Kronach rüstet sich für unbegleitete junge Flüchtlinge
Autor: Heike Schülein
Kronach, Mittwoch, 22. April 2015
Die Zahl der Minderjährigen, die ohne Eltern nach Bayern kommen, nimmt rasant zu. Auch der Landkreis Kronach muss reagieren und mehr junge Flüchtlinge unterbringen. Die Ersten sollen schon im Mai ankommen.
Immer mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kommen nach Deutschland. Diese Entwicklung wird auch im Landkreis Kronach spürbar werden - und das noch in diesem Jahr. Wie Stefan Schramm, der Leiter des Kreisjugendamts Kronach, in der Vollversammlung des Kreisjugendrings erläuterte, muss der Landkreis nach ersten Schätzungen in diesem Jahr bis zu 28 solcher Jugendlicher aufnehmen.
Unter unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen versteht man Jugendliche unter 18 Jahren, die ohne Familienangehörige nach Deutschland kommen. "Sie können wie Erwachsene einen Asylantrag stellen, erhalten einen Vormund und unterliegen den Bestimmungen der Jugendhilfe", erklärte Schramm.
Erste Schätzungen liegen vor
Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie die Träger der freien Wohlfahrtspflege seien vom bayerischen Sozialministerium aufgerufen worden, geeignete Plätze für die Unterbringung zur Verfügung zu stellen. Für die Neuankömmlinge wurden Schramm zufolge an zentralen Standorten sogenannte Inobhutnahme-Einrichtungen unter dem Dach der Jugendhilfe geschaffen, um die Erstversorgung und das Clearing sicherzustellen.
Nach einer Verweildauer von etwa zwei bis drei Monaten sei ihre Verteilung auf die einzelnen Regierungsbezirke vorgesehen. Hier müssten dann die Jugendämter für eine bedarfsgerechte Versorgung der Minderjährigen in geeigneten Jugendhilfeeinrichtungen Sorge tragen.
"Während 2013 im Freistaat noch 574 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht werden mussten, waren es ein Jahr später schon mehr als 3500", informierte der Jugendamstleiter. Die Zuteilungsquote für Oberfranken betrage 8,9 Prozent, die für den Landkreis Kronach wiederum 6,4 Prozent. Das heißt, von den knapp 300 jungen Menschen, die 2014 im Bezirk untergebracht werden mussten, entfielen 18 auf den Landkreis Kronach.
Für 2015 rechnet man Schramm zufolge mit bis zu 5000 unbegleiteteten jungen Asylsuchenden in Bayern. "Nach diesen Schätzungen hat der Landkreis Kronach 2015 etwa 28 junge Menschen unterzubringen", so der Jugendamtsleiter.
Kosovaren auf Platz eins
Zum Jahresende 2014 waren dem Kreis neun unbegleitete Jugendliche zugewiesen. Die Regierung hatte zunächst angekündigt, dass Kronach im Januar 2015 zunächst zehn Jugendliche aufzunehmen habe. Da die Wohngruppe im Bürgerspital noch nicht zur Verfügung stand, erfolgte die Unterbringung am 6. Februar in einer Wohngruppe der Rummelsberger Dienste in Fassoldshof. Aktuell sind dem Landkreis Kronach 17 männliche Flüchtlinge zugewiesen. Mehrheitlich handelt es sich um Jugendliche aus dem Kosovo (7), aus Somalia (2), Eritrea (2) und Afghanistan (3). Zwei weitere kommen aus Marokko und aus dem Irak.
"Der Umzug der jungen Menschen von Fassoldshof in das Bürgerspital wird Anfang Mai 2015 erfolgen", berichtete Schramm. Die Jugendhilfe Fassoldshof solle baldmöglichst die Voraussetzungen für zwei "umF-Wohngruppen" mit jeweils zehn Plätzen in den Bürgerspital-Räumen schaffen. Die notwendigen Umbauarbeiten seien weitgehend abgeschlossen, die Möblierung folge noch.
Wohngruppen mit Selbstversorgung
Die Einrichtung ist für zwei heilpädagogische Wohngruppen mit Selbstversorgung konzipiert. Sie umfasst sechs Einzel- und sieben Doppelzimmer sowie pro Gruppe ein Ess- und Wohnzimmer sowie eine Küche und ein Büro. Besetzt ist jede Gruppe mit fünf Vollzeitstellen.
"Schon in den nächsten Wochen soll der Landkreis Kronach zehn weitere junge Menschen aufnehmen", so Schramm.
Insgesamt sei die Arbeit mit den jungen Flüchtlingen von sprachlichen, emotionalen und soziokulturellen Schwierigkeiten gekennzeichnet. Aus diesem Grund seien Sprach- und Kulturmittler von besonderer Wichtigkeit. "Zusammenfassend sind wir jedoch überzeugt, dass die minderjährigen Flüchtlinge eine qualifizierte Betreuung erhalten", betonte Schramm, der die Schaffung sozialer Netzwerke ankündigte.
Zentral und dezentral
Derzeit leben im Landkreis Kronach insgesamt 216 Asylbewerber, darunter sind 78 Kinder und 15 Jugendliche. Sie sind teilweise zentral in Sammelunterkünften untergebracht, teils dezentral. Viele Asylbewerber litten darunter, keiner Beschäftigung oder Arbeit nachgehen zu können.
Durch Hausaufgabenhilfe, Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache oder Vermittlung zwischen Elternhaus und Schule könne wertvolle Hilfe geleistet werden.