Druckartikel: Großbaustelle Frankenwaldklinik oder gar Neubau? Reaktionen zum Baumgärtner-Vorstoß

Großbaustelle Frankenwaldklinik oder gar Neubau? Reaktionen zum Baumgärtner-Vorstoß


Autor: Andreas Schmitt

Kronach, Montag, 09. April 2018

Wie sanierungsbedürftig ist die Kronacher Klinik? Der Abgeordnete Jürgen Baumgärtner sieht akuten Bedarf, Geschäftsführer Kloeters widerspricht.
Müssen die Bagger in ganz großem Stil rollen oder sind lediglich Instandhaltungsarbeiten notwendig? Über den  baulichen Zustand der Frankenwaldklinik gibt es unterschiedliche Ansichten. Foto: Archiv/Marco Meißner


"Fakt ist, dass Umbau- und Sanierungsmaßnahmen an der Frankenwaldklinik erforderlich sind." Dieser Satz stammt aus der Rede, die Landtagsabgeordneter Jürgen Baumgärtner (CSU) vor Ostern auf der Betriebsversammlung der Helios-Frankenwaldklinik hielt.

Zur Erinnerung: Schon im Vorfeld gab es große Unruhe. Der Betriebsrat hatte Baumgärtner zur Betriebsversammlung eingeladen. Klinik-Geschäftsführer Christian Kloeters war darüber nicht erfreut und zitierte die Betriebsräte zu einem Gespräch.


Unruhe vor Betriebsversammlung

Die Betriebsräte und Baumgärtner, der einen deutlichen Post auf seiner Facebook-Seite verfasste, kritisierten dies als Beschneidung des Mitspracherechts des Betriebsrats. Kloeters gab hingegen als offizielle Begründung an, er hätte gerne auch Vertreter anderer Parteien sprechen hören.

Zum Inhalt der Rede: Baumgärtner äußerte (zum wiederholten Male) deutliche Kritik am baulichen Zustand der Klinik, an der der Landkreis nach der Privatisierung 2005 noch mit fünf Prozent beteiligt ist. Im Nachgang hakten wir bei Baumgärtner und Kloeters nach.

Auffallend: Zwar sind sich Politiker und Geschäftsführer einig, dass die Klinik saniert werden muss. Den Umfang der notwendigen Maßnahmen bewerten sie aber unterschiedlich.

Für den Abgeordneten ist es fünf vor zwölf. "Es gibt Bereiche in der Klinik, die älter als 25 Jahre sind. Wir müssen uns dringend die Frage nach einer Strategie stellen, wie es mit diesen Gebäudeteilen weitergeht." Schließlich dauere es bis zu zehn Jahre, ehe größere Maßnahmen abgeschlossen seien. "Wenn wir das nicht angehen, bekommen wir in den kommenden Jahren ein großes Problem."


Baumgärtner: fünf vor zwölf

Baumgärtner stützt sich auf einen (der Redaktion vorliegenden) Brief von Daniel Frische, Vorgänger von Kloeters als Geschäftsführer. Er schrieb im März 2016 an die Regierung von Oberfranken, die Frankenwaldklinik gebe auf den ersten Blick ein ansprechendes Erscheinungsbild ab, die mehr als 25 Jahre alten Gebäudeteile jedoch entsprächen nicht heutigen Anforderungen und seien verschlissen und sanierungsbedürftig.

Insgesamt nannte Frische 17 notwendige Sanierungsmaßnahmen. Beispielsweise kritisierte er, dass es im Haus E noch Patientenzimmer ohne eigene Duschen, sondern lediglich mit Gemeinschaftsduschen auf den Gängen, gebe. Auch müssten Vierbettzimmer auf den Stationen 7 und 9 im Haus E in Zweibettzimmer umgewandelt werden. Des Weiteren schreibt Frische von einem Totalverschleiß der Abwasserleitungen.

Weiterhin gebe es für das 1989 eingebaute Notstromaggregat keine Ersatzteile mehr und seien Aufzüge verschlissen. Das Fluchttreppenhaus am Haus C sei asbesthaltig. Weiterhin geht es im Brief um verschlissene Türen, Möbel und Fußböden sowie notwendige bauliche Veränderungen in der OP-Abteilung und auf der Intensivstation.

Baumgärtner folgert: "Die Klinikleitung muss endlich handeln." Das Thema bewegt den CSU-Kreisvorsitzenden, der im Gespräch immer deutlichere Worte benutzt. "Die Klinik denkt nicht an die Zukunft. Es kann nicht dabei bleiben, dass dicke Gewinne auf Kosten der Patienten und Mitarbeiter geschoben werden."

Christian Kloeters, seit eineinhalb Jahren Geschäftsführer, ist ein anderer Typ. Ihn muss man kitzeln, um eine Aussage zu erhalten. "Ein Neubau ist kein Selbstzweck und macht für uns keinen Sinn." Dass die Klinik über die Maßen sanierungsbedürftig sei und im Wettbewerb mit Nachbarhäusern Nachteile habe, verneint Kloeters: "Wenn wir nicht konkurrenzfähig wären, müsste ich etwas tun. Das wäre ja ein Standortnachteil."


Kloeters: Nicht so dramatisch

Der Geschäftsführer verweist darauf, dass der Helios-Konzern kontinuierlich in die Technik und die medizinischen Geräte investiere. "Umbaumaßnahmen gehören zum Tagesgeschäft. Wir renovieren alle Stationen, das ist ein laufender Prozess."

Zum Frische-Schreiben sagt Kloeters: "Wir investieren regelmäßig in bauliche Verbesserungen unserer Klinik. So haben wir beispielsweise Notaufnahme und Intensivstation modernisiert und die Aufzüge in Stand gesetzt. Die Sanierung setzt sich 2018 fort, unter anderem mit der Renovierung weiterer Gebäudeteile."

Darüber hinaus, so Kloeters, laufen derzeit Planungen für weitere Umbauten. "Das entsprechende Sanierungspaket, das bauliche Veränderungen wie Zimmermodernisierungen sowie Instandsetzungen umfasst, entwickeln wir derzeit gemeinsam mit der zentralen Helios Bau- und Projektsteuerung. Auch mit den Behörden sind wir in Kontakt. Wir werden unsere Planungsphase voraussichtlich im Laufe des Jahres abschließen und können danach konkrete Maßnahmen beschließen."

Baumgärtner gehen die Aussagen nicht weit genug. "Ich favorisiere immer Neubauten", sagt er. Vorbilder seien der geplante Gesundheits-Campus in Coburg und das neue Krankenhaus in Lichtenfels, das neben dem alten errichtet wurde. "Ein Neubau wäre die Grundlage, sämtliche Prozesse zu optimieren."


Ist-Zustand der Frankenwaldklinik: Das sagen die Kreisbeiräte


Dem Kreis Kronach gehören fünf Prozent der Helios-Frankenwaldklinik. Seine Interessen vertritt der Kreistag über den Beirat der Frankenwaldklinik. Darin sitzen Landrat Klaus Löffler (CSU) und je ein Vertreter der drei größten Kreistagsfraktionen.

Die Einflussmöglichkeiten sind allerdings beschränkt. Der Beirat hat keine Sanktions- und rechtlich auch nur geringe Informationsrechte. Die Kreisräte können nur um einen Gesprächstermin (zwischen zwei und vier Treffen gab es zuletzt pro Jahr) bitten, ein verbrieftes Recht darauf gibt es nicht. Bei einer Abstimmung stünden den vier Stimmen der Politiker über 20 Stimmen gegenüber, die der Klinik-Geschäftsführer und der Regional-Chef von Helios auf sich vereinen.
Dennoch haben die Kreisbeiräte ihre Meinung zum Ist-Stand der Klinik.

Richard Rauh, Kreistagsfraktionsvorsitzender der SPD, wehrt sich gegen den Eindruck, die Klinik sei eine Bauruine. Helios investiere jährlich zwei bis drei Millionen Euro. "Natürlich müssen wir immer am Ball bleiben, vielleicht auch einmal fünf Millionen im Jahr einsetzen. Aber einen akuten Bedarf in Richtung Neubau sehe ich nicht."

Rauh missfällt, dass Jürgen Baumgärtner alles neu bauen möchte. "Ich plädiere für einen gigantischen Neubau. Unten ein Krankenhaus, nebenan wird geschlachtet, obendrüber die Stadthalle und darunter eine Tiefgarage."

Peter Hänel, Kreisschatzmeister der Freien Wähler (FW), versteht die Diskussion nicht. "Wir haben es als öffentliche Hand nicht geschafft. Jetzt hat Helios das Sagen - und ich glaube, dass sie ihr Handwerk verstehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so schlecht um die Klinik steht. Man sollte die Leute ihre Arbeit machen lassen."

Bernd Liebhardt
, CSU-Fraktionsvorsitzender, findet, dass man über die Baumgärtner-Forderungen ernsthaft nachdenken müsse. "Ja, es wird an der Klinik viel gemacht. Die Frage ist aber, ob man mit einem großen Wurf nicht besser fahren würde - insbesondere mit Blick auf Fördermöglichkeiten." Außerdem müsste auch das Marktumfeld im Auge gehalten werden. "Wenn um uns herum alle neu bauen, ist es eine berechtigte Frage, ob das nicht auch für Kronach Sinn machen würde."