Kronacher Gymnasiasten machen "Überstunden"
Autor: Heike Schülein
Kronach, Samstag, 31. Januar 2015
Die Kronacher Gymnasien fanden das Konzept der Workshops durch Unternehmen so gut, dass sie sich an einer "BDS-Schüler-Akademie" beteiligen.
Hilfsbereit, offen für andere Meinungen, aufmerksam und flexibel - diese Eigenschaften eines effektiven Teamplayers stehen auf einem großen Plakat, das Max, Georg und Wiebke an einer Stellwand in einem Klassenzimmer anbringen. Der reguläre Unterricht ist längst vorbei, als die drei Schüler am Freitagnachmittag im Kaspar-Zeuß-Gymnasium (KZG) freiwillig "Überstunden" leisten.
Der Bereitschaft und Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern kommt ein immer größer werdender Stellenwert im Unternehmen zu. Das wissen die rund 50 Neuntklässler, die seit einigen Wochen in Kleingruppen an verschiedenen Workshops teilnehmen, um im Februar gut gewappnet ins Praktikum gehen zu können. Auf freiwilliger Basis beteiligten sie sich an der Probephase einer Schüler-Akademie des "Bundes der Selbständigen" (BDS) Kronach.
In kleinen Gruppen
"Ich habe in den Workshops viel gelernt. Gerade das Arbeiten in den kleinen Gruppen fand ich gut", erklärt Georg. Bestimmte Dinge habe er auch schon gewusst beziehungsweise ableiten können - beispielsweise, als es um die Umgangsformen ging. "Man weiß schon, dass man grüßt und jemandem die Tür aufhält", so der Welitscher. Die Trainings seien spannend gewesen und hätten ihm gut gefallen. Es gehe auch oft um Kleinigkeiten. "Das ist eine große Chance für Schüler in meinem Alter. Sollte das nächstes Jahr wieder angeboten werden, sollten alle mitmachen. Es ist auf alle Fälle sehr vorteilhaft für das Praktikum", appelliert der 14-Jährige, der einmal Psychologe werden möchte.
Auch seine Mitschüler, die Zukunftscoach Gabriele Riedel in einer Abschlussrunde nach ihren Erfahrungen gefragt beziehungsweise um Anregungen gebeten hatte, zeigten sich angetan. Die Gruppe von Georg, Max und Wiebke haben bereits die vier Angebote abgeschlossen. Andere Neuntklässler des KZG durchlaufen am kommenden Freitag ihren letzten Workshop. Auch am Frankenwald-Gymnasium (FWG) läuft das Projekt noch. Hier nehmen daran Elftklässler im Rahmen der P-Seminare teil.
Riedels Dank galt insbesondere den Firmenvertretern für deren Beteiligung am neuen Projekt. Miriam Baierlipp und Yvonne Jahn von W.o.m. Ludwigsstadt vermittelten Teamarbeit, Monika Baumann von der Firma Rauschert Steinbach am Wald "Telefontraining". Sybille Fugmann, Personaltraining Coburg, bot den Workshop Business-Knigge an, während Christina Söllner und Dominik Zwosta von der Firma Wiegand Steinbach am Wald das Bewerbungstraining abhielten. Letzteres fand nicht an einem Freitagnachmittag, sondern als Gemeinschaftsveranstaltung für die komplette Jahrgangsstufe in einer regulären Klassenstunde am Vormittag statt. Auch das Resümee der Referenten fiel positiv aus. "Die Teamarbeit war sehr gut. Die Teilnehmer machten gut mit und zeigten viel Interesse. Es kamen gute Beiträge", loben Baierlipp und Jahn. Auch Baumann pflichtet ihnen bei: "Die Schüler waren sehr motiviert. Man hat gemerkt, dass es eine freiwillige Veranstaltung war. Es war ein sehr angenehmes Arbeiten." Ein Schüler, den sie bereits von der Ausbildungsmesse her kenne, habe konkret nach einem Praktikumsplatz gefragt. "Durch solche Workshops können also auch Kontakte geknüpft werden", ist sie sich sicher.
Die Idee für die Schüler-Akademie sei - so Riedel - gemeinsam mit der Wirtschaftslehrerin am KZG, Susanne Durynek, entstanden. Die Lehrerin sei auf der Suche nach einer guten Praktikums-Vorbereitung ihrer Schüler gewesen. Gleichzeitig habe man selbst überlegt, wie man die Azubi-Akademie weiterentwickeln könne. "Von unseren insgesamt rund 100 Neuntklässlern, die im Februar ihr Praktikum machen, nahm rund die Hälfte am Angebot teil", freut sich Durynek. Für jedes der vier Angebote hatten diese einen kleinen Obolus entrichtet.
Schritte in die Arbeitswelt
Der enorme Zuspruch und auch die Tatsache, dass sie dafür ihre freien Freitagnachmittage "opferten", zeige, wie notwendig und sinnvoll sie diese Vorbereitung erachteten. Die vier ausgewählten Themen seien erste Schritte in die Arbeitswelt.
Laut Riedel will man mit dem neuen Angebot den Schülern auch zeigen, wie viele berufliche Perspektiven und tolle Firmen es im Landkreis gibt. Leider kämen von jungen Leuten immer wieder Aussagen wie: "Ich würde gerne im Landkreis bleiben, aber bei uns gibt es ja keine Möglichkeiten." Auf Grund des positiven Resümees beider Seiten will man das Schüler-Angebot auch im nächsten Jahr weiterführen. Auch Christian Mitter, Vorsitzender des "Bundes der Selbständigen" (BDS) Kronach, ist sich sicher, dass die Zusammenarbeit mit der Schule zu wechselseitigem Erfolg führe. Es sei gut, nicht nur an die Auszubildenden heranzutreten, sondern auch an die Schüler. Auf Basis der an den Gymnasien gemachten Erfahrungen könne man das Angebot sicherlich noch optimieren. Die nächste Stufe könne dann ein schulübergreifendes Angebot sein. Er wie auch Riedel seien diesbezüglich für alle Anregungen offen und dankbar. Interessierte können sich mit ihnen in Verbindung setzen. Die Gymnasiasten erhalten als Anerkennung für ihre Teilnahme ein Zertifikat.
Die Azubi-Akademie
So funktioniert sie In Großbetrieben gibt es den Betriebsunterricht schon lange. Durch das professionelle Schulungskonzept der "BDS-Azubi-Akademie" haben auch die Auszubildenden von Klein- und mittelständischen Betrieben die Chance, diese Kompetenz vermittelt zu bekommen.
Unterricht Die Auszubildenden der einzelnen Betriebe treffen sich regelmäßig zum gemeinsamen Unterricht, den die teilnehmenden Unternehmen abwechselnd halten. In Workshops wird mit den Jugendlichen gearbeitet. Dabei werden Kompetenzen trainiert und Wissen vermittelt. Im ersten Jahr waren in Kronach 72 junge Leute dabei.
Projekt Bei der Azubi-Akademie handelt es sich um ein Projekt des BDS, das vom Landkreis und Firmen mitgetragen wird.