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Ist Chef für Sicherheit verantwortlich?


Autor: Heike Schülein

Kronach, Donnerstag, 31. Januar 2013

Nach dem Unfall eines Mitarbeiters musste sich ein Geschäftsführer vor dem Kronacher Gericht verantworten. Das Verfahren wurde letztlich eingestellt.


Das Verfahren gegen den Geschäftsführer einer auswärtigen Photovoltaikfirma wurde gestern eingestellt. Der Mann war der fahrlässigen Körperverletzung angeklagt, nachdem sich auf einer Baustelle im südlichen Landkreis Kronach ein Arbeiter verletzt hatte.

Ein ungelernter Arbeiter, eine nicht ordnungsgemäß abgesicherte Baustelle, ein Sturz aus fünf Metern auf harten Betonboden und ein Firmen-Geschäftsführer, der beim Unfall vor Ort war, die Zuständigkeit und Verantwortung aber auf andere delegierte, das war die Ausgangslage. "Mir tut leid, was passiert ist. Aber ich bin Kaufmann und kein Baustellen-Fachmann. Wir hatten einen Elektromeister, der für die Sicherheit vor Ort zuständig war, und ein Sicherheitskonzept, das von einem externen Büro für Arbeitssicherheit ausgearbeitet wurde", sagte der Angeklagte.

Staatsanwältin Michaela Heublein jedoch hielt dem 56-Jährigen entgegen: "Sie waren während des Vorfalls auf der Baustelle und als Vorstand für die Sicherheit der Beschäftigten verantwortlich."


Über Lichtplatten gelaufen

Die Photovoltaikfirma hatte den Auftrag, eine Solaranlage auf dem Dach der Produktionshalle in Küps zu installieren. Dabei war unter anderem auch ein rumänischer Bauhelfer tätig. Angrenzend an das Hallendach befindet sich eine weitere Dachfläche, die mit Lichtplatten eingedeckt war. Diese benutzte der Bauhelfer als Weg.

Der Verunglückte trat dabei auf eine nicht trittsichere Platte und fiel circa fünf bis sechs Meter tief auf den Betonboden im Halleninneren. Hierdurch erlitt er stark blutende Platzwunden an der linken Schläfe und an der Lippe.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Geschäftsführer Versäumnisse bei den Schutzvorkehrungen vor. Die Gefahrenbereiche hätten abgesperrt beziehungsweise Absturzsicherungen und Auffangeinrichtungen angebracht werden müssen. "Ich habe mir bewusst keinen Anwalt genommen, weil einem das der gesunde Menschenverstand sagt. Ich war nur zufällig vor Ort, noch keine zehn Minuten da, und gar nicht auf dem Dach. Das ist nicht meine Aufgabe. Wir machen seit 26 Jahren Photovoltaik, ohne dass etwas passiert ist", betonte der Angeklagte, dessen Firma mittlerweile insolvent ist. "Der Mann hätte tot sein können", machte Richter Markus Läger deutlich.


Gefahr nicht erkannt


Der 27-jährige Verletzte sagte aus, dass es auf dem Dach sehr schmutzig gewesen sei. Er habe nicht sehen können, worauf er getreten war. "Ich wollte etwas mit der Bohrmaschine befestigen. Es war einfacher, das vom angrenzenden Dach aus zu machen", erinnerte er sich.

Der zuständige Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamts sagte: "Mit Lichtplatten eingedeckte Dächer sind meist schon 30 oder 40 Jahre alt. Aber selbst im neu eingebauten Zustand sind Lichtplatten nicht durchtrittsicher. Von oben betrachtet, sind sie nahezu identisch mit Wellplatten. Man sieht die Gefährdung nicht. Man hätte das Dach absperren, Last verteilende Unterlagen benutzen und Auffangnetze anbringen müssen." Auf Anregung der Staatsanwältin wurde das Verfahren ohne Auflagen eingestellt. hs