Druckartikel: Kreativität ist keine Frage des Alters

Kreativität ist keine Frage des Alters


Autor: Heike Schülein

Kronach, Mittwoch, 09. Juli 2014

Seit 14 Jahren besteht die Kunst-Patenschaft "KIS - Kunst im Seniorenheim" des BRK-Seniorenhauses Kronach mit der RS II. Jetzt entstanden farbenfrohe, von Realschülern und Senioren gemeinsam gemalte Bilder.
Tina Katholing, Elfriede Müller, Marianne Kriegel und Hannah Ebert hatten viel Spaß beim Malen. Foto: Schülein


Tina und Hannah tauchen ihre Pinsel in grüne Acryl-Farbe und streichen damit verschiedene Baumblätter dick ein. Dann pressen sie die Blätter fest auf zwei Papierbögen und ziehen sie vorsichtig ab. Nach und nach vervollständigen Schmetterlinge, Schnecken und Maikäfer, Blumen und eine Sonne die kleinen Kunstwerke, gemalt ebenfalls mit Acryl-Farbe oder Wachsmalstiften.

Die beiden Schülerinnen mit dem Profilfach Kunst an der Siegmund-Loewe-Schule lassen an diesem Nachmittag im Garten des BRK-Seniorenhauses Kronach schöne Sommerbilder entstehen. Hilfe erhalten sie dabei von zwei Heimbewohnerinnen: Marianne Kriegel (Jahrgang 1926) sowie Elfriede Müller, die 91 Lenze zählt.

Besonders Elfriede Müller ist voll in ihrem Element.

Erinnerungen werden wach, ist sie doch sozusagen vom "Fach". "Ich war von 1937 bis 1945 als Porzellanmalerin in der Königlich privilegierten Porzellanmanufaktur Tettau beschäftigt", erzählt sie. Für ihren Beruf habe sie vor allem eine ruhige Hand gebraucht, zittrig habe man da nicht sein dürfen.

Heute - 70 Jahre später - merkt man ihr diese Fingerfertigkeit noch immer an. Sie hat einen sehr feinen Pinselstrich, wie auch ihre Malpartnerin Tina anerkennend feststellt.

"Wir hatten früher nicht so die Möglichkeit zum Malen", bedauert Marianne Kriegel, die einst als Sekretärin arbeitete. Die gebürtige Tettauerin lebte in der Kreisstadt, bevor sie ins Seniorenheim zog. "Wir hatten aber viele selbstgemalte Bilder in unserer Wohnung. Mein Mann und mein Onkel malten. Ich hatte da kein Geschick dazu", verrät sie schmunzelnd.

Die gemeinsame Malstunde mit den jungen Leuten gefällt ihr aber trotzdem sehr gut. Und an Ideen mangelt es ihr schon gar nicht. "Ich fühle mich heute fast so, als ob ich nochmals in der Schule wäre", lacht sie.

Seit fast 30 Jahren Partner

Tina Katholing und Hannah Ebert sind noch in der Schule, genauer gesagt in der RS II. Die beiden 16-Jährigen nehmen am KIS-Projekt teil, das offiziell 2000 ins Leben gerufen wurde. Die Partnerschaft zwischen der Realschule und dem Seniorenheim besteht aber schon länger, fast 30 Jahre.

Nach der Errichtung des BRK-Seniorenhauses gab es Kontaktgespräche mit der damaligen Heimleiterin Marianne Schmidt. Nachdem sich die Patenschaft zunächst auf Praktika, freundschaftliche Besuchsdienste sowie Brieffreundschaften beschränkte, kam im Schuljahr 1991/1992 die Kunst mit ins "Spiel". Dabei handelte es sich um eine Gruppenarbeit in Form eines Wandgemäldes nach Lucas Cranach "Der Jungbrunnen".

Seit dem Jahre 2000 initiierte man alljährlich eine farbenfrohe Ausstellung im BRK-Seniorenhaus mit von Realschülern gemalten Bildern. Jahr für Jahr wurde auch gemeinsam eine Vernissage gefeiert, bei der die jungen Leute den Heimbewohnern ihre Bilder vorstellten.

Heuer entschieden sich die beiden Hauptverantwortlichen - die Kunst-Fachschaftsvorsitzende und zugleich KIS-Projektleiterin Arnhild Schlingschröder sowie die Beschäftigungstherapeutin Sonja Geißler - dafür, neue Wege zu gehen. "Wir wollten das Projekt heuer mal anders gestalten. Wir haben ja sonst immer nur die Bilder aufgehängt, die die Heimbewohner dann betrachten konnten. Heuer wollten wir die Senioren mehr mit einbeziehen. Sie sollen sich selbst in Kunst versuchen", so Sonja Geißler, die seitens des Seniorenheims mit den Hausmeistern von Anfang an in Sachen Organisation und Vorbereitung fest im Projekt eingebunden ist.

An den Tischen im Beschäftigungsraum sowie im Garten wurden deshalb kleine "Malstationen" aufgebaut, an denen jeweils junge und alte "Künstler" Seite an Seite kreativ wurden. Gemalt wurde beispielsweise mit Buntstiften und Fingerfarbe.


Über das schöne Miteinander freute sich BRK-Kreisgeschäftsführer Roland Beierwaltes, der alle Gäste willkommen hieß. Er würdigte die langjährige Kooperation, die eine große Bereicherung für die Einrichtung darstelle und eine Brücke zwischen jungen und älteren Leuten baue. Auch Arnhild Schlingschröder freute sich über die Fortführung der Tradition.

"Schön, dass uns die jungen Leute besuchen kommen", sind sich Marianne Kriegel und Elfriede Müller einig. "Das gemeinsame Malen macht viel Spaß", meint Tina, die aus Weißenbrunn kommt. "Ich freue mich, wenn die Heimbewohner ihre Freude haben. Mein Opa war auch in einem Seniorenheim und er hat sich immer sehr gefreut, wenn er ein wenig Unterhaltung hatte", erzählt Hannah, die in Friesen zuhause ist.

Kronachs Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein stattete dem Gemeinschaftsprojekt seinen Besuch ab.

Ausstellung geplant

Beim gemeinsamen Malen entstanden solch schöne Bilder, dass es viel zu schade wäre, sie einfach in einer Schublade verschwinden zu lassen. Deswegen entschlossen sich Arnhild Schlingschröder und Sonja Geißler dazu, doch wieder eine kleine Ausstellung mit den kleinen Kunstwerken im Seniorenhaus zu initiieren. Einige der Senioren gefielen die Bilder so gut, dass sie sie behalten und sie einrahmen wollten - auch als Erinnerung an die gemeinsame Malstunde.

Musikalisch umrahmt wurde diese Malstunde von Musiklehrer Axel Stumpf und einigen Schülern der Realschule II.