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Koalitionsvertrag löst Bauchweh bei Kronacher SPD aus


Autor: Thomas Heuchling

Kronach, Mittwoch, 27. November 2013

Nach dem Ende der Verhandlungen in Berlin ist nun die Basis der SPD gefragt. Auch die Genossen aus dem Kronacher Kreisverband müssen jetzt entscheiden. Die Stimmung ist gemischt, aber eine Tendenz zeichnet sich ab.
Auch die SPD-Mitglieder vom Kronacher Kreisverband müssen nun über den Koalitionsvertrag abstimmen. Die Stimmung bei den Sozialdemokraten ist gemischt.  Foto: Uli Deck/dpa


Freudensprünge gab es am Mittwoch bei den SPD-Mitgliedern im Kronacher Raum nicht. Die Reaktionen auf die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen in Berlin fallen bei der Basis eher durchwachsen aus.

Aus der Sicht des Wahlverlierers sieht der ehemalige Landrat Heinz Köhler das Ergebnis: "Wir haben die Wahl verloren, aber auf Augenhöhe verhandelt. Eine Koalition ist eben ein Geben und Nehmen." Teilen der Bevölkerung bringen die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag auch etwas, sagt Köhler.

Aber bevor die Koalition und damit die neue Bundesregierung zu Stande kommt, sind die rund 475.000 SPD-Mitglieder zur Abstimmung aufgerufen. Köhler will mit "Ja" stimmen. Heißt aber nicht, dass er hundertprozentig mit den Ergebnissen der Verhandlungen einverstanden ist. Er wolle auch aus politischer Verantwortung zustimmen.



Die Tendenz für den Mitgliederentscheid geht auch bei Köhlers Parteikollege Reinhard Autolny in eine bejahende Richtung. "Aber mit Bauchweh", betont der Sozialdemokrat und ehemalige Gewerkschaftler. Für ihn geht es beim Koalitionsvertrag vor allem darum, die Schere zwischen Arm und Reich zu verringern. Nach diesem Kriterium wolle er das 185 Seiten starke Dokument bewerten. Eigentlich segne man mit einem ja etwas ab, was man so gar nicht will, aber man stehe auch in der Verantwortung, sagt Autolny.

Obwohl ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro im Vertrag steht und damit eine wichtige Wahlkampfforderung der Sozialdemokraten umgesetzt wurde, sieht Autolny diese kritisch: "Der Mindestlohn von 8,50 Euro ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein." Ihm gehe es um eine generelle Reduzierung des Armutsrisikos.
Auch Sven Schuster steht den Ergebnissen der mehrwöchigen Verhandlungen kritisch gegenüber: "Es ist schade, dass wesentliche Punkte der SPD schwammig bis gar nicht umgesetzt wurden." Beim Thema Mindestlohn sieht er Diskussionsbedarf in den Ortsvereinen.

"Den Mindestlohn erst ab 2015 einzuführen und Ausnahmeregelungen dabei zuzulassen, ist nicht das, was ich mir vorstelle", sagt Schuster. Nichtsdestotrotz sehe er die SPD in der Verantwortung und könne sich eine Große Koalition, mit den richtigen Leuten an der richtigen Stelle, vorstellen.

Pohl: "Es geht um Kompromisse."

Kreisvorsitzender Ralf Pohl sieht beide Seiten der Medaille. Zum einen seien sehr erfreuliche Aspekte, wie der flächendeckende Mindestlohn und Verbesserungen bei der Rente erreicht wurden. Weniger erfreulich aus sozialdemokratischer Sicht sei hingegen der Kompromiss bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Hier insbesondere das Einfrieren des Arbeitgeber-Anteils bei 7,3 Prozentpunkten. Zweifel hat Pohl an der Finanzierbarkeit der Vertragsinhalte. "Die Grundhaltung bei uns ist relativ skeptisch. Bis zum Entscheid werden wir jetzt die Ergebnisse auswerten", sagt Pohl.

2017: Koalition mit den "Linken"?

Selbst wenn die Basis zustimmt, gibt es spätestens 2017 Neuwahlen. Dann ist eine Koalition mit den "Linken" denkbar. Die Öffnung der SPD gegenüber den "Linken", als Partner für eine Regierung nach der Großen Koalition, stößt bei vielen Sozialdemokraten aus dem Kronacher Raum auf Zustimmung. Bürgermeister Timo Ehrhardt (Ludwigsstadt) rechne zwar mit dem Bestand einer möglichen Großen Koalition, aber begrüßt die Öffnung in Richtung den "Linken". Kreisvorsitzender Pohl sieht noch Nachholbedarf: "Die Linke muss sich noch stark bewegen, damit etwas zu Stande kommt." Die Option Rot-Rot oder auch zu dritt mit den Grünen ist bei den Genossen noch Zukunftsmusik. Zurzeit sieht aus wohl nach Rot-Schwarz aus - trotz Bauchweh.

So funktioniert der SPD-Mitgliederentscheid

Mitgliederentscheid Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und Union steht unter Vorbehalt des SPD-Mitgliederentscheids. Die rund 475.000 Parteimitglieder können vom 6. bis 12. Dezember per Briefwahl mit Ja oder Nein abstimmen. Gültig ist der Entscheid, wenn 20 Prozent der Mitglieder, also knapp 95.000, sich beteiligen. Ist dies nicht der Fall, dann muss ein Sonderparteitag über das Eintreten in eine Große Koalition entscheiden. Das Ergebnis des Entscheides soll am 14. Dezember vorliegen.