Der Onkel Doktor wohnt hier nicht mehr: Wege aus dem Hausarzt-Desaster in Franken
Autor: Marian Hamacher
Kronach, Freitag, 15. Februar 2019
Einst waren Hausarztstellen auch in ländlichen Regionen begehrt - doch solche Zeiten sind längst vorbei. Städte und Gemeinden sind nun gezwungen, innovative Wege zu gehen. Ein Blick in den Kreis Kronach.
Auf den Kreis Kronach rollt eine riesige Welle zu. Eine Rentenwelle. Knapp über 56 Prozent der in der Region niedergelassenen Hausärzte sind mindestens 60 Jahre alt. Die Folge: In naher Zukunft dürften gleich mehrere ihre Praxis aufgeben. Und Nachfolger sind nicht wirklich in Sicht. "Früher waren diese Arztsitze sehr begehrt", weiß der Wallenfelser Bürgermeister Jens Korn (CSU). "Ich glaube, das wird sich ändern."
Allein von den Zahlen her könne der hausärztliche Nachwuchs diese Lücken nicht füllen. Daher müsse sich jede Gemeinde Gedanken über die Formen machen, in der eine hausärztliche Versorgung zukünftig stattfinden kann.
Von einem Modell müsse man sich allerdings wohl verabschieden: Dem selbstständigen Arzt - dem klassischen Onkel Doktor. "Das wird in der Zukunft nicht mehr funktionieren", meint Korn. "Eigentlich funktioniert es schon jetzt nicht mehr."
Andere Faktoren
Das bestätigt das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). In den vergangenen Jahren sei "eine deutliche Zunahme der angestellten Hausärzte bayernweit und auch bundesweit zu beobachten", teilt LGL-Pressesprecher Aleksander Szumilas auf FT-Anfrage mit. Von den Ärzten, die 2017 in Bayern begannen, in einer Praxis zu arbeiten, entschieden sich nach Angaben des Landesamts 59,5 Prozent für ein Angestelltenverhältnis. Bundesweit waren es sogar 63,7 Prozent.
Das liege auch daran, dass es inzwischen vor allem Frauen sind, die ein Medizinstudium abschließen, vermutet Korn. "Und deren Lebensplanung ist von ganz anderen Faktoren abhängig." Eine Familie zu gründen falle in der Selbstständigkeit oft schwer. Wegen der sich nähernden Renteneintritte sieht er sogar "einen echten Veränderungsdruck. Da muss sich grundlegend etwas ändern". Daher gelte es Strukturen zu schaffen, in denen Mediziner als angestellte Hausärzte arbeiten können. "Damit tragen wir der Realität Rechnung. Das wird der Weg der Zukunft sein." Derzeit führe er daher erste Gespräche mit den unterschiedlichsten Partnern, mit denen eine solche Lösung möglich wäre.
Für Ludwigsstadt hat diese Aufgabe inzwischen die Erlanger Agentur "MiG - Management im Gesundheitswesen" übernommen. Schon vor Jahren habe er sich des Themas angenommen, sich dann irgendwann aber im Kreis gedreht, erzählt Ludwigsstadts Bürgermeister Timo Ehrhardt (SPD).