Druckartikel: Kreisbibliothek Kronach: Zwischen Ausleihe und "Onleihe"

Kreisbibliothek Kronach: Zwischen Ausleihe und "Onleihe"


Autor: Anna-Lena Deuerling

Kronach, Montag, 17. Dezember 2018

Wie sich Bestand, Ausstattung und Lesevorlieben in den letzten 20 Jahren verändert haben, zeigt ein Blick in die Bücherregale der Kreisbibliothek .
Seit 19 Jahren ist Rudolf Pfadenhauer jetzt Hüter über die Bücher der Kreisbibliothek. Anna-Lena Deuerling


Drei Buchstaben haben um die Jahrtausendwende ausgereicht, um das Bibliothekswesen von Grund auf zu verändern: E - D - V. Mit der Umstellung auf Elektronische Datenverarbeitung hielt die automatische Recherche Einzug in Kronach und eröffnete damit ganz neue Möglichkeiten. PC statt Karteikarte und digitale Abfrage statt mühsamen Eintelefonierens - auch wenn man es sich mit Blick auf die heutigen Standards kaum vorstellen kann, war dies eine riesige Neuerung. Rudolf Pfadenhauer ist seit 2000 Leiter der Kreisbibliothek und hat nicht nur diese, sondern alle Erneuerungsprozesse begleitet, die seitdem das Bibliothekswesen aufgemischt haben. "Die meisten dieser Prozesse waren sehr segensreich", stellt er fest.

Stöbern oder Streaming

Kein Konkurrenzdruck durch digitale Angebote und Streaming-Dienste? "Wenn sich Dinge etablieren, muss man lernen, damit zu leben", sagt Pfadenhauer. Besser noch: Die Neuerungen zu seinem Vorteil nutzen und das Angebot entsprechend erweitern. So kann man seit 2010 nicht nur online den Bestand einsehen, vorbestellen und reservieren, sondern seit vier Jahren über die "Onleihe" ganz einfach digitale Medien wie E-Books, Hörbücher und E-Paper ausleihen, ohne einen Fuß vor die Tür zu setzen.

Seit Ende 2014 ist die Kreisbibliothek dem Verbund "Franken Onleihe" angeschlossen. Wer einen Bibliotheksausweis hat, kann sich mit der Nutzernummer und seinem Geburtsdatum als Passwort im Internet (www.kreisbibliothek-kronach.de) anmelden und dort auf über 45 000 digitale Titel zugreifen. Der Vorteil: Für jeden Titel sind meist mehrere Lizenzen vorhanden. Hat sich ein Nutzer ein besonders begehrtes Exemplar auf seinen E-Book-Reader geladen, können weitere Nutzer ihm das gleichtun. Die Leihfrist beträgt auch hier drei Wochen. "Der Vorteil für viele ist, dass man mit der Bibliothek nichts mehr zu tun hat", sagt Pfadenhauer.

Dass dieser Satz nicht gleichbedeutend mit dem Todesurteil für seinen Berufsstand ist, kann er allerdings im gleichen Atemzug begründen. "Die Kunden wissen, dass wir ausgewählte Werke in den Regalen haben - eben keinen Schund", sagt der Historiker.

Diese persönlich getroffene Auswahl und den persönlichen Kontakt, die Beratung, würden die Besucher schätzen - heute wie vor 20 Jahren. Viele Ausleiher kennt er seit Jahren, auch an diesem Nachmittag trifft er ein bekanntes Gesicht an der sogenannten "Selbstverbucher-Station". Dort können Besucher ihre Bücher mit Hilfe eines Scanners eigenständig ausleihen und zurückgeben.

Immer Neues entdecken

"Ich komme mindestens einmal im Monat", erklärt die Dame, während sie fünf Bücher in die Vorrichtung legt. "Das hat jetzt für drei Wochen gereicht", schätzt sie. Je schlechter das Wetter, desto höher der Bedarf an Lesestoff - gut, dass es immer wieder Neues zu entdecken gibt.

Denn der Bestand von aktuell etwa 45 000 Medien erneuert sich fortlaufend, erklärt Pfadenhauer. Dabei werde systematisch geprüft und abgefragt: Was wird nicht mehr gelesen? Was wurde lange nicht ausgeliehen? "Die Bücher sollen ja nicht nutzlos in den Regalen stehen."

Circa 4000 neue Medien arbeiten er und seine Kollegen jährlich in den Bestand ein. Die Auswahl der Neuheiten unterliegt noch dem Chef persönlich. Er zieht seine Auswahl zum einen aus Vorschlägen von Verlagen, ein spezielles Beratungsangebot für Bibliotheken beliefere ihn wöchentlich zudem mit rund 250 Vorschlägen.

"Wir berücksichtigen natürlich auch die Anschaffungswünsche der Kunden." Gleichzeitig versuche er Neuerscheinungen und Beststellerlisten im Blick zu behalten und verfolge regelmäßig, was bei großen Online-Händlern gefragt ist. Über den Verbund wachse auch das Online-Angebot weiter, allerdings sind die Nutzerzahlen hier hinter den Erwartungen. "Die Nutzung der Onleihe stagniert seit circa zwei Jahren", sagt der Leiter. Nur circa sechs bis sieben Prozent der Ausleihen liefen über die "Onleihe".

Sicher werde die Nachfrage nach elektronischen Medien in den nächsten Jahren weiter steigen, doch die schweren Regale werden deshalb lange nicht verschwinden. "Viele sagen: Ich möchte etwas in der Hand halten, ich muss das Papier, die Seiten anfassen können."