Mit dem Konzert "Ohrwürmer auf Reisen" startete der vhs-Musikring in seine neue Saison. Den Anfang machte das Ensemble "all'improvviso" - deren Name Programm war.
Ist es inzwischen möglich, durch die Zeit zu reisen? Jeder, der am Samstagabend "all'improvviso" zuhörte, wird dies sofort bejahen. Schon mit den ersten Tönen begann eine unglaubliche Reise durch Raum und Zeit, die der gebürtige Kronacher Martin Erhardt (Blockflöte) mit seinem Ensemble - Michael Spiecker (Barockvioline), Miyoko Ito (Viola da Gamba) und Christoph Sommer (Theorbe, Erzlaute, Barockgitarre) - den Zuhörern kredenzte: Ein wahres Klangfeuerwerk von betörender Schönheit; mitreißend fröhliche Klänge zum Eintauchen und zur völligen Loslösung von der Hast des Alltags!
Ein Konzert ist dann gelungen, wenn der Funke von den Musizierenden auf die Zuhörer überspringt und diese voll "dabei" sind. Beides war bei dem Konzert eindeutig der Fall. Musik "muss" nicht immer "nur" feierlich oder ernst sein - Nein, sie soll auch "einfach" Spaß machen. Diesen Spaß und die Freude an der schönen alten Musik und dem gemeinsamen Musizieren merkte man den Mitwirkenden deutlich an, die ihre Freude und ihre Begeisterung sofort auf das Publikum überspringen ließen.
Wenn die Füße wie von selbst mitwippen
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Komponisten des 16. und 17. Jahrhunderts wie John Dowland, Heinrich Schütz, Henry Purcell, Claudio Monteverdi begeisterten einst mit immer neuen Einfällen und verblüffenden Wendungen. Beim beseelten Spiel dieser Ohrwürmer durch das Ensemble "all'ímprovviso" sah man es als Kopfkino förmlich vor sich: Die Menschen jener Tage, wie sie mit einem Hit der damaligen Zeit nach dem anderen auf den Lippen durch die Gassen zogen oder dazu in den Pubs ihr Tanzbein schwangen. Nicht anders erging es den Zuhörern im Hier und Jetzt: Da wurde das Kinn ordentlich zum Nicken gebracht und die Füße wippten wie von selbst mit!
Die musikalische Reise herrlich aufeinander abgestimmten Klangfarben und Lautstärken führte im Uhrzeigersinn einmal quer durch Mitteleuropa. Beginnend in Dänemark mit dem Tanzlied "Can she exkuse my wrongs" aus dem Jahr 1600 führte diese nach Deutschland mit den traumhaft schönen Chorälen "Wie schön leuchtet der Morgenstern" und "Wohl denen, die da wandeln" sowie in unsere direkte "Nachbarschaft" nach Coburg mit dem in der Vestestadt 1630 verfassten Volkslied "Kommt ihr Gspielen".
"Matona mia cara" entstand zwar in München, hat aber bereits einen italienischen Text - und der ist durchaus derb. Dann ging es endgültig über die Alpen nach Bella Italia mit fünf Hits am Stück: "Bergamasca", "Ostinato vo seguire", "Ohime ch'io cado", "La Gamba" und schließlich dem fetzigen italienischen Modetanz "Ciaccona". Nach der Pause reiste man gemeinsam nach Spanien. In "Rodrigo Martinez" wird ein Bauerntölpel besungen, der seine Gänse für Kühe hält. Vom Königreich ging es weiter über die Pyrenäen in die Grande Nation mit "Une jeune fillette" und einer hinreißend zarten Gesangseinlage von Miyoko Ito, dem Kanon "Comment peult avoir joye" sowie "An Italien Rant".
Ihren Abschluss fand die Europareise in England mit "Music for a while" sowie den temperamentvollen bürgerlichen Gesellschaftstänzen "Trip to Killburn" und "Newcastle".
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Bei jedem einzelnen - mit großer Intensität musizierten - Stück korrespondierte das Quartett in gekonnter Übereinstimmung und tiefem Einverständnis untereinander. Man merkte sofort, dass den Vieren die sogenannte alte Musik ein echtes Herzensanliegen ist, die sie ihrem Publikum durch ihre Improvisationen und durch spontanes aufeinander Reagieren auf überaus lebendige und frische Art und Weise darboten.