"Glyphosat muss von den Äckern"
Autor: Rainer Glissnik
Kronach, Mittwoch, 20. Sept. 2017
Grünen-Landesvorsitzende Sigi Hagl plädiert in Kronach für Schutz der Böden.
Das Popcorn in der Kronacher Filmburg schmeckte
Grünen-Landeschefin Sigi Hagl und dem heimischen Bundestagskandidaten
Michael Eckstein, Beide konnten in der Kronacher Filmburg gentechnikfreies
Popcorn genießen. Letztlich ist auf unseren Lebensmitteln aber nicht zu
lesen, wenn gentechnische Inhaltsstoffe enthalten sein könnten. Nur wenn
diese ausdrücklich ohne Gentechnik sind könnte dies deutlich gemacht werden.
Wir alle müssten uns viel mehr Gedanken über den Zustand unserer Böden und
den Einsatz von Pflanzengiften machen, verlangte MdL Sigi Hagl,
Landesvorsitzende der Bayerischen Grünen. "Wir sollten viel mehr über einen
achtsamen Umgang mit dem Boden nachdenken." Der Umschwung zu einer
nachhaltig und biologisch arbeitenden Landwirtschaft ist auf dem Vormarsch
und wohl nicht mehr aufzuhalten.
Vor der Diskussion hatten zahlreiche Interessierte in der Kronacher Filmburg
den Film "Code of Survival" von Bertram Verhaag gesehen. Heftig zeigte der
Film Folgen von Gentechnik und Gifteinsatz, aber auch Chancen durch
nachhaltige Landwirtschaft. Der Film sollte zum Nachdenken anregen, welche
Art von Landwirtschaft wir wollen, meinte die Vorsitzende des Bund
Naturschutz Kronach Elisabeth Hofmann.
"Ich bin Vollblutbauer", betonte Erwin Schwarz, der als, Kreisobmann des
Bayerischen Bauernverbands im Kreis Kronach konventionell arbeitende
Landwirte, aber auch Biobauern vertritt. Wie man ihn kennt vertrat er auch
in der "Höhle des Löwen" seine Positionen. Gerade in der Region stellten
viele Betriebe auf Biolandwirtschaft um. "Die Wahrheit liegt wie überall in
der Mitte", meinte er. Klar wandte er sich gegen Gentechnik: Im Landkreis
Kronach, in Bayern und in ganz Deutschland werden keine gentechnisch
veränderten Pflanzen angebaut, versicherte der Vertreter des Bauernverbands.
"Zum einen wollen es die Verbraucher nicht, zum anderen brauchen wir sie
nicht." Bei uns würden auch Pflanzenschutzmittel mit mehr Bedacht als in
Amerika angewendet. Auch werden in der Tierhaltung nicht viele Medikamente
angewendet. "Wenn die Haltungsform passt brauchen wir auch wenig
Medikamente."
"Ich bin überzeugter Biobauer seit 2008", erklärte Peter Heller aus
Unterrodach. Er würde eher aufhören als anders zu wirtschaften, sagte er.
Aber er verstehe auch seine konventionell arbeitenden Kollegen. In
Marktrodach werden mehr als 80 Prozent der Fläche biologisch bewirtschaftet.
"Meine Devise ist: am besten mit wenig Fußabdrücken wieder diese Welt
verlassen." Da wurde schon viel erreicht.
Burkhardt Neubauer aus Windheim ist Biolandwirt seit 1988. Schon 1976 wurde
am elterlichen Hof begonnen die Chemie einzustellen. "Coburg und Kronach sind
sicher gentechnikfrei", sagte Michael Eckstein,
Bundestagskandidat von Bündnis 90/Grüne im Wahlkreis Coburg/Kronach, der die
Diskussion moderierte. Aber die Frage "Glyphosat" tauche immer wieder an den
Ständen der Grünen auf. "Wie ist es denn hier bei uns mit der Anwendung von
Glyphosat?"
"Ich halte das Glyphosat für mich als sicher", betonte BBB-Kreisobmann Erwin
Schwarz. Bei uns im Landkreis Kronach wird Glyphosat sehr sorgfältig und in
geringen Konzentrationen ausgebracht, erklärte er Diese geringen mengen
reichten bereits aus. Dies ermögliche etwa für den Maisanbau ein sauberes
Saatbeet. Dann werde bei anderen Pflanzenschutzmitteln gespart. Pflanzen
regulierten sich einfach nicht von selbst. Dies erfuhren heuer gerade die
Biobauern im Bereich Seibelsdorf angesichts starker Niederschläge. Schwarz
wies auf die manchmal außerordentlichen Herausforderungen der Biobauern hin.
Sicher würden hier in der Region keine gentechnisch veränderten Pflanzen
angebaut, aber es werde gentechnisch verändertes Futter gefüttert, meinte
Grünenchefin Sigi Hagl. Der Soja aus Südamerika sei meist
gentechnikverändert. "Glyphosat gehört von den Äckern und von unseren
Tellern", forderte sie. Es sei als "wahrscheinlich krebserregend"
eingestuft. Zwei amerikanische Bundesstaaten stuften dies bereits so ein.
Eindeutig sei, dass Glyphosat die Artenvielfalt zerstört. "Das ist
nachgewiesen. Es ist ein Artensterben wie wir es seit dem Aussterben der
Dinosaurier nie erlebt haben." Insgesamt gebe es bei uns 270
Ackerwildkräuter. Auf bayerischen Äckern gebe es aber nur noch fünf bis
sieben.
Ihm tue es im Herbst weh wenn er Felder sehe, die gespritzt wurden wo alles
absterbe, meinte Peter Heller. "Das tut mir als Landwirt wirklich weh." Auch
er führe manchmal einen harten Kampf gegen die Natur. Aber wir Menschen
müssten einfach mit der Natur leben. Für ihn sei es selbstverständlich dass
nirgends gentechnikfrei geschrieben werden müsse. "Es muss eigentlich drauf
stehen sobald etwas drin ist."
Untersuchungen in Jena zeigten, dass höhere Konzentrationen beim Ausbringen
von Glyphosat erbgutschädigend seien, warf Peter Witton ein. Wo immer
Glyphosat verwendet wurde sei in der Tier- und Menschenwelt diese
Erbgutschädigung aufgetreten.
Odette Eisenträger-Sarter mahnte die Verbraucher, für gesunde Lebensmittel
auch mehr zu bezahlen. Hier stimmte die Grünen-Landesvorsitzende Sigi Hagl
voll zu. Bauern bräuchten einen gerechten Lohn für ihre Arbeit.