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Gewerkschaft hat Bedenken bei Abkommen mit USA


Autor: Friedwald Schedel

Neuses, Dienstag, 27. Januar 2015

Gewerkschaftsfunktionär Mathias Eckardt informierte den SPD-Kreisvorstand über das Freihandelsabkommen mit den USA. Weil so viel Geheimniskrämerei betrieben wird, befürchten viele Nachteile für die Deutschen. Einzelne Punkte sind mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, wird vermutet.
Mathias Eckardt informierte über das Freihandelsabkommen mit den USA. Foto: Friedwald Schedel


Dass alles hinter verschlossenen Türen besprochen wird und keine Details nach draußen dringen dürfen, ist nicht nur Mathias Eckardt suspekt. Auch dem SPD-Kreisvorstand kommt die Verfahrensweise beim Aushandeln des Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA seltsam vor und man befürchtet, dass die Bürger vor vollende Tatsachen gestellt werden.

Also lud SPD-Kreisvorsitzender Ralf Pohl den Gewerkschafter Eckardt zu einer Kreisvorstandssitzung ein. Eckardts Infos sollen in einen Antrag des SPD-Kreisvorstands einfließen, der dem SPD-Unterbezirk zur Abstimmung vorgelegt wird.

Pohl ging auch die Marschrichtung bei der K-Frage, der Nominierung des Landrats-Kandidaten der Sozialdemokraten, ein. Bei der nächsten Sitzung Ende Februar/Anfang März soll bei dieser Personalie der nächste Schritt folgen und man will ergebnisoffen diskutieren.




Auf den Kopf gestellt

Mathias Eckardt stellte klar, dass er als Gewerkschaftsfunktionär nicht gegen das Verhandeln sei, aber man müsse fair handeln. Das sah er beim Freihandelsabkommen mit den USA nicht gegeben. Die halbe Welt habe sich zu gewissen Normen verpflichtet, einige US-Bundesstaaten nicht. Details der Verhandlungen seien bereits nach außen gedrungen, obwohl das habe verhindert werden sollen. "Unser ganzes Rechtsverständnis wird auf den Kopf gestellt, unsere Denkweise über den Haufen geworfen", warnte Mathias Eckardt. Hauptkritikpunkt beim Freihandelsabkommen sei die fehlende Transparenz. "Das gibt zu Aufmerksamkeit Anlass, wenn etwas so geheim verhandelt wird. Da muss Sprengstoff drin sein, denn das Abkommen betrifft alle Lebensbereiche", stellte er heraus.

Die Gewerkschaften befürchteten nicht die Beseitigung von Handelshemmnissen, sondern vor allem sinkende Umwelt- und Verbraucherstandards. "Uns wird das Handelsabkommen so verkauft, dass es für einen Wachstumsschub und weitere Jobs sorgt", führte Mathias Eckardt an. Doch wirtschaftsnahe Institute hätten kein nennenswertes Wachstum nach dem Abschluss des Freihandelsabkommens prognostiziert.

Für die meisten Länder der Europäischen Union bräuchte man keinen Investitionsschutz durch ein Abkommen. Der Schutz sei fast überall gegeben. Vielleicht nicht unbedingt in Bulgarien oder Rumänien, aber darum könnten sich diese beiden Länder separat kümmern. Mathias Eckardt befürchtete, dass die Politik das Primat der Führung an die Konzerne abgebe: "Das läuft konträr zu unserem Demokratieverständnis und stellt unser ganzes System infrage!" Bei strittigen Fragen sollten nicht Gerichte, sondern ein aus drei Personen bestehendes Schiedsgericht angerufen werden. "Da sitzen drei Leute in einem Hinterzimmer und tüfteln was aus." Klagende Konzerne könnten Geld von beklagten Staaten erhalten. Umgekehrt sei ein Verklagen von Konzernen durch Länder nicht vorgesehen. Eine Einbahnstraße also!


Mit Grundgesetz nicht vereinbar

Mathias Eckardt verriet Details aus dem Vertragswerk. Schon jetzt solle eine Positiv- und eine Negativliste für Privatisierungen erstellt werden, die unumkehrbar wäre: "Was in zehn Jahren notwendig wäre, wissen wir doch jetzt noch nicht, aber in zehn Jahren ist die Sperrklinke eingerastet!" Eine Beteiligung der einzelnen Parlamente sei gar nicht vorgesehen. Das Vertragswerk solle vom Europaparlament abgesegnet werden, sagte Eckardt zum Hinweis, dass einzelne Punkte mit dem deutschen Grundgesetz nicht vereinbar seien.


Was man zum Freihandelsabkommen wissen muss

Ziel Ein Freihandelsabkommen soll Investitionen in Ländern ermöglichen, die dort sonst nicht erfolgen würden, weil die Lage zu unsicher ist. Es soll den Handel beflügeln, Handels- und Investitionshemmnisse aus dem Weg räumen.

Ursprung Erfinder waren die Deutschen, die 1959 ein Freihandelsabkommen mit Pakistan schlossen. Inzwischen hat Deutschland 135 solcher Investitionsabkommen.

Blaupause Ein Abkommen zwischen der EU und Kanada ist schon endverhandelt, aber noch nicht ratifiziert. Es soll als Blaupause für das Abkommen zwischen der EU und den USA dienen. Dieses Abkommen soll dann für die ganze Welt als Richtschnur gelten. Acht Prozent der deutschen Exporte gehen in die USA, weniger als ein Prozent nach Kanada.

Ergebnis Die Zeit drängt, denn die USA verhandeln auch mit asiatischen Staaten. Wenn man mit denen zuerst zum Abschluss kommt, könnte sich dieses Ergebnis auf die Verhandlungen mit der Europäischen Union auswirken.