Interview: Lebensstil beeinflusst Krebsrisiko
Autor: Vanessa Schneider
Kronach, Montag, 04. Februar 2013
Bis zum Jahr 2030 soll die Zahl an Krebsneuerkrankungen um 30 Prozent zunehmen, schätzen Mediziner. Wir haben mit der Kronacher Onkologin und Vorsitzenden des Vereins "Gemeinsam gegen Krebs", Dr. Martina Stauch, darüber gesprochen, inwiefern der Lebensstil dafür verantwortlich ist.
Wieso hilft ein gesunder Lebensstil, das Krebsrisiko zu senken?
Dr. Martina Stauch: Die Neuerkrankungsrate an Krebs stieg in den letzten Jahren kontinuierlich. Die Ursachen sind vielfältig. Der individuelle Lebensstil ist hierbei für 43 Prozent der Krebserkrankungen verantwortlich. Hierzu zählen unter anderem Bewegungsarmut, Ernährungsfaktoren und individuelle Belastungen, sowie Belastungen aus der Umwelt.
Wie lebt man gesünder?
Das ist eine sehr komplexe Frage. Unser tägliches Leben ist gekennzeichnet durch eine enorme Geschwindigkeit. Unsere Bewegungsmittel bringen uns schnell von A nach B. Im Berufsleben haben wir überwiegend eine sitzende Tätigkeit. Bei der Ernährung greifen immer mehr Menschen auf schnell herzustellende Fertigprodukte zurück. Der Konsum von leckeren, zuckerhaltigen Nahrungsmitteln ist enorm gestiegen.
Der enorme Anstieg des Fleischverzehrs führte zu neuen Fütterungsmethoden, die den Gehalt von Omega 6 Fettsäuren vor allem im roten Fleisch steigerte. Die Beschleunigung unseres Lebens führt häufig zu negativem Stress, der enorme Auswirkungen für unsere Gesundheit hat. Es geht darum, unseren Lebensstil neu zu ordnen, unsere tägliche Bewegung zu steigern, die Ernährung auf ein natürliches Maß umzustellen und uns mehr Zeit für uns selbst zu nehmen. Es geht darum, die Belastungen aus individuellen Noxen wie Alkohol und Nikotin, Haushalt und Kosmetika zu vermeiden oder zu reduzieren. Nur so ist ein gesünderes Leben möglich.
Welche Lebensmittel sollte man meiden?
Es geht generell um eine ausgewogene Ernährung. Reduzieren sollte man den Verbrauch von Nahrungsmitteln, die einen so genannten hohen glykämischen Index haben wie Zucker, Weißmehl, weißer Reis und Produkte die daraus hergestellt sind, einschließlich Marmelade und Getränke. Vermeiden sollte man stark belastete Lebensmittel, einschließlich Obst und Gemüse. Bioprodukte sind vor zu ziehen. Zu vermeiden sind ebenfalls Nahrungsmittel mit gehärteten oder teilweise gehärteten Fetten wie Pommes frites, und frittierten Speisen, Chips, und Knabbereien, Ölen aus Sonnenblumen, Soja und Mais.
Bei Fleischprodukten kommt es auf die Fütterung an. Auch hier sind Bioprodukte vorzuziehen, da sie einen geringeren Anteil an Omega 6 Fettsäuren enthalten. 200 Milligramm pro Woche sind zu empfehlen.
Welche Krebsarten können durch schlechte Ernährung ausgelöst werden?
Die generelle Antwort hierfür steht noch aus. Diskutiert wird der Verzehr von Schweinefleisch und Darmkrebs, was gerade in unserer Region eine wesentliche Bedeutung haben könnte. Ein hoher Konsum an Omega 3 reichen Fischprodukten reduziert ebenfalls das Risiko an Darmkrebs zu erkranken. Auch der Verzehr von wenig Obst und Gemüse kann Krebserkrankungen wie Kopf- Halstumore, Speiseröhren-, Magen und Lungenkrebskrebs fördern.
Der übermäßige Konsum von Salz wird bei Magenkrebs diskutiert. Übergewicht und Fettleibigkeit fördern postmenopausalen Brustkrebs, Speiseröhren-, Nieren-, Gallenblasen-, Bauchspeicheldrüsen- und Endometriumkrebs. Rauchen ist zu 80 Prozent für Lungenkrebs verantwortlich. Weitere Studien laufen.
Sind Vegetarier dann seltener von Krebserkrankungen betroffen?
Vegetarier erkranken weniger häufig an Krebs. Das belegte eine Studie, die im British Journal of Cancer veröffentlicht wurde. Sie untersuchte insgesamt 61.566 Personen. Die Studie belegt, dass Vegetarier weniger häufig an Blut-, Blasen-, und Magenkrebs erkranken. Neben der häufig nachgewiesenen gesunderen Lebensführung der untersuchten Personen wird auch die Verarbeitung der Nahrungsmittel diskutiert. Bei der Verarbeitung von Fleisch bei Nichtvegetariern scheinen hohe Temperaturen und N-nitroso-Verbindungen eine wesentliche Rolle bei der Krebsentstehung zu haben.
Wieso können Entspannung und Sport Krebs vorbeugen?
Sportliche Betätigung wurde in zahlreichen Studien zur Vorbeugung gegen Krebs untersucht. Die Ergebnisse sind überzeugend. Sie zeigen eine Senkung der Neuerkrankungsrate an Krebs um 40 Prozent auf. Besonders positiv scheint sich dies bei Brust- Eierstock- und Endometriumkrebs sowie Magen-, Darmkrebs und allen Gastrointestinalen Tumoren auszuwirken. Bewegung und Sport stärkt das Immunsystem, senkt Stresshormone, gibt Lebensfreude und entschleunigt unser Leben. Sport dient auch der Entspannung.
Welche Sportart ist besonders geeignet?
Es geht einfach um mehr Bewegung. Flottes gehen, Fahrradfahren, Tanzen, Treppen steigen, Holz hacken und so weiter. Bewegung wo immer es geht. Ausdauersportarten und Krafttraining sind gleichermaßen geeignet. Langstreckenschwimmen, Ballsportarten, Tennis und Federball, Laufen, Walking, Nordic-Walking, Skilanglauf, Krafttraining, alles ist ratsam. Dreimal pro Woche 45 Minuten oder fünfmal pro Woche 30 Minuten oder einfach nur der Spaziergang im Wald.