Kein Komfort, aber viel Atmosphäre
Autor: Simone Büttner
Ludwigsstadt, Montag, 26. Mai 2014
An Christi Himmelfahrt wird das 60-jährige Bestehen der Tippach-Hütte bei Ludwigsstadt mit einem Gottesdienst gefeiert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in der jungen Gemeinde in Ludwigsstadt der Wunsch nach einem eigenen Raum so groß, dass aus einer (von damaligen Kritikern so bezeichneten) "Schnapsidee" ein massives Gebäude inmitten der Natur wurde, das bisher über 85 000 Besuchern und Gästen Obdach und Freizeitgestaltungsmöglichkeiten bot.
So geht es zumindest aus den Aufzeichnungen des Hüttenwarts Heinrich Zschach hervor, der seit dem 1. Januar 1960 mit seiner Frau Ruth und seiner Familie für das Jugendheim Tippach zuständig ist.
Was sich bewegen und bauen lässt, wenn man gemeinsam anpackt, kann man heute noch buchen, auf einem abgelegenen Flurstück im "Tippach" auf einer großen Waldlichtung mit einem aufgelassenen Feld und gleich zwei Flachsreesen (Teiche) und einer Quelle dabei, was der Kirchengemeinde Ludwigsstadt durch eine Stiftung des Ehepaars Heinrich und Emilie Nichterlein als Grundstück zur
Unter Federführung von Friedrich Papst, der im Winter 1951 in seine Heimat zurückkehrte, wurde nach Plänen des Architekten Kurt Reichling ein Bauantrag zum Bau eines Jugendhauses im Tippach am 24. Juni 1952 eingereicht. Genehmigt wurde er am 11. Juli 1952 mit der Auflag, das Erdgeschoss massiv zu bauen.
Die Ludwigsstadter Jugendlichen um Friedrich Papst bauten sich "ihren" Raum mit großen Eigenleistungen. Nach der Lohnarbeit wurde weiter geschafft, damit der Traum Wirklichkeit werden konnte. Der Weg zum "Bauplatz" mitten im Wald war nur ein breiter Steig, eine verwachsene Fuhre, auf der erst einmal Hand angelegt werden musste, um das Baumaterial hinauf zu transportieren.
Die Spendenfreudigkeit war groß und so wurde nicht nur Arbeitslohn sondern auch Baumaterialien wie Holz dazu gegeben, mit dem "Lanz-Bulldog" oder den Kaltblutpferden wurden Schweres hinaufgeschafft, Leichtes auf den Schultern der Burschen den Tippachsweg hinauf.
In der Chronik von Heinrich Zschach zum 50-jährigen Bestehen der Hütte sind viele kleine und große Begebenheiten zum Bau der Tippach-Hütte detailiert beschrieben. So unter anderem auch, dass am 25. August 1953 Richtfest gefeiert und mit den Ausbauarbeiten begonnen werden konnte.
Unter anderem wurden Bausteine für 0,50 DM verkauft. Spitzensammlerin der Aktion war Irmhild Kant. Marianne Heyder webte während ihrer Ausbildungszeit alle Vorhänge für die "Hütte".
Über 1000 Gäste bei der Eröffnung
Die kirchliche Segnung und Schlüsselübergabe fand am 9. Mai 1954 statt. Weit über 1000 Gäste hatten sich laut damaligem Pressebericht vor Ort am Festnachmittag versammelt und seitdem stand das Jugendheim fast immer ganzjährig für Besucher und Gruppen zur Verfügung.
Bei den Baukosten, die sich nach dem damaligen Stand auf 18 100 DM beliefen, fehlte für einen Stromanschluss von 2000 DM das Geld und so wurden alle Räume mit Gaslichtern ausgestattet, was bis heute auch so geblieben ist.
Ohne jeglichen Komfort bietet die Hütte Platz für 20 bis 30 Personen, der Aufenthaltsraum wird mit einem Holzofen beheizt, zur Selbstverpflegung gibt es in der Küche einen Gasherd, aber kein fließendes Wasser. Dafür gibt es die Quelle und einen Brunnen.
Zwei Schlafräume im Dachgeschoss mit Matratzenlagern bieten Platz für 14 und sechs Personen, die Toiletten ohne Wasserspülung liegen nebenan außerhalb beim Schuppen. Es gibt Zeltplätze und die Wiesen wurden eingeebnet, damit die Feuerstelle und die Terrasse genutzt werden, auch sind die Flächen für alle möglichen Ballspiele nutzbar.
Und die Selbstversorger im Tippach müssen ihren Müll auch wieder mitnehmen, denn dort oben gibt es keine Müllabfuhr, was bisher immer geklappt hat.
Nachdem 1971 bereits 1764 Übernachtungen zu Buche standen, hat sich die Kirchengemeinde Ludwigsstadt entschlossen, die "Hütte" im Tippach noch einmal zu vergrößern. Es wurde die Küche erweitert, dazu ein Raum für Arbeitsgeräte und die Gasflaschen angefertigt und ein zweiter Schlafraum im oberen Stockwerk hinzugefügt.
Die Bauarbeiten wurden dann 1973/1974 umgesetzt und auch die Wasserversorgung der versiegenden Quelle durch einen "Tiefbohrung" sicher gestellt. Die Zufahrt zum Jugendheim wurde 1978 Forstwegebaumaßnahme verbessert und optimal 2012 ausgebaut.
1999 wurde die gesamte Gasanlage erneuert. In der ganzen Zeit wurde das Jugendheim immer in ehrenamtlicher Arbeit verwaltet und mit viel Eigenleistungen instandgehalten und ausgebaut.
Die Außenanlagen wurden in den Jahren 2002 bis 2004 rund um die Hütte neu gestaltet und 2013 in den heutigen Endzustand gebracht sowie der Tagesraum sowie die Küche im Winter 2003/04 fast komplett neu eingerichtet, was zum großen Teil wiederum aus Spenden finanziert werden konnte.
Begeisterte Gäste
Auch die Einträge in den Gästebüchern, die teilweise sehr schön gestaltet wurden, zeigen die Begeisterung der Besucher im Tippach und zeigen sehr deutlich, dass viele schöne Erinnerungen mitgenommen werden.
Unter den ersten jugendlichen Gäste in der Hütte war auch der spätere Kreisdekan (Regionalbischof) Walter Schieder. Seinen Eintrag findet man unter dem 26. September 1954 im Gästebuch. Seine Witwe kommt seit vielen Jahren immer wieder zu einem Posaunen-Wochenende in die Tippach-Hütte.
Das Jugendheim hatte Laufe der Jahre immer regen Zuspruch von Gruppen über das eigene Dekanat, über Oberfranken hinaus aus allen Teilen Deutschlands. Es finden sich Einträge von Jugendgruppen aus Würzburg, Bremen, Leipzig, Neuburg/Donau, Fitzlar, Bad Hersfeld, Plauen, Soest, Heidelberg, Hamburg, Berlin, München und Memmingen.
Während der Sommermonate waren die Hütte und ihre Umgebung immer ausgebucht und bis zum Ende des Jahres 2003 zählte man 77 500 Übernachtungen, so in der Chronik von Heinrich und Ruth Zschach.
Mitten in der Natur
Der Einsatz zum Entstehen dieser Einrichtung vor 60 Jahren durch Jugendliche und junge Erwachsene ist beispielhaft und selbstlos. Menschen können in der Tippach-Hütte wertvolle Erfahrungen machen, die ihren Glauben stärken. Gerade die einfache Ausstattung der Hütte, die Stille an diesem Ort und das Erleben der Schöpfung Gottes in der Natur sind es, die Menschen heute immer noch suchen und im Tippach einen idealen Ort dafür finden können.
Das 60-jährige Bestehen wird mit einem Jubiläumsgottesdienst am Fest Christi Himmelfahrt, 29. Mai , um 14 Uhr auf der Waldwiese am Tippach mit der Stadtkapelle Ludwigsstadt und dem Posaunenchor Bayreuth-Stadtkirche gefeiert.
Die Festpredigt hält Volkmar Gregori, der ehemalige Dekan von Ludwigsstadt.
Nach dem Gottesdienst ist ein geselliges Beisammensein vorgesehen mit einem Rückblick auf 60 Jahre Tippach von Heinrich Zschach.
Um 13 Uhr Abmarsch am Marktplatz zur Wanderung zum Tippach. Ab 12.30 Uhr steht auch ein Fahrdienst ab Marktplatz zur Verfügung.