Druckartikel: Kronacher Geschichte auf Straßenschildern

Kronacher Geschichte auf Straßenschildern


Autor: Dominic Buckreus

Kronach, Montag, 30. Januar 2017

In den Straßennamen spiegelt sich die Geschichte Kronachs wider. Sie erzählt von Ausgegrenzten, Kriegen, Revolutionären und moderne Märtyrern.
Foto: Dominic Buckreus


Sie stehen auf Schildern, hoch gehangen über der Straße oder an Häuserwände genagelt. Unsere Straßennamen machen es einfacher, uns in den Städten zurechtzufinden. Wir schreiben sie auf Briefumschläge oder tippen sie ins Navigationsgerät ein. Manche muten etwas skurril an: Brunnschrott, Giessübel oder Brand. Andere tragen den Namen berühmter Söhne und Töchter. Eines haben sie aber gemein: Sie erzählen die Geschichte der Stadt.

Für Kronach beginnt diese etwa am Krahenberg. Darin versteckt sich ein Hinweis auf den Namen der Stadt. Cranaha hieße sie einst, schreibt Ludwig Hertel in seiner "Geschichte Kronachs in Straßennamen". Vom Althochdeutschen übersetzt etwa Kranichwasser oder Krähenwasser. Der Krahenberg ist wohl eine Abkürzung für den ursprünglichen Namen. Eine Straße der kleinen Leute soll sie immer gewesen sein - für Flößer, Fischer oder Dachdecker.


Die Ausgegrenzten

Die noch kleineren Leute lebten im Mittelalter im Siechenhaus. Bis 1970 stand es in der Siechenangerstraße. Dort wo diese in die Kulmbacher Straße mündet. Um 1900 wurde sie nach dem Ort benannt, an dem die "Aussätzigen" oder "Siechen" der Gesellschaft um Almosen betteln konnten, erklärt Hertel.

Andere Ausgegrenzte wurden in eigene Viertel gepfercht: die Juden. "Frei in der Stadt zu leben, war ihnen untersagt", schreibt Hertel. Seit 1532 trägt die Judengasse in der oberen Stadt ihren Namen. Jüdische Siedler wurden schon 1298 in Kronach nachgewiesen.


Die Kriege

Eine andere religiöse Gruppe erreichte die Stadt im Jahr 1430. Die revolutionären Hussiten, nach dem Magister Jan Hus aus Prag benannt, zogen durchs Land und drangen bis in die Kronacher Vorstadt. Die Verteidiger steckten ihre eigene Stadt daraufhin in Brand und schlugen die Angreifer damit in die Flucht. An den Kampf erinnern seit 1900 noch Hussitengasse und -platz bei der Weka.

In den folgenden Jahrhunderten blieb die Lage für die Stadt weiter bedrohlich. Vielleicht brachte Kronach auch deshalb einige bedeutende Büchsenmacher hervor, wie etwa Andreas Limmer. Dessen Gießhütte stand früher in der Judengasse 4, erklärt Hertel. Auch in der Strau kaufte er sich ein Haus, dort wo heute die evangelische Kirche steht. Für das katholische Pendant hat er 1652 auch drei Glocken gegossen.

Büchsenmacher wie ihn brauchten die Kronacher besonders im Dreißigjährigen Krieg, als sie ihre Festung tapfer gegen die Schweden verteidigten. Von den Ereignissen erzählte Johann Nikolaus Zitter besonders genau in seiner "Zitter-Chronik" von 1661. Seit 1935 ist die Straße nach ihm benannt, der auch lange Bürgermeister der Stadt war.


Revolutionäre und Märtyrer

Ein anderes Stadtoberhaupt machte sich um die Einheit Deutschlands verdient. Genauer gesagt die Einheit, welche die Revolutionäre von 1848/49 forderten. Georg Carl Mertel hielt "flammende Reden" im ganzen Frankenwald, beschreibt Hertel in seinem Buch. Dafür schickten ihn die Bürger sogar in die Frankfurter Paulskirche zur Nationalversammlung und benannten nach ihm die Bürgermeister-Mertel-Straße.

Auch Matthias Kaiser machte sich um das Land verdient und bezahlte dafür mit seinem Leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte er eigentlich Priester werden. Die Nationalsozialisten richteten den gebürtigen Kronacher 1944 aber wegen "Feigheit vor dem Feind" hin, wie es in Hertels Buch heißt. Seinen christlichen Glauben habe er im Angesicht des Todes stets aufrecht erhalten. Deshalb werde Kaiser "zu den Märtyrern des 20. Jahrhunderts gezählt", schreibt Hertel.

Für die Überlebenden des Kriegs engagierte sich vor allem Dr. Ludwig Vierling. Er machte sich stark für die heutige Heimkehrersiedlung, die Anfang der 50er Jahre für die Kriegsheimkehrer errichtet wurde. Eigentlich sollte die Straße auch nach ihm benannt werden, doch die Stadt entschied sich für die kürzere Variante, erklärt Ludwig Hertel.