Ingo Cesaros Verse treffen ins Mark
Autor: Carina Kuhnlein
Fischbach, Montag, 25. März 2013
Die letzte Veranstaltung aus der Reihe "Wortspiele - Literatur in Oberfranken" fand in Fischbach statt. Dabei las der Kronacher Autor Ingo Cesaro aus seinem Buch "Aus dem Schatten der Engel".
Es herrscht erwartungsvolle Stille in der kleinen Dorfkirche St. Jakobus in Fischbach. Während draußen der kalte Wind heult, ziehen sich die Zuhörer in die gemütliche Kirche zurück, um der Dichterlesung Ingo Cesaros zu lauschen. Das Gotteshaus hat schon viel gesehen, aber eine Dichterlesung mit Orgelimprovisation? Das ist eine Premiere.
Das Publikum stimmt sich gerade auf die außergewöhnliche Atmosphäre in der Kirche ein und schnuppert den Geruch des alten Holzes, als leise Orgelmusik von Hilmar Bauerfeind erklingt, der man unweigerlich Gehör schenken muss. Gespannt lassen sich die Besucher auf die Klänge ein. Als das anfänglich harmonische Orgelspiel in disharmonische Melodien und vermeintlich schräge Töne übergeht, weiß der Besucher, das hier ist nicht nur seichte Unterhaltung, hier steckt mehr dahinter: Viel mehr Tiefsinn, viel mehr Pathos.
Engelsgedichte mit Botschaft
Ingo Cesaro, der sich selbst als politischer Autor versteht, schreibt in seinem neuen Gedichtband "Aus dem Schatten der Engel", der gerade erst zur Leipziger Buchmesse erschienen ist, Gedichte mit der Metapher "Engel". Das Werk umfasst 320 Seiten mit 150 Engelsgedichten und 130 Übersetzungen einzelner Gedichte in 22 Sprachen. Cesaros Gedichte reichen von politisch bis erotisch.
Das Besondere an diesem Abend ist neben den tiefsinnigen Gedichten die Begleitung mit Orgel, Keyboard und sogar Saxofon durch Hilmar Bauerfeind. Das Publikum wirkt während der Lesung gefesselt. Es lauscht, es schließt die Augen beim Orgelspiel, es genießt. Es fühlt mit, wie alles, was Cesaro mit der Sprache ausdrückt, von Bauerfeind "übersetzt" wird - in Noten statt Buchstaben, in Takte statt Verse. Geübt wurde vorher nicht, alles geschieht von Seiten des Organisten rein intuitiv und improvisatorisch. Eigentlich mag man es kaum für möglich halten, dass Verszeilen überhaupt - und dann noch so treffend in Musik - übersetzt werden können. Doch der Besuch dieser Dichterlesung belehrt die Zuhörer eines Besseren.
Klang des Saxofons
Besonders ein Gedicht wird vielen noch lange in Erinnerung bleiben: Cesaro ließt über ein Mädchen im Irak, das zum Tode verurteilt wird, weil es, laut Zeugen, ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann gehabt haben soll.
Dazu zauberte Bauerfeind mit seinen Instrumenten einen musikalischen Klimax. Bis zum traurigen Höhepunkt, der Hinrichtung des Mädchens. Kaum sind die letzten Silben Cesaros verhallt, setzt Bauerfeind ein. Nicht mit Orgel oder Keyboard wie der Zuhörer erwartetet, sondern mit dem dramatischen, das Mark durchdringenden Klang eines Saxofons.
"Den Zuhörern ging das sichtlich durch Mark und Bein", muss auch Cesaro am Ende der Veranstaltung zugeben. "Das ist wie ein Klangteppich, auf dem man sich ausruhen kann", überlegt Cesaro. "Man darf nur nicht einschlafen!"
Steckbrief: Ingo Cesaro
Ingo Cesaro wurde 1941 in Kronach geboren, wo er heute auch zuhause ist. Vor allem als Haiku-Publizist genießt er im deutschsprachigen Raum ein hohes Ansehen. Immer wieder schlägt Cesaro Brücken zu anderen Künstler und Kunstformen, arbeitet mit Musikern, Malern und Grafikern zusammen. Als Kulturvermittler bringt er beispielsweise bei der Holz-Art seit Jahren namhafte Künstler in den Landkreis Kronach. Seine erste Veröffentlichung war "Vom nächsten Mittag" (1966). Folgende Preise wurden ihm bereits verliehen (Quelle: Wikipedia):
- Reisestipendium des Schriftstellerverbandes (1971)
- Rosenthal-Lyrik-Preis (1979)
- Erzählerwettbewerb des Ostdeutschen Kulturrates (1981)
- Preis für christliche Kurzprosa (1982)
- Hafiziyeh-Literaturpreis für Lyrik (1986)
- Jörg-Scherkamp-Lyrik-Preis (1987)
- Großer Kulturpreis des Landkreises Kronach (1996)
- Förderpreis der Deutschen Haiku Gesellschaft (2000)
- Ehrenmedaille der Stadt Kronach (abgelehnt/2001)
- Preisträger beim Göttinger Lyrik-Wettbewerb (2007)
- zweiter Preis beim Nordhessischen Literaturpreis (2012)
- Goldene Ehrenmedaille der Cranach-Stadt Kronach (2012)