Kronach: Nach sechs Jahren schuldenfrei
Autor: Cindy Dötschel
Kronach, Mittwoch, 22. April 2020
45 Personen aus dem Kronacher Landkreis haben im letzten Jahr ein Privatinsolvenzverfahren beantragt. Um schuldenfrei zu werden, müssen sie einige Auflagen erfüllen.
Konsumstreben, gesundheitliche Probleme, private Schicksalsschläge: "Die Gründe, ein Verbraucherinsolvenzverfahren, das auch als Privatinsolvenzverfahren bekannt ist, zu beantragen, sind so unterschiedlich, wie sich das Leben nur darstellen kann", weiß Florian Wittmann. Zu den Klienten des Anwalts für Insolvenzrecht zählen sowohl Menschen, die berufstätig sind, als auch Hartz-IV-Empfänger. "Bei einem Blick hinter die Kulissen lassen sich die Gründe für die Verschuldung oft nachvollziehen."
Diese Voraussetzungen sind nötig
Jeden Monat erhalten Wittmann und seine Kollegen zwischen zehn und 20 Anfragen von neuen Klienten. Einen saisonalen Zusammenhang gibt es dabei seiner Einschätzung nach nicht. "Es gibt jeden Monat Schwankungen. Woran das liegt, ist uns unklar." Die Menschen suchen sich dann Hilfe, wenn ihnen bewusst wird, dass sie ihre Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen können. "Schulden ist ein sehr allgemeiner Begriff, mit dem alle vertraglichen Verbindlichkeiten gemeint sind, die jemand hat", erklärt der Kronacher. Darunter fallen zum Beispiel die Miete oder die Telefonrechnung.
Um ein Privatinsolvenzverfahren beantragen zu können, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein. "Der Antragsteller muss eine natürliche Person sein, er darf keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben. Vereinfacht gesagt darf er also kein Unternehmen führen. Außerdem muss der sogenannte außergerichtliche Einigungsversuch gescheitert sein", zählt Wittmann auf. Für den außergerichtlichen Einigungsversuch kann sich der Schuldner Hilfe bei Schuldnerberatungsstellen, einem Steuerberater oder einem Anwalt holen. "Gemeinsam wird dann eine Übersicht über alle Gläubiger und Verbindlichkeiten erstellt und geschaut, was der Schuldner an finanziellen Möglichkeiten, wie zum Beispiel eigenes Einkommen, hat", beschreibt der Anwalt das Vorgehen. Den Gläubigern wird dann eine Ausgleichssumme angeboten, die in der Regel nicht die Höhe der Schulden deckt. "Oft kommt es auch vor, dass den Gläubigern gar nichts angeboten werden kann." In der Regel scheitert der außergerichtliche Einigungsversuch.
Um das Privatinsolvenzverfahren schließlich zu eröffnen, muss ein Antrag beim zuständigen Insolvenzgericht gestellt werden. "Der Antrag wird vom Schuldner selbst oder von der Person, die auch den außergerichtlichen Einigungsversuch begleitet hat, ausgefüllt", berichtet Wittmann. Generell sei es auch möglich, dass Gläubiger den Insolvenzantrag stellen.
Ein zweiter Antrag ist notwendig
Wie Wittmann betont, ist es wichtig, gleichzeitig auch einen Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen: "Das Ziel ist es, schuldenfrei zu werden. Die Schuldner werden darauf hingewiesen, dass dafür ein separater Antrag notwendig ist." Das Privatinsolvenzverfahren, also die Verwertung der Insolvenzmasse an sich, dauert im Durchschnitt bis zu einem Jahr. Je nachdem, wie überschaubar das Vermögen des Schuldners ist. "Wenn der Schuldner zum Beispiel einer von sechs Miteigentümern eines Grundstücks ist, verzögert sich der Prozess", sagt er.
Sobald der Insolvenzverwalter sich eine Übersicht über die Schulden und das Vermögen gemacht hat, wird überprüft, ob verwertbares Vermögen vorhanden ist. Darunter würden unter anderem eine Heimkinoanlage oder ein Porsche fallen. "Ein adäquates Fahrzeug, das benötigt wird, um zur Arbeit zu kommen, wird nicht verwertet."
Regeln und Pflichten
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht beginnt gleichzeitig die sogenannte Abtretungsfrist - auch als Wohlverhaltensphase bekannt. Sie dauert in der Regel sechs Jahre. Der Schuldner tritt sein pfändbares Arbeitseinkommen an einen sogenannten Treuhänder ab. Der Arbeitgeber überweist in dieser Zeit monatlich den pfändbaren Betrag des Einkommens direkt auf das sogenannte Insolvenzsonderkonto.