Druckartikel: Grundschüler lernen spielend das Lesen

Grundschüler lernen spielend das Lesen


Autor: Heike Schülein

Kronach, Donnerstag, 17. Januar 2013

Seit 2009 besteht zwischen dem Kaspar-Zeuß-Gymnasium und der Lucas-Cranach-Schule eine "Lesepatenschaft". Gymnasiastinnen helfen dabei Volksschülern beim Lesenlernen. Das Vorhaben wurde von einem P-Seminar begleitet. Die Teilnehmer präsentierten jetzt ihre Ergebnisse.
Die Lesepaten (von links): Frederike Fischer, Lea-Sophia Friedlein, Franziska Maurer, Sophia Weiß und Hanna Ponsel, die Seminar-Teilnehmerinnen Katharina Abad Borger und Sophia Kraus sowie (vorne, von links): die Zweitklässler Lisa, Daniel und Tarek beim gemeinsamen Lese-Lern-Spiel  Foto: Heike Schülein


Lisa holt aus und würfelt. Der große weiße Würfel ist ebenso wie das ganze Leiterspiel selbst gebastelt. Er hat zwölf Seiten, auf denen jeweils ein Wort in Großbuchstaben geschrieben steht. "RUCKSACK" liest die Zweitklässlerin strahlend vor, als der Würfel liegen bleibt. Flink rückt sie ihre Figur auf das Spielfeld, auf dem ein Rucksack abgebildet ist.

Lisa verfügte - wie die komplette damalige Ganztagesklasse 1 a - im vergangenen Schuljahr über den "Luxus" eines eigenen Lesepaten. Fünftklässler des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums (KZG) hatten die Schulanfänger an einem Nachmittag für die Dauer eines Halbjahrs besucht, um ihnen spielerisch und in lockerer Atmosphäre beim Lesen lernen behilflich zu sein.



Den "Lesepaten" zur Seite stand das P-Seminar "Lesepatenschaft". Die Teilnehmerinnen hatten die Aufgabe, Leseeinheiten für die Erstklässler zu erstellen und die Lesepaten zu betreuen. Auch Sophia Kraus und Katharina Abad Borger nahmen am P-Seminar teil. Sie entwickelten, bastelten und bemalten - mit weiteren Teilnehmerinnen - auch das kunterbunte Lese-Lern-Spiel, bei dem Lisa gerade einen großen "Sprung" nach vorne geschafft hat. Alle Wörter auf dem Würfel kommen in der Leselektüre "Der kleine Dachs macht eine Reise" vor. Gespielt wurde es bislang nur ein einziges Mal - bei der jüngsten Stunde der "Lesepatenschaft".

Den Aufwand unterschätzt

Die "Lesepatenschaft" wird von Oberstudienrätin Friederike Breitenbach geleitet. Auf ihr Engagement hin entstand auch im vergangenen Schuljahr das P-Seminar "Lesepatenschaft", an dem zwölf Gymnasiastinnen teilnahmen. "Ende der 10. Jahrgangsstufe werden verschiedene P-Seminare angeboten, aus denen man auswählen darf. Ich habe mich für dieses entschieden, weil es mich interessierte. Außerdem kann ich mir eine pädagogische Berufsrichtung vorstellen", erzählt Sophia Kraus. Im September 2011 ging es für die Stockheimerin und die anderen Teilnehmerinnen los. "Wir hatten die Vorgabe, bis Mitte April 2012 zehn Unterrichtseinheiten á 30 Minuten vorzubereiten", erinnert sich Katharina Abad Borger aus Küps. Beide räumen ein, den Zeit- und Arbeitsaufwand deutlich unterschätzt zu haben. Die dafür vorgesehene wöchentliche Doppelstunde in der Schule habe nicht ausgereicht, so dass man sich auch in der Freizeit und an den Wochenenden traf.

"Am Anfang waren wir schon etwas planlos. Aber wenn man erst einmal drin ist, kommen immer mehr Ideen", verraten sie und ergänzen: "Wir wollten ja die Stunden für die Erstklässler möglichst angenehm und spaßig gestalten."

Jede Menge Ideen

Die erste Stunde war am Mittwoch nach den Osterferien 2012. Gemeinsam mit den Fünftklässlern machte man sich auf den Weg - im Gepäck: sorgfältig erarbeitete und liebevoll gestaltete Arbeitsblätter und jede Menge Ideen. "Wir waren schon neugierig, wie das bei den Erstklässlern ankommt", erinnern sich Sophia und Katharina. Bei den Stunden beobachteten die Gymnasiastinnen die Schüler und Lesepaten. Sie protokollierten, was gut oder nicht so gut läuft - beispielsweise wenn die Lesepaten zu viel einsagten - und versuchten, es zu verbessern.
Die Verbesserungen stellte man in einem Portfolio zusammen. "Es gab natürlich Höhen und Tiefen. Aber von Stunde zu Stunde lief alles flüssiger und geordneter", freuen sie sich. Das Spiel habe man entwickelt, um mit den Kindern zum Abschluss noch etwas Spannendes zu machen. "Die letzte Stunde war das Highlight des ganzen Projekts", sind sie sich einig. Aber auch in den anderen der insgesamt drei Gruppen des P-Seminars waren die Teilnehmerinnen sehr engagiert bei der Sache. Auch sie hatten viele kreative Ideen, um den Erstklässlern das Lesen spielerisch näher zu bringen - beispielsweise mit einer Wörterschlange, die wächst, je besser die Kinder lesen können.

Die Vorbereitung und Ausarbeitung des Projekts, die Gestaltung einer Stunde anhand eines Beispiels und die Evaluation stellten die Gymnasiastinnen am Mittwoch in der KZG-Mensa den Lehrkräften und Verantwortlichen beider Schulen vor. Geladen waren auch die Lesepaten und die nunmehrigen Zweitklässler, die von ihren Erfahrungen berichteten. "Mir hat es mit den Lesepaten sehr gut gefallen. Die waren nett und haben sich viel Mühe gegeben", sagte Lisa. Zwei der Lesepatinnen, Frederike Fischer aus Johannisthal und Lea-Sophia Friedlein aus Tüschnitz, erinnerten sich: "Unsere Erdkundelehrerin, Frau Breitenbach, fragte, wer dazu Lust hatte. Wir wollten das mal ausprobieren. Außerdem ist es schön, wenn man sein Wissen weitergeben und Jüngeren helfen kann." Sowohl mit den Erstklässlern als auch mit den "Großen" verstanden sie sich gut. "Die Großen halfen uns, wenn wir mal eine Frage hatten und sie gaben uns Tipps. Die Arbeitsblätter waren toll gemacht - immer mit schönen Zeichnungen", lobten sie.

Stolz auf die Schülerinnen

Dementsprechend stolz auf ihre Schülerinnen war Friederike Breitenbach. "Wie ein P-Seminar abläuft, weiß man vorher nie. Es gibt auch welche, die scheitern. Die Teilnehmerinnen haben sich sehr engagiert und zeigten viel pädagogisches Feingefühl. Meiner Meinung nach könnten sie alle im pädagogischen Bereich arbeiten", meinte sie beeindruckt. Gleichzeitig lobte sie die Lesepaten, die unbefangen auf die Erstklässler zugegangen seien und viel Geduld sowie Einfühlungsvermögen gezeigt hätten.

So sieht es auch Rektorin Anita Neder, die mit der Klassenleiterin der 1 a, Sandra Stenglein, das Projekt unterstützte. "Wie individuell hier Lesen geübt wurde - ein Pate für ein Kind, das könnten wir im Schulalltag nie leisten", weiß sie und ergänzt: "Was die Seminar-Teilnehmerinnen erarbeitet haben, gerade auch die Zusatzaufgaben, war auf ganz hohem Niveau und verdient vollen Respekt." Das P-Seminar wird für die Teilnehmerinnen benotet. Diese machten das Spiel der Lucas-Cranach-Schule zum Geschenk. So können Lisa und alle anderen "Leseratten" der Grundschule weiterhin spielerisch und mit viel Spaß ihre Lesefähigkeiten verbessern.