Gymnasiasten zeigen Herz, Witz und viel Tiefe
Autor: Heike Schülein
Kronach, Sonntag, 21. Juni 2015
Nach Herzenslust lachen, dabei aber niveauvolles Theaterspiel erleben. Das konnte man am Wochenende in der neuen Studiobühne des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums. In drei Aufführungen gab es dort Molières Komödie "Amphitryon" zu sehen.
Göttervater Jupiter begehrt die schöne Alkmene. Pech für ihn, dass seine Auserwählte frisch mit dem Kriegshelden Amphitryon liiert ist. Um sie dennoch verführen zu können, greift der Womanizer zu einer List, bei der auch sein Götterbote Merkur als Strippenzieher eine entscheidende Rolle spielt. Der notorische Frauenheld Jupiter schlüpft in die Gestalt von Amphitryon, während Merkur sich seinerseits in dessen Diener Sosias "verwandelt". Die Intrige gelingt: Als der Feldherr von Theben nach einer gewonnenen Schlacht zu seiner Gattin zurückehrt, findet er das Bett von einem anderen besetzt, der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht.
Turbulente Handlung
An dieser Stelle setzt die turbulente Handlung der berühmten Komödie Amphitryon des französischen Dramatikers Molière ein - und ein munteres Verwechslungsspiel nimmt seinen Lauf.
Glücklicherweise nicht an den Rand des Wahnsinns, wohl aber an den Rand des Zwerchfellkollapses brachten die fulminant aufspielenden Nachwuchs-Akteure des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums ihr restlos begeistertes Publikum. Spielleiter Rainer Gräbner ließ den Klassiker in einer modernen Version neu aufleben, wobei das großartige Schauspieler-Ensemble mit seiner ungebremsten Spielfreude eindeutig der Star war. Mit sichtlichem Spaß gelang es den Darstellern, die alte Geschichte in die Gegenwart zu holen.
Da ist zum einen der durchtriebene Götterbote Merkur, der das hinterlistige Spiel so richtig auskostet und in vollen Zügen genießt - wunderbar spöttisch und arglistig verkörpert von Lilly Geißler, die dem richtigen Sosias (Katharina Schwabe) nicht nur seine Identität, sondern fast auch den Verstand raubt. Keinen Widerstand duldend, wacht der Götterbote darüber, dass niemand das Schäferstündchen seines Herren stört, in der ein ziemlich berühmter Spross gezeugt wird: Herkules, berühmtester Kämpfer aller Zeiten.
Herrlich anzusehen, wie der "wahre" verängstigte Sosias mit seinen zart aufkommenden Aufbegehrungsversuchen immer wieder unterliegt. Nicht nur er, sondern auch der ehrenhafte Amphitryon (Joseph Ludwig) zweifeln schließlich an ihrer eigenen Existenz. Der betrogene Ehemann versteht die Welt nicht mehr, als er von den Liebesspielen seiner zauberhaften Ehefrau Alkmene (charmant und liebenswürdig dargestellt von Anika Gräbner) mit dem Göttervater erfährt. Alkmene wirkt innerlich zerrissen, als ihr der faule Zauber dämmert.
In die Rolle des göttlichen Schwerenöters schlüpfte Leo Mertel, der siegesgewiss seine Dominanz voll zur Geltung brachte. Stephanie Brand als Alkmenes energische Dienerin und genervte Ehefrau des Sosias, die ihrem Gatten ein ums andere Mal gehörig die Meinung geigte, und Anneke Münch als Feldherr Naukrates, der amüsiert die Verwicklungen und Verwirrungen im Hause Amphitryons beobachtet, rundete die ausgezeichnete Ensemble-Leistung ab.
Maßgeblich verantwortlich für die Aufführungen war Spielleiter Rainer Gräbner, dessen temporeiche und pointenreiche Inszenierung herrlich frisch und spritzig rüberkam. Voller Wort- und Situationskomik schaffte er es gemeinsam mit seinen tollen Darstellern, dass sich die Zuschauer eine Stunde an bester Unterhaltung erfreuen konnten, aber keineswegs Klamauk zu sehen bekamen.
Fazit
Fazit: Tolle Regieleistung, pralles Theater mit Herz, Witz und Tiefe sowie glänzend aufgelegte Mitwirkende garantierten einen fröhlich-frechen Sommerspaß. Die begeisterten Gäste bedankten sich dann auch mit viel Beifall für eine wunderbare Stunde, die zeigte, was Theater ausmacht und was echtes Theater ist: ein Juwel, kostbar und ungemein wertvoll.