mittelstufe plus aufrecht erhalten. Alternativ dazu ist den "Zwischenjahrgängen" natürlich der Besuch des auslaufenden G8 möglich. Die Schüler, die bereits am KZG unterrichtet werden, werden weiter im G8 bleiben.
4. Was passiert mit Schülern des letzten G8/Mittelstufe-plus-Jahrgangs, wenn sie ein Jahr wiederholen müssen?
"Wiederholer fallen in einen neuen Lehrplan, in ein System der Dehnung", sagt Merkel. Da im G9 das Lerntempo entschleunigt werde, sollten sie mit dem Wechsel keine Schwierigkeiten haben.
5. Wie ist es um die "Gelenkklasse" in der Elften und mögliche "Überspringer" bestellt?
Renate Leive erinnert daran, dass es schon immer die Möglichkeit gegeben habe, eine Jahrgangsstufe zu überspringen. "Soweit ich es überblicken kann, ist das aber sehr selten wahrgenommen worden." Mit der neuen Möglichkeit, gezielt in der elften Klasse zu überspringen, bestehe jetzt die Chance, die Schüler langfristig auf diesen Schritt vorzubereiten. Dabei komme es den Jugendlichen entgegen, in jüngerem Alter noch im angestammten Klassenverbund bleiben zu können. Auf Grund des neuen Konzeptes erwartet Leive auch, dass die Zahl der Schüler wieder steigt, die ein Auslandsjahr einlegen. Merkel lobt die "angedachten Zusatzkurse am Nachmittag", in denen sich überspringende Schüler ab der achten Klasse auf ihren Schritt in der Elften gezielt vorbereiten können.
6. Der neue "Lehrplan plus" erreicht im kommenden Schuljahr die fünften Klassen. Ein Problem?
"Eigentlich ist es gut. Wenn sie umstellen, dann jetzt", meint Pfadenhauer zur G9-Einführung. Merkel pflichtet ihm bei, dass der neue Lehrplan zwar noch etwas gedehnt und modularisiert werde, aber im Prinzip genau zur rechten Zeit das Gymnasium erreiche.
7. Das KZG hatte den Nachteil, beim Pilotprojekt Mittelstufe plus nicht berücksichtigt worden zu sein. Wie war dadurch die Entwicklung, und welche Erwartungen gibt es nun?
Renate Leive spricht davon, dass das Pilotprojekt "in einem gewissen Grad Einfluss" auf die Schüler-/Elternentscheidungen gehabt habe. Vereinzelt seien Schüler wegen der Mittelstufe plus ans FWG gewechselt. "Es war aber keine Riesenzahl." Nun ist sie froh, dass eine einheitliche Lösung für alle bayerischen Gymnasien gefunden wurde. Für die Umstellung rechnet sie mit einem Mehraufwand für die Lehrer, doch der werde gerne in Kauf genommen. Einen großen Vorteil erwartet sich Leive vor allem für die Bus fahrenden und die in Vereinen und Ortsgemeinschaften engagierten Schüler, da es weniger Nachmittagsunterricht im G9 geben wird.
8. Was ändert sich durch das G9, was bleibt gleich?
Während durch die Mittelstufe plus in den mittleren Jahrgangsstufen der Stundenplan entschärft wurde, wird nun die gesamte Zeit der Schüler am Gymnasium entschleunigt. Gleichzeitig soll das G9 den Stoff vertiefter vermitteln. Wichtige Bereiche für unsere Gesellschaft kommen wieder stärker zum Tragen. Informatik, Geschichte, Sozialkunde sollen gestärkt werden, "ohne etwas anderes zu kürzen", wie Alf Merkel betont.
Renate Leive verweist darauf, dass es bei der zweiten Fremdsprache ab der sechsten Klasse bleiben wird - eine auch unter Lehrern umstrittene Entscheidung. Einerseits verursache dieser frühe Start eine Zusatzbelastung für die Schüler, andererseits seien jüngere Schüler offener für das Erlernen von Sprachen, so Leive.
Was auch beibehalten wird, sind laut Christian Pfadenhauer die Seminare in der Oberstufe und das Abitur in fünf Fächern (Deutsch, Mathematik, Fremdsprache und zwei weitere Fächer). "Die Rückkehr zu Leistungskursen war mal im Gespräch, aber sie soll nicht kommen."