In der Kronacher Klinik kehrt keine Ruhe ein
Autor: Andreas Schmitt
Kronach, Donnerstag, 25. August 2016
Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz, unbezahlte Überstunden: Anonym werden massive Anschuldigungen gegen die Helios-Frankenwaldklinik getätigt.
           
"Als Mitarbeiter der Klinik möchte ich Sie um Hilfe bitten." Das sind die ersten Worte einer anonymen E-Mail, die unsere Redaktion am Mittwochvormittag erreicht hat. Darin wird der Helios-Frankenwaldklinik vorgeworfen, massiv gegen Arbeitszeitgesetze zu verstoßen. Außerdem, so schreibt der nicht ermittelbare Absender, würden Mitarbeiter mehrfach unbezahlte Überstunden leisten.
Massive Anschuldigungen, die der anonyme Schreiber - wie in seiner Mail angekündigt - auch an das Gewerbeaufsichtsamt in Coburg gesendet hat. Den ebenfalls anonymen Eingang bestätigte Oliver Hempfling, Pressesprecher der Regierung von Oberfranken, gegenüber unserer Redaktion. "Wir gehen jetzt den Dingen nach, die das Arbeitszeitgesetz und damit unsere Zuständigkeit betreffen.
Teil einer langen Geschichte
Doch damit nicht genug: Die Mail wurde am Mittwoch von Aufklebern flankiert, die in der Friesener Straße angebracht und unserer Redaktion zugespielt wurden (siehe Foto rechts). Darauf wird Geschäftsführer Daniel Frische, der seit September 2015 für die Klinik zuständig ist, zum Gehen aufgefordert. Außerdem wirft man ihm Lügen vor.Ob die beiden Aktionen einen aufgrund der zeitlichen Nähe denkbaren Zusammenhang haben, ist bislang genauso wenig bekannt wie der Wahrheitsgehalt der getätigten Aussagen. Fakt ist aber: Sowohl die Mail als auch die Aufkleber sind weitere Mosaiksteine in einer schier unendlichen Geschichte der Vorwürfe, welche die seit 2014 vom Konzern Helios geführte Frankenwaldklinik nicht zur Ruhe kommen lässt.
So wurden zum Beispiel im Mai anonyme Flugblätter in Kronach verteilt, die die Zusammenlegung von Abteilungen und die starke marktwirtschaftliche Orientierung des Hauses anprangerten. Im Januar hatte sich im Nachgang eines RTL-Berichtes über mangelhafte Patientenversorgung in Helios-Kliniken ein anonymer Anrufer gemeldet, der behauptete, dass es solche Zustände auch in Kronach gebe. Und im Juli schmierten Unbekannte den Schriftzug "Der Frische muss weg - Helios macht krank" an die Brücke über die B 173 bei Neuses.
Stimmung in der Klinik sei gut
"Ich habe für die Kritik nur bedingt eine Erklärung", sagt Daniel Frische.
 "Diese Art von Widerstand ist ja nicht neu. Ich habe bestimmte Vorstellungen von Prozessen, um die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern. Diese bringen auch Strukturveränderungen mit sich. Hier müssen sich manche umstellen, was manchmal für Unzufriedenheit sorgt. Und ich bin dann als Verantwortlicher der Blitzableiter und werde kritisiert", sagt der Geschäftsführer, der vermutet, dass die Kritik "aus dem Haus" kommt. Es sei traurig, dass die Mitarbeiter nicht zu ihm oder dem Betriebsrat kämen. Man könne als Geschäftsführer nicht alle 650 Angestellten mitnehmen, generell sei die Stimmung in der Klinik aber gut. "Es geht aufwärts, die Zahlen stimmen.", sagt der 41-Jährige, der ins Lachen kommt, als ihm Passagen der Mail vorgelesen werden."Klares Nein. Unfug", kommentiert er den Vorwurf, Mitarbeiter der Pflege würden "aus dem Frei" geholt und bei Nichteinhaltung würde mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht. Und auch die Anschuldigung, dass Ärzte im Krankheitsfall zwei Schichten hintereinander und am nächsten Tag noch Frühschicht arbeiten würden, weist er entschieden von sich. "Das wäre Patientengefährdung", sagt Frische, der betont, dass alle Dienstplan-Belange transparent dokumentiert seien und der Betriebsrat Einblick habe.
Manfred Burdich, Vorsitzender des elfköpfigen Gremiums, bestätigt: "Bis zum 20. des Vor-Vormonats müssen die Dienstpläne geschrieben sein, am 1. des Vormonats gehen sie in Kraft. Nach Scharfstellung bekommen wir Veränderungen angezeigt."
Den anonymen Vorwurf, es gebe keine Dokumentation der Arbeitszeit, um Verstöße zu vertuschen, verneint Burdich. Der Betriebsrat kontrolliere regelmäßig, dass es zu keiner Ungleichbehandlung komme, und jeder Mitarbeiter habe einen Rechtsanspruch darauf, jederzeit Einsicht in die Dienstplanung zu nehmen. Für Missverständnisse hätten lediglich Fehler im EDV-System gesorgt, die aber behoben worden seien. Burdich: "Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz oder unbezahlte Überstunden hätten wir mitbekommen."
"Fehler liegt im System Helios"
Warum kommt es dann aber immer wieder zu anonymen "Hilferufen"? "Der Fehler liegt im System Helios", sagt ein ehemaliger Oberarzt, der die Klinik vor einigen Monaten verlassen hat und wie andere Ex-Mitarbeiter nicht namentlich genannt werden möchte. "Eine Gewinnansage von 15 Prozent ist einfach utopisch", sagt er und bezieht sich auf das formulierte Renditeziel von zwölf bis 15 Prozent.
"Ich habe so viele Dienste gehabt, das war auf Dauer nicht auszuhalten", sagt er über die seiner Meinung nach nicht ausreichende Personaldecke. Lücken seien durch ausländische Ärzte aufgefangen worden, die allesamt ein Sprachproblem hätten und deren Vorwissen teilweise "Patientengefährdung" sei.