Druckartikel: Im Schafhof bei Johannisthal wohnen Muttersäue

Im Schafhof bei Johannisthal wohnen Muttersäue


Autor: Friedwald Schedel

Johannisthal, Donnerstag, 15. Januar 2015

Marina und Reiner Herr bewirtschaften den Bauernhof bei Johannisthal in der 7. Generation. Zusätzlich zum bisherigen Stall haben sie einen neuen gebaut. Die Zahl der Muttertiere stieg von 60 auf bis zu 196. Die Nachbarschaft hatte nichts dagegen.
Marina und Reiner Herr mit zwei Wochen alten Ferkeln. Im Hintergrund links die trächtigen Mutterschweine. BBV-Kreisobmann Erwin Schwarz (rechts) musste als Betriebsfremder einen Schutzoverall tragen, aber nicht um sich, sondern die Tiere vor Keimen zu schützen. Foto: Friedwald Schedel


Dass man auf einem Bauernhof ist, riecht man schon von Weitem. In den Stallungen müssen Schweine untergebracht sein, verrät ein kurzes Schnuppern aus dem Autofenster bei der Einfahrt zum Anwesen der Familie Herr am Ortsrand von Johannisthal.

Dabei ist die Adresse "Schafhof 2" ein bisschen irreführend, denn die meisten Bewohner sind Ferkel und Muttersäue. Schafe gibt's nicht. Reiner und Marina Herr sind Ferkelerzeuger und bewirtschaften den Bauernhof in der 7. Generation. Vor vier Jahren haben sie sich dazu entschlossen, zusätzlich zum 30 Jahre alten Stallgebäude einen neuen Stall zu bauen und zu erweitern, von 60 Sauen auf 196. Auf Grund der Vorschriften hätten sie die Zahl der Sauen reduzieren müssen. "Davon hätten wir nicht leben können", verdeutlicht Marina Herr, die auch stellvertretende Kreisbäuerin ist. Also stand ein Erweiterungsbau zur Diskussion.

Anders als anderswo, wo der Bau von Schweinestallungen zu Protesten bei den Anliegern führte, standen die Nachbarn der Familie Herr den Erweiterungsplänen positiv gegenüber und haben diese unterschrieben.

Die Bauarbeiten sind fast beendet, die Muttersauen und ihre Ferkel sind bereits in die neuen komfortablen Ställe eingezogen. Dort werden sie rundum betreut. "Den Tieren soll es gutgehen", lautet die Prämisse von Marina Herr. Deshalb wurden nicht nur alle Vorschriften vorbildlich eingehalten, sondern am neuen Stall wurde sogar ein Auslauf vorgesehen, obwohl das in den bürokratischen Vorgaben nicht zwingend vorgeschrieben ist. "Die tragenden Säue können jederzeit raus", sagt Marina Herr. "Unseren Tieren geht es gut", ist sie stolz.


Getreide aus eigenem Anbau

BBV-Kreisobmann Erwin Schwarz pflichtet ihr bei: "In einem größeren Bestand geht es den Tieren besser als früher, als die Mastschweine in irgendein finsteres Loch gepfercht wurden."

Die Zuchtsauen des Ehepaars Herr bekommen nicht nur Getreide aus eigenem Anbau, auch Sojaschrot wird wegen des hohen Eiweißgehalts beigemischt. Das besorgt eine Maschine, die das Futter schrotet und über Leitungen zu den Futtertrögen pumpt. Jede Sau erhält die auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Futtermenge. Das wird über einen Chip im Ohr des Tieres gesteuert, wenn es in die Futterbox geht, um dort ungestört zu fressen. "Ich kann das für jede Sau individuell regulieren, welche mehr oder weniger Futter braucht", sagt Marina Herr.
Man hört es an der Aussprache, sie ist keine Frankenwälderin, sondern stammt aus Berlin. Als sie mit ihren Eltern Urlaub auf dem Bauernhof machte, entdeckte sie ihre Liebe zu den Tieren. Die Liebe zu Reiner Herr zog sie in den Frankenwald.


Streicheleinheiten für die Tiere

Beim Gang durch die Stallungen verteilt Marina Herr Streicheleinheiten an die Schweine. Die Sauen, die gekrault werden wollen, kommen sofort auf sie zu. Auch sonst sind sie sehr soziale Tiere. Wenn sie sich zum Schlafen legen, "parken sie rückwärts ein" und legen sich so nebeneinander, dass Hautkontakt besteht.

Erst kurz vor dem Abferkeln kommen die Muttersauen aus dem Gruppenraum in spezielle Ställe, damit sie Ruhe haben und - bei einer Frühgeburt - die Unversehrtheit der Ferkel gewährleistet ist. Apropos Ferkel: Reiner Herr spricht die Statistik an, die besagt, dass eine Muttersau pro Jahr ungefähr 25 Ferkel wirft. "Das sind 2,2 Würfe pro Sau und Jahr", ergänzt Erwin Schwarz. Nach jedem Wurf werden die Ferkel vier Wochen gesäugt.


Der Eber stimuliert die Sauen

Die Besamung der Sauen besorgt nicht etwa nur der Eber. Der ist hauptsächlich für die Stimulation der weiblichen Tiere da, wenn sie rauschig sind. Zurzeit 160 Zuchtsauen, das wäre dann etwas viel Beschäftigung für den Eber. Die Befruchtung erfolgt künstlich. Wenn die Ferkel ein Gewicht von um die 30 Kilo erreicht haben, gehen sie an kleinere Mäster aus der Region. Die Familie Herr hat keine Probleme, die - bei der Steigerung der Zahl der Zuchttiere - höhere Zahl der Ferkel zu vermarkten.


Blick in die Zukunft

Reiner und Marina Herr haben die Stallerweiterung mit Blick in die Zukunft geplant. "Landwirte denken in Generationen, nicht in Jahren", betont Reiner Herr. Natürlich hoffen beide, dass eines der vier Kinder die Tradition fort- und den Bauernhof weiterführt - das wäre dann in der achten Generation.