Kronach: Traktor statt Backofen - Georg Oesterleins ungewöhnlicher Wechsel
Autor: Veronika Schadeck
Kronach, Mittwoch, 02. Januar 2019
Ursprünglich wollte Georg Oesterlein nach der Übergabe seiner Bäckerei Europa bereisen. Nun hat er sich mit 60 Jahren zum Nebenerwerbslandwirt ausbilden lassen und ist dabei, eine Hirschzucht aufzubauen.
Über 40 Jahre lang war Georg Oesterlein in der Backstube der Traditionsbäckerei Oesterlein zu finden. Während er sich mit der Herstellung von Brot, Brötchen, Kleingebäck und sonstigen Backwaren beschäftigte, ist er nun täglich auf seinem Öko-Wildgehege in Kronach zu finden. Dort beobachtet er seine Sikahirsche. Er kontrolliert regelmäßig die Umzäunungen des insgesamt 3,1 Hektar großen Geheges. Er dokumentiert alle Vorkommnisse im Gehegebuch. Er achtet darauf, dass genügend Futter, wie Heu oder eingelagerte Kastanien, in den Trögen vorhanden ist. Im Sommer ist das anders, erklärt Georg Oesterlein, da fressen die Sikahirsche alles, was im Gehege wächst.
Ältester Schüler
Georg Oesterlein hat vor wenigen Monaten seine Ausbildung zum "Junglandwirt" abgeschlossen. Zwei Wintersemester lang befasste sich der Bäckermeister an der Landwirtschaftsschule in Kulmbach, zusammen mit weiteren 40 Männern und Frauen , mit Pflanzen- und Tierproduktion, mit landwirtschaftlicher Betriebsführung, Steuern und sozialem Recht. Er absolvierte Praxistage bei verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben im Kulmbacher Land. "Ich war mit Abstand der älteste Schüler", sagt er mit einem verschmitzten Lächeln.
Und er ergänzt: "Wenn mir jemand vor fünf Jahren mal erzählt hätte, dass ich eines Tages unter einem Traktor liege, um Schweißarbeiten zu tätigen..."
Der 60-Jährige hält kurz inne und denkt nach: "Das Leben schreibt seine eigenen Gesetze!" Ursprünglich wollte Georg Oesterlein, nachdem er die Nachfolge in seiner Bäckerei geregelt hatte, mit seinem Wohnmobil Europa entdecken. Dann verstarb vor knapp drei Jahren sein Schwager. Zusammen mit seiner Frau Gerda hat er infolgedessen einen 15 Hektar großen Bauernhof mit Wiesen- und Waldflächen geerbt. Und: "Erben heißt auch Verantwortung zu übernehmen."
Statt sich mit Routen innerhalb Europas auseinanderzusetzen, dachte er nun über Möglichkeiten der Bewirtschaftung nach. Er unterhielt sich mit Schäfern und Landwirten. Auch hat er sich Wasserbüffel angeschaut. "Ich befasste mich mit der Frage, welche natürlichen Rasenmäher ich mir zulegen soll." Schließlich entschloss er sich für Sikahirsche. Diese Wildart ist recht pflegeleicht und winterhart, erklärt Oesterlein. Außerdem kommt das aus Ostasien stammende Tier hierzulande nur selten in Gehegen vor.
In den folgenden Wochen war er damit beschäftigt, die Voraussetzungen für sein Wildgehege zu schaffen. Dazu gehörte die Umzäunung des Geheges mit einem rund 1,2 Kilometer langen und zwei Meter hohen Zaun. Daneben prüfte er die Funktionsfähigkeit seiner beiden Traktoren. Weiterhin befasste er sich mit Motorsägen, Schutzkleidung. Auch absolvierte er einen Motorsägenlehrgang, um seinen Wald pflegen zu können.
Währen dieser Zeit las er in der Tageszeitung von einer Ausbildung zum Nebenerwerbslandwirt. "Für mich waren das neue Herausforderungen".