Kronacher Freischießen: Rechtsanwalt des Klägers bezieht Stellung
Autor: Lisa Kieslinger, Marco Meißner
Kronach, Mittwoch, 12. Juli 2017
Der Rechtsanwalt des Klägers, Alexander Reitinger, erklärt, warum sein Mandant gerichtlich gegen die XXL-Nächte vorgeht.
Nun steht der Termin: Am 28. Juli soll vor dem Bayreuther Verwaltungsgericht entschieden werden, ob es die XXL-Nächte beim Kronacher Freischießen auch in diesem Jahr geben wird. Ein Anwohner hat bereits im vergangenen Jahr dagegen geklagt. Rechtsanwalt Alexander Reitinger aus Sonneberg erklärt, warum sich sein Mandant vor allem an den "nicht traditionellen" Bestandteilen des Festes stört und was durch die Klage erreicht werden soll.
Warum kam es zur Klage gegen die Freischießen-Öffnungszeiten?
Alexander Reitinger: Das traditionelle Freischießen war und ist auch für den aktuellen Kläger unproblematisch. Schluss war spätestens um 24 Uhr. Mit der Überschreitung von Lärmgrenzwerten zwischen 22 und 24 Uhr hatte man sich aufgrund der Tradition abgefunden. Ab dem Jahr 2008 wurde mit der bestehenden Tradition des Freischießens gebrochen und sogenannte XXL-Nächte bis 3 Uhr eingeführt, die ab dem Jahr 2010 auch noch von der Anzahl her erweitert wurden (ab dann bis 2 Uhr). Bis 3 Uhr, teilweise auch bis 4 Uhr, trat keine Ruhe ein. Hier kam es schnell zu Beschwerden von Anwohnern. Im Jahr 2015 einigte sich ein anderer Anwohner mit der Schützengesellschaft unter Mitwirkung der Stadt Kronach auf eine Begrenzung der Öffnungszeiten. Diese wurden nachfolgend für das Kronacher Freischießen umgesetzt.
Welche Änderungen sollen auf diesem Weg erzielt werden?
Der jetzige Kläger ist ein anderer Anwohner und geht ausschließlich gegen die XXL-Nächte vor. Die traditionellen Öffnungszeiten - regelmäßig bis 23 Uhr, vor Sonn- und Feiertagen bis 24 Uhr - sollen unangetastet bleiben. Das Kronacher Freischießen soll deshalb nicht ausfallen, sondern nur auf den ursprünglichen, bis zum Jahr 2007 geltenden Festbetrieb begrenzt werden.
Wie sieht es mit der Rechtsprechung aus?
Die Rechtsprechung - und auch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie - erlaubt in Ausnahmefällen lediglich eine Verschiebung der Nachtzeit um zwei Stunden, das heißt von 22 Uhr auf 24 Uhr. Dann ist der Festbetrieb zu beenden. Die anderen großen Volksfeste in Bayern wie das Oktoberfest in München, das Nürnberger Volksfest oder die Bergkirchweih in Erlangen berücksichtigen dies völlig selbstverständlich. Spätestens um 24 Uhr ist Schluss, wenn nicht schon eher.
Sie stören sich vor allem an "nicht traditionellen" Bestandteilen des Festes. Welche sind dies, und wie kann eine Unterscheidung zwischen traditionell und nicht traditionell getroffen werden?
Volksfeste sind in Deutschland "im Brauchtum verankerte regional typische Feste", wozu natürlich auch das Kronacher Freischießen gehört. Auch der Zeitraum und die Öffnungszeiten des Festes gehören dazu.
Eine Tradition von XXL-Nächten gibt es nicht. Das wissen auch die Behörden und die Schützengesellschaft. Es gibt gute Gründe, die Meinung zu vertreten, es handele sich bei den XXL-Nächten nur um eine rein kommerzielle Angelegenheit.
Ob die mit der beabsichtigten Umsatzsteigerung - unter anderem von alkoholischen Getränken - einhergehenden Begleitumstände in den XXL-Nächten tatsächlich gesellschaftlich wünschenswert sind, dürfte sicherlich kontrovers diskutiert werden.
Die Klage richtet sich Ihrer Auskunft nach eigentlich gegen den Festbetrieb 2016. Sie wurde unseres Wissens bereits im August 2016 eingereicht. Wie ist hier die rechtliche Situation, dass trotzdem der künftige Festbetrieb vom Urteil mit abgedeckt wird?
Hier kommt eine Besonderheit des Verwaltungsprozessrechts zum Tragen. Bei einem Verwaltungshandeln von Behörden, die sich praktisch durch Zeitablauf erledigen, kann der Betroffene dennoch eine Klage fortführen, wenn zum Beispiel Wiederholungsgefahr droht. So ist es hier.
Das Gericht prüft die Rechtmäßigkeit des Behördenhandelns der Stadt Kronach bezüglich der Genehmigung für das Jahr 2016. Die von den Gerichten festgelegten Grundsätze muss dann die Stadt Kronach zukünftig zwingend beachten. Deshalb ist eine solche Klärung richtungsweisend.
Sie vertraten auch schon den früheren Kläger, mit dem die Schützen eine Einigung erzielt haben. Wäre ein solches Aufeinander-Zugehen auch in diesem Fall denkbar?
Ein Aufeinander-Zugehen sollte eigentlich immer möglich sein. Nur hatte die Schützengesellschaft bezüglich des aktuellen Klägers genau dies verhindert.
Was passiert, sollten Sie vor dem Verwaltungsgericht scheitern?
Das wird geprüft, wenn die Entscheidung vorliegt. Je nachdem, wer unterliegt, hat die Möglichkeit, den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München anzurufen. Die Rechtslage lässt allerdings die streitigen XXL-Nächte nicht zu.
Das Gespräch führten Marco Meißner und Lisa Kieslinger.
Das sagt der Schützenmeister
Gerade einmal zwölf Tage vor Eröffnung des Kronacher Freischießens soll die Klage vor der ersten Kammer des Verwaltungsgerichts in Bayreuth verhandelt werden.
Je nach Ausgang der Verhandlung könnte die Veranstaltung vor einige Probleme gestellt werden. "Es ist natürlich schwer, so kurz vor Beginn noch zu reagieren", erklärt Schützenmeister Frank Jungkunz. Doch man müsse erst einmal abwarten, wie das Gericht entscheidet und dann weiter sehen.
Was sagt er zu den Vorwürfen?
Die Vorwürfe, dass die Schützengesellschaft ein Aufeinander-Zugehen mit dem Kläger verhindert habe, weist Frank Jungkunz auf telefonische Nachfrage hin zurück. Er habe das nicht verhindert. Zudem sei nie jemand auf ihn zugekommen. "Ich hätte nie ein Gesprächsangebot ausgeschlagen. Ich bin und war immer bereit für ein Gespräch", so der Schützenmeister Frank Jungkunz. lk