Kreis Kronach geht mit neuem Nahverkehrskonzept eine Mammut-Aufgabe an
Autor: Marian Hamacher
LKR Kronach, Montag, 20. November 2017
Ende 2019 soll ein neues Nahverkehrskonzept für den gesamten Kreis Kronach eingeführt werden. Konkreteres gibt es dagegen zu E-Ladesäulen.
Arm an Ereignissen war das Jahr 1995 sicherlich nicht: Die Mitgliedstaaten der EU unterzeichneten das Europol-Übereinkommen, das Bosman-Urteil des Europäischen Gerichtshofs veränderte den Transfermarkt im Profifußball und Andreas Möller schwalbte sich im Trikot des BVB gegen den Karlsruher SC in die Geschichtsbücher. Und in Kronach? Dort wurde ein Nahverkehrsplan eingeführt. Das Besondere: Er hat noch immer Bestand!
Ende 2019 soll es nun aber endgültig ausgedient haben und durch ein neues ersetzt werden - was in einem ersten Anlauf schon einmal scheiterte. "Wir setzen jetzt neu an, denn das alte Mobilitätskonzept war aus den unterschiedlichsten Gründen nicht umsetzbar", sagte Landrat Klaus Löffler (CSU) zu dem Modell, das noch sein Vorgänger Oswald Marr (SPD) initiiert hatte.
Das Ziel sei es bei dem neuen Konzept, dass der künftige Anbieter eigenwirtschaftlich fahren soll. Die Grundlagen, die für das Mobilitätskonzept erarbeitet wurden, fließen mit ein, denn es wird nur ein Teil des neuen Nahverkehrskonzepts sein. Denn zukünftig soll es zudem auch die Freistellungsverkehre der Gemeinden (FSV), den Linien-ÖPNV, den "Radlbus", den Stadtbus Kronach sowie zusätzliche Schulabbringer und Nachtlinien einen.
Saubere Verfahrensschritte
"Danke, dass der Landkreis die Verantwortung übernimmt und das Konzept auch für die Kommunen übernimmt. Das ist schon eine Mammutaufgabe", sagte Ludwigsstadts Bürgermeister Timo Ehrhardt (SPD). Die Wunschvorstellungen des Landkreises, die in einem neuen Konzept umgesetzt werden sollen, seien aber auch eine Kostenfrage, gab er zu bedenken.Der erste Schritt in Richtung eines neuen Nahverkehrskonzepts ist allerdings noch kostenlos. Der Kreisausschuss beschloss, im EU-Amtsblatt eine Vorabbekanntmachung zu veröffentlichen. Darin erhalten alle Verkehrsunternehmen die Gelegenheit, eigenwirtschaftliche Konzessionsanträge mit konkreten Fahrplänen zu erarbeiten und diese innerhalb von drei Monaten bei der Regierung von Oberfranken einzureichen. "Jetzt ist es wichtig, saubere Verfahrensschritte zu haben, um auch die Förderungen mitnehmen zu können", erläuterte Felix Berschin vom Planungsbüro "NahverkehrsBeratung Südwest".
Sein Büro habe sich auch schon Gedanken gemacht, wie es aussehen kann, dass Busse möglichst wenig stehen (siehe Grafik). Denn sollte in den kommenden drei Monaten kein Angebot eingehen, muss die "NahverkehrsBeratung" die Planung übernehmen.
Wichtig war den Mitgliedern des Ausschusses, dass das Rufbussystem in seinem bisherigen Ausmaß erhalten bleibt - was die Planer zusicherten. "Hinter den Bedienungsstandard, den wir damals erarbeitet haben, würden wir ungern wieder zurückfallen", fand auch Regionalmanager Willi Fehn.
Strom für E-Autos fließt bald an sechs Standorten im Landkreis
Der Weg ist frei. Zukünftig werden Fahrer von Elektroautos im Kreis Kronach an sechs verschiedenen Stellen ihren Wagen mit Öko-Strom laden können (siehe Infokasten). Das beschloss der Kreisausschuss am Montag einstimmig. "Wir diskutieren seit einem Jahr darüber, jetzt müssen wir einen Beschluss finden", sagte Landrat Klaus Löffler (CSU). Die Verwaltung habe sich viel Arbeit mit den Anträgen gemacht, nun müssten die Säulen nur noch angenommen werden.
Hans Rebhan (CSU) vermutet, dass es noch etwa zwei Jahre dauern wird, ehe die Säulen vermehrt genutzt werden, da "2019 Audi und VW die richtigen Vollstromer auf den Markt bringen" werden. Das habe er bei seinem Besuch als Oberfrankens IHK-Vizepräsident bei der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt erfahren. "Daher ist es gut, dass wir in zwei Jahren in ein anderes Modell wechseln können."
Dass dies trotz einer ansonsten festgelegten sechsjährigen Bindung an den Auftragnehmer möglich ist, bestätigte dem Ausschuss Edgar Müller, der als Kommunalbetreuer bei der Bayernwerk AG angestellt ist.
Abrechnung
Er stellte dem Gremium vier verschiedene Preismodelle vor, für die sich der Landkreis entscheiden kann. Abstand nahmen die Ausschussmitglieder gleich von einer Variante, nach der der Landkreis die Abrechnung übernommen hätte. Betreiber der Säulen soll daher nun die Firma "Charge-On" werden, die auch die Abrechnungssoftware und den Grünstrom liefert. Letzterer ist notwendig, um eine finanzielle Förderung zu erhalten.
Grundgebühr oder Flatrate
Abgerechnet werden soll nach dem Tarif "E.ON drive". Der sieht eine Flatrate für 49,95 Euro pro Monat vor oder einen Zeittarif, bei dem der Strom nach Minuten bezahlt wird. An einem Normal-Ladepunkt (AC) kostet den E-Autofahrer die Minute zehn Cent, an einer Schnellladesäule 20 Cent mehr. Hinzu kommt eine Grundgebühr, die 7,95 Euro beträgt. "Der Strom kommt von E.ON, aber niemand ist daran gebunden", antwortete Müller auf die entsprechende Frage von Ralf Pohl (SPD). "Jeder, der mit einer anderen Karte nach Kronach kommt, muss hier laden können." Wie bei einem Mobilfunkvertrag könne auch ein anderer Anbieter gewählt werden.
35 000 Euro Förderung
Die Ladesäulen dürften allerdings nicht falsch verstanden werden, betonte Bernd Liebhardt (CSU). "Es ist nicht die Aufgabe der Säulen, jeden zu versorgen, es ist nur ein zusätzliches Angebot." Auch strukturell müsse sich umgewöhnt werden. "Tankstellen gibt es schließlich nur, weil man Benzin zu Hause schlicht schlecht aufbewahren kann."Die einzigen Kosten, die auf den Landkreis zukommen, entstehen durch die Anschaffung sowie die Installation der Säulen. "Für die Kosten von 97 000 Euro bekommen wir rund 35 000 Euro Fördermittel", erklärt Löffler. Die Wartungskosten sollen die Kommunen tragen, erhalten dafür aber für jede geladene Minute einen Cent als Rückvergütung.
Standorte
An folgenden Stationen im Landkreis sollen E-Ladesäulen aufgestellt werden: Kronach: Eine Gleichstromladesäule für den Parkplatz an der Europabrücke sowie sogenannte Wallboxen (Wandladestationen) beim Kreiskulturraum und beim Parkplatz der Kreisbibliothek.
Steinbach am Wald: Eine AC-Ladesäule für den Parkplatz am Freizeitzentrum.
Neukenroth: Eine AC-Ladesäule für den Parkplatz bei der Firma Rebhan.
Steinwiesen: Eine AC-Ladesäule für den Parkplatz bei der Touristinformation.
Was im Kreisausschuss außerdem Thema war
Stefan Wicklein brachte für die Freien Wähler noch einmal die geplante Schließung des Amts für Ernährung und Landwirtschaft in Kronach in Erinnerung. So lange über die Zukunft des Amts noch nichts endgültig entschieden sei, "müssen wir nachhaken und dranbleiben". Dem Landrat dankte er, dass dieser im Juli einen Brief an den Staatsminister schrieb und für den Erhalt der Außenstelle warb.Als Ausfallentschädigung zahlt der Landkreis künftig 600 Euro pro Monat an den Markt Nordhalben. Dieser stellt seinen geschäftsleitenden Beamten Joachim Ranzenberger dafür zehn Stunden pro Monat ab, damit dieser sein Amt als Kreisbrandrat ausüben kann.
Ein Jahr früher als geplant wird ein neuer Salzstreuautomat angeschafft. Der Grund: Das rund 13 Jahre alte bisherige Modell passt nicht mehr auf das Fahrzeug des neuen Winterdienstunternehmens.