Kreativität war stets Kobers Trumpf
Autor: Sonny Adam
Steinwiesen, Samstag, 21. Juli 2012
Die Liebe zum Porzellan hat Rainer Kober immer geleitet. Sein Unternehmen in Steinwiesen sorgt stets für Überraschungen. Der 71-Jährige strahlt einen unglaublichen Optimismus aus.
"Meine Mutter war eine geborene Rauschert. Und die Firma Rauschert war ein Familienbetrieb", erzählt Rainer Kober. Als erfolgreicher Unternehmer, Kunstförderer und Kronach-Creativ-Initiator bringt er selbst immer wieder die Region nach vorne. Doch schnell wird klar: Der Erfolg ist dem heute 71-Jährigen nicht in die Wiege gelegt worden, auch wenn er einen nahezu unglaublichen Optimismus ausstrahlt.
Leicht war sein Berufsleben ebenfalls nicht. Immer wieder stand Rainer Kober vor Situationen, in denen er Kreativität beweisen musste, in denen er ums "Überleben" gekämpf hat. Er hat Tiefschläge verkraftet und nie aufgegeben.
Schon kurz nach seinem Einstieg in die Geschäftsführung im Jahr 1965 musste Rainer Kober eine schlimme Krise miterleben. Quasi über Nacht brach der gesamte Geschäftsbereich zusammen, auf den sich das damalige Unternehmen konzentriert hatte. In Steinwiesen wurden vor allem Bierflaschen-Verschlüsse aus Porzellan hergestellt. Außerdem gab es noch Steck- und Verteilerdosen sowie andere technische Utensilien - doch diese Geschäftsfelder machten nur einen kleinen Teil aus.
Dann stellten die großen Brauereien auf die Europaflasche mit Kronkorken um. "Wir hatten damals 180 Leute und mussten alle bis auf 60 entlassen. Wir haben dann mit dem Rest nur einen Tag in der Woche weitergearbeitet. Das war eine furchtbare Situation", schildert Rainer Kober diese Schicksalsjahre in Steinwiesen. Die Menschen hatten damals ihr Auskommen und ihre Perspektive verloren. Und von einer Absicherung, wie es sie heute gibt, konnten die Menschen nur träumen.
"Wir haben dann Geschenkartikel unter dem Namen ,Funny Design‘ auf den Markt gebracht", erinnert sich Kober und muss über die schrill-bunten Accessoires schmunzeln. Die kleinen Kerzenleuchter, in denen man Christbaumkerzen abbrennen konnte, Halter, mit denen man Senftuben ordentlich ausdrücken konnte, Setzkasten-Tiegelchen und all die anderen Minis verkauften sich millionenfach. "Wir haben die Sachen sogar in die USA exportiert. Und auf der 5th Avenue hat es ein eigenes Schaufenster mit unseren Funny-Design-Sachen gegeben", lacht Kober. Noch heute denkt er daran, dass Philipp Rosenthal bei einer Messe über die guten Ideen gestaunt hat.
Innovationen
"Wir galten als Innovatoren. Natürlich wurden wir kopiert und nach einem Vierteljahr wurde dann Ähnliches aus Japan, Taiwan und China eingeführt", erzählt Kober. Doch von dieser Nachmacherei hat er sich nie entmutigen lassen. Fortan fuhr der Unternehmer immer mehrgleisig: Er fertigte Design-Objekte, Schönes und technische Dinge. Und nebenbei baute er noch ein Verfahrenstechnik-Unternehmen auf, das inzwischen der drittgrößte Anbieter in Europa ist. Schließlich ist Kober ja gelernter Verfahrenstechniker.
Inzwischen hat sich Rainer Kober aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Er hat Benjamin Kube als General Manager die Entscheidungen überlassen. Das Unternehmen Kober in Steinwiesen ist heute eigenständig, gehört nicht mehr zur Rauschert-Gruppe. "Ich bin Rauschert noch heute dankbar, dass das Unternehmen in Steinwiesen nicht verkauft worden ist, sondern, dass ich meine Gesellschafteranteile gegen das Unternehmen eintauschen konnte", erklärt Kober.
Bis heute ist die Vielseitigkeit eine Maxime des Steinwiesener Unternehmens. Kober fertigt Porzellantürgriffe und Möbelgriffe, Beschläge und Porzellan-Accessoires fürs Bad. Im Trend liegen sogar wieder Steckdosen und Lichtschalter aus Porzellan. In strahlendem Weiß und mit neuer Technik. Aber auch Porzellan für technische Anwendungen gehören zum Portfolio. So gibt es Porzellanmischscheiben, speziell für Zahnärzte, auf denen - ohne ständigen Wasserauftrag - Füllungen angemischt werden können.
Designerprodukte
Und ein ganz spezielles Segment bei Kober sind Designerprodukte - ein Steckenpferd von Benjamin Kube. "Wir wollen ein individuelles, emotionales Design mit dem man sich typgerecht identifizieren kann und mit dem man seinen Gefühlen und Wünschen Ausdruck verleihen kann", charakterisiert der neue Geschäftsführer Kube seine ersten Entwürfe. Es klingt ein bisschen nach Psychologendeutsch. Und tatsächlich ist er gelernter Gestalttherapeut.
Er kam als freier Mitarbeiter zu Kober und arbeitete sich als Praktikant durch alle Abteilungen, um sich mit dem Werkstoff Porzellan vertraut zu machen. Jetzt ist er der Chef. "Es ist die Faszination des Werkstoffes Porzellan, die mich fesselt", sagt Benjamin Kube. Er ist deshalb überzeugt, dass er das Werk, welches Rainer Kober angefangen hat, in dessen Sinne fortsetzen wird.
So hat Benjamin Kube gemeinsam mit Designerin Ursula Haberstumpf eine Tassenserie entwickelt, die unterschiedliche Gefühle ausdrückt: eine Freude-Tasse mit geschwungenem Bauch und feinem Henkelchen, eine verrückt geschwungene Verführungs-Tasse, die ein bisschen an die Kurven einer Frau erinnert, eine klobige und eckige Kraft-Tasse, die fest auf dem Boden steht und eine Geborgenheits-Tasse, bei der sich der Henkel an die Tasse anlehnt. Doch es gibt auch eine Aggressions-Tasse mit gefährlich aussehenden Noppen, eine Traurigkeitstasse mit einem stilisierten Riss in der Mitte und eine Verwirrungstasse mit zwei Henkeln. Eine Geschenkidee sind Engels-Botschafts-Tassen, die ein beschreibbares Feld haben. Doch Kober alive, wie sich die Designer-Sparte nennt, hat noch mehr zu bieten: Leuchter mit integrierten Naturmaterialien, Skulpturen und Kunstwerke, Tischleuchten, ja sogar erotische Lichtobjekte.
Housnkuh am Schlüsselbund
Derzeit wird in Steinwiesen auch ein bisschen der Lokalpatriotismus gepflegt: Denn die Kronicher Housnkuh wird in Form eines kleinen Schlüsselanhängers "geboren". Aus einem Modell kreieren die Porzellan experten die kleine Figur. Und weil die Kronacher mit dem Housnkuh-Trick einst die Belagerung der Schweden geknackt haben, bekomme die Kronicher Housnkuh ein Herz-Schwänzchen, sagt Benjamin Kube mit einem Lachen.
Er hat noch viele Ideen, wie die Steinwiesener Firma in die Zukunft gehen soll. Gerade hat er auf einer Messe eine Druckgussmaschine vorgestellt, die nicht hydraulisch arbeitet, sondern rein mechanisch. Sie sorgt für eine kleine Revolution bei der Herstellung von Ofenfliesen und ähnlichem. "Wir haben schon 20 ernsthafte Interessenten", freut sich Kube und fügt hinzu: "Wir bieten auch Lösungen an."