Druckartikel: Hirsche fühlen sich wohl am Rand von Neufang

Hirsche fühlen sich wohl am Rand von Neufang


Autor: Friedwald Schedel

Neufang, Sonntag, 07. Juni 2015

Matthias Baumgärtner hat ein drei Hektar großes Rotwildgehege in der Nähe seines Heimatortes errichtet. Dort gab es heuer schon mehrmals Nachwuchs. Die Tiere fühlen sich auf den Höhen des Frankenwaldes wohl. In einer Bilderstrecke dokumentieren wir, was sich alles im Gehege tut.
Matthias Baumgärtner mit den fünf Kilo schweren Geweihstangen des Platzhirsches, die dieser im Februar abgeworfen hat. Inzwischen ist das Geweih schon stattlich nachgewachsen, aber noch mit Bast überzogen.   Fotos: Friedwald Schedel


Kaum raschelt es ein bisschen am Zaun, kommen die Hirsche auch schon neugierig angetrabt, denn das Geräusch deuten sie als Hinweis, dass jemand trockenes Brot aus einer Papiertüte auspacken könnte. Und trockenes Brot zählt für das Rotwild zu den Leckerlis. Auch das Klicken des Auslösers der Kamera macht sie neugierig, denn es klingt so wie wenn man hartes Brot in Stücke bricht.

Das Ganze spielt am Ortsrand von Neufang. Eigentlich ist der Frankenwald ein rotwildfreies Gebiet, das heißt, Hirsche und Hirschkühe dürfen abgeschossen werden. Wenn sie einen Lauf in den Kreis Kronach setzen, begeben sie sich in Lebensgefahr. Nicht so in Neufang. Matthias Baumgärtner hat in der Nähe seines Heimatortes eine etwa drei Hektar große Fläche mit einem hohen Zaun versehen. Zwei Hektar wäre die Mindestgröße für ein Hirschgehege gewesen. "Landwirtschaftliche Farmviehhaltung" nennt sich das im Behördendeutsch. Und jede Menge Bürokratie hatte Matthias Baumgärtner auch abzuarbeiten. Er musste einen Sachkundenachweis ablegen und sich auch die Erlaubnis zum Bejagen der Hirsche erteilen lassen, denn die drei Hektar Gehegefläche sind aus dem jagdbaren Areal herausgenommen.

Der Zaun ist 906 Meter lang
Im Jahr 2010 hat er den Antrag auf Errichtung dieses Geheges beim Landratsamt Kronach gestellt, ein Jahr später folgte der Erstbesatz mit Rotwild. Den Hirsch zum Beschlagen (Befruchten) der Hirschkühe erhielt er aus dem Wildgehege der Bayerischen Staatsforsten in Weidensees. Die Kühe kamen von einem Privatzüchter aus dem Raum Cham und waren vorher schon vom dortigen Platzhirsch beschlagen. Die Tiere fühlen sich auf den Höhen des Frankenwaldes sehr wohl, denn sie haben sich seitdem kräftig vermehrt. Heuer kamen schon einige Kitze zur Welt, die munter neben den Müttern über die Hochfläche traben. Das Gehege hat eine dreieckige Form, das heißt, der Zaun ist mit 906 Metern sehr lang. "Besonders bei der längsten Seite mit 336 Metern wollte der Bau gar kein Ende nehmen", blickt Matthias Baumgärtner auf die Bauarbeiten zurück. Als Sonnenschutz im Sommer und Windschutz im Winter dient ein Wildunterstand in Form einer nach einer Seite offenen Scheune mit Futterstellen. Das Gebäude ist tief in den Hang eingelassen.

So schwer ist das Rotwild
Bereits die Kitze haben eine beachtliche Größe, der Hirsch und die Kühe werden - um beim Bürokratendeutsch zu bleiben - mit der Großvieheinheit 0,7 bewertet, wobei eine Kuh mit 1,0 gezählt wird. 120 bis 150 Kilo bringen die erwachsenen Hirsche auf die Waage.

Die männlichen Tiere sind an ihrem prächtigen Geweih zu erkennen. Im Februar fallen die alten Geweihstangen ab, das neue Geweih wächst bis August. Dann wird der Bast abgefegt. Da muss Matthias Baumgärtner besonders auf die Laubbäume im Gehege aufpassen und sie schützen. "Das muss man massiv machen", deutet der Hirschzüchter auf die dicken Stangen rund um die Bäume. Am Anfang hatte er die Rechnung ohne die Hirsche gemacht, die Kraft, die sie mit ihrem Geweih entwickeln können, total unterschätzt. "Die haben Spax-Schrauben einfach rausgehebelt", war Baumgärtner erstaunt. "Und dann hatte ich einige Totalausfälle bei den Bäumen." Jetzt will er den Baumschutz aus Stahlstäben zusammenschweißen und im Boden verankern.

Was macht Baumgärtner eigentlich mit der zunehmenden Zahl an Rotwild? "Entweder ich verkaufe die Tiere lebend weiter oder sie werden zur Fleischgewinnung vermarktet". Letzteres bedeutet, dass sie im Gehege - so wie in der freien Wildbahn auch - waidgerecht erlegt, also abgeschossen, werden müssen. "Zum Glück musste ich noch kein Tier schießen, denn man hat im Laufe der Zeit schon eine gewisse Verbindung zu den Tieren aufgebaut."

Das Abschießen erledigt sein Nachbar, der Jäger ist, für ihn. Der hat, so wie der Züchter auch, die Erlaubnis des Landratsamtes dazu. Obwohl Matthias Baumgärtner täglich bei seinen Tieren ist, hat er ihnen noch keine Namen gegeben. Die Tiere seien so identisch, dass man sie nicht unterscheiden könne, sagt er dazu. Lediglich wenn ein Stück Rotwild eine Verletzung habe, könne man es von Artgenossen unterscheiden.