Johann Püttner geht nach 36 Jahren in Pension
Autor: Thomas Heuchling
Kronach, Mittwoch, 05. Februar 2014
Johann Püttner ist fast so lange im Schuldienst, wie es das Frankenwald-Gymnasium Kronach gibt. Mitte Februar geht er in Pension. Einiges wird er vermissen, anderes nicht so sehr.
Bei der Verabschiedung sagt Johann Püttner: "Noch ein paar hektische Tage, dann ist es vorbei." Der stellvertretende Schulleiter des Frankenwald-Gymnasiums (FWG) meint damit seine Zeit als Lehrer. Er sagt diesen Satz mit einem leichten Lächeln im Gesicht. Aber ein paar Gedanken mache er sich schon. Vor allem darum, was ihm fehlen werde. Der tägliche Kontakt mit den lieb gewonnenen Kollegen und die verschiedenen Persönlichkeiten werde er wahrscheinlich vermissen. Aber das werde sich zeigen. Erstmal will Püttner den Kopf frei kriegen, keinen Termindruck mehr haben und einiges nachholen, vor allem persönliche Kontakte. Denn die haben in 36 Dienstjahren als Lehrer doch etwas gelitten.
Wer den zweifachen Familienvater auf das Vorurteil anspricht, dass Lehrer ab 13 Uhr frei haben, der bekommt sofort eine Reaktion. Nicht heftig, nicht aufbrausend, denn Püttner bleibt stets gelassen.
Ein Berufsleben am FWG
Aber nach 36 Jahren ist der Job denn doch mal zu Ende und Püttner geht in Pension. Damit ist er fast so lange im Dienst, wie es seine Schule gibt. "Ein halbes Jahr, nachdem das FWG eröffnet hat, habe ich dort angefangen", sagt Püttner. Das war im Februar 1978. Es war seine erste Stelle nach dem Referendariat. "Nach ein bis zwei Jahren hat sich herausgestellt, dass es sich in Kronach gut leben lässt."
Geboren ist Püttner in Tirschenreuth in der Oberpfalz. Nach dem Abitur 1968 hat der heute 64-Jährige an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg Lehramt studiert. Als er dann im Referendariat auch am Kaspar-Zeuß-Gymnasium lehrte, erfuhr er von der Eröffnung des FWG, einer Schule mit dem Schwerpunkt Wirtschaft. Es passte, denn dieses Fach war und ist Püttners große Leidenschaft. 1978, ein halbes Jahr nach dem Start des FWG, fing er dort an. "Das war schon interessant. Auch weil es dort noch keine eingefahrenen Bahnen geben konnte. Es war eine Chance für einen Neubeginn, man konnte etwas aufbauen." Und das, was in den Jahrzehnten entstanden ist, fasst er so zusammen: "Alle, die am Schulleben beteiligt sind, Eltern, Lehrer oder Schüler, sitzen an einem Tisch. Es gibt auch eine hohe Akzeptanz der älteren Kollegen gegenüber jüngeren."
Bescheidener Team-Spieler
Warum er Lehrer geworden ist, das weiß er noch ganz genau. Er habe sich schon in den 70er Jahren in der Jugendarbeit engagiert. "Ich wollte beruflich etwas machen, wo man mit Menschen zu tun hat."
Wie viele Schüler oder Klassen er in seiner langen Dienstzeit unterrichtet hat, dass weiß er hingegen nicht mehr so genau. Während Püttner noch überlegt, klopft es an der Tür und Schulleiter Klaus Morsch kommt herein. Gefragt, ob er denn etwas zur Pensionierung seines Kollegen sagen wolle, legt Morsch sofort los. Er lobt den Kollegen, erzählt vom Rauf und Runter der vergangenen Jahrzehnte.
Er schätze Püttner als vertrauenswürdigen Kollegen, mit dem man über jedes Thema sprechen könne. "Persönlich freue ich mich für den Kollegen, aber aus Sicht der Schule habe ich ein großes weinendes Auge", sagt Schulleiter Morsch zu seinem Stellvertreter. Dem ist zu viel Lob sichtlich unangenehm. Er wiegelt ab und bleibt bescheiden. Nach einigen Sätzen zur Organisation des restlichen Tages verlässt Klaus Morsch den Raum. Derweil hat Johann Püttner auf die Frage, wie viele Schüler er begleitet hat, keine Antwort gefunden. Den besten Kontakt habe er aber noch zum Abiturjahrgang von 1982. Die habe er im Leistungskurs in Wirtschaft lange gehabt. Seine beiden anderen Fächer Sozialkunde und Erdkunde habe er weniger unterrichtet. Auch bei Klassentreffen anderer Jahrgänge schaue er gerne vorbei. "Ich freue mich, wenn mich ehemalige Schüler noch grüßen, das ist schon eine Bestätigung."
Es klopft wieder an der Tür. Alf Merkel kommt herein. Mit einer Geste lädt Püttner den Kollegen ein, sich zu setzen und über eine unvermeidliche Frage zu sprechen, die einem Pädagogen nach über 30 Berufsjahren gestellt wird: Wie waren die Schüler früher und heute?
Wer von den beiden jetzt Gemeckere über vermeintlich faule und freche Jugendliche erwartet, der wird enttäuscht. "Es gibt immer noch gute und freundliche Schüler", sagt Püttner. Das Freizeitverhalten und das Umfeld der Schüler habe sich stark geändert, erklärt Merkel. Früher seien Sport und der persönliche Kontakt wichtig gewesen. Heute dominieren die neuen Medien und Computerspiele die Freizeit.
Die Zunahme von Respektlosigkeit kann Püttner nicht bestätigen. Er habe in seiner gesamten Berufszeit nur zwei Disziplinarverfahren gehabt. Merkel ergänzt: "Wir waren in unserer Jugendzeit sicherlich schlimmer, als die meisten unserer Schüler." Püttner verneint diese Aussage mit seiner Mimik eher als er ihr zustimmt.
Die beiden Männer diskutieren weiter. Merkel erzählt von 400 Facebook-Freunden einiger Schüler, die viel Zeit beanspruchen, oder von Reizüberflutung. Püttner nickt zustimmend und sagt: "Wenn wir in der heutigen Zeit aufgewachsen wären, dann hätten wir es wahrscheinlich genauso gemacht."
Weit weg, aber trotzdem dran
Auf die Frage was denn ein "Babo" (Jugendwort des Jahres, es heißt so viel, wie Boss oder Chef) ist, schauen die beiden Lehrer etwas verdutzt. Sie geben offen zu, dass sie viele Begriffe aus der Jugendsprache nicht verstehen. Die Distanz sei einfach zu groß, aber in Gesprächen mit den Lehrern redeten die Schüler ganz normal. "Wir kennen das Umfeld unserer Schüler", betont Püttner. Nach einigen Minuten verabschiedet sich Merkel und bietet dem Kollegen einen Espresso an, Johann Püttner verneint.
Der Schule wolle er vor allem in Sachen Schulpartnerschaften erhalten bleiben und sich dort engagieren. Irgendwie ist der Lehrer-Job für Püttner doch nicht ganz zu Ende.