Die Berufsschule Kronach und das Gedee Technical Training Institute in Indien kooperieren. Angehende Mechatroniker bauen gemeinsam ein Werkzeug.
Rund ein Dutzend angehende Mechatroniker wie auch eine angehende Mechatronikerin sind an diesem Morgen im Automatisierungsraum der Staatlichen Berufsschule
Kronach sehr beschäftigt. Konzentriert sind die jungen Leute bei der Arbeit, die meisten davon vor dem Computer. In vier Gruppen werden mechanische und elektrische Komponenten montiert, verdrahtet und programmiert. Gemeinsam wird ein Werkzeug konstruiert - und zwar über alle Sprach- und Kulturgrenzen hinweg, denn die Hälfte der Azubis stammt aus Indien. Gemurmel ist zu hören - überwiegend auf Englisch. Zur Not wird auch mal mit "Händen und Füßen" hantiert.
"Wir arbeiten an einem Spritzgussmaschinen-Werkzeug für die Automatisierung", erklärt Manuel Herrmann, Mechatroniker im dritten Lehrjahr bei der Firma W.O.M. Ludwigsstadt. Dass bei der Konstruktion sechs indische Auszubildende mit ihrem Berufsschullehrer A. Suresh Kumar mitwirken, findet er gut.
Seit Donnerstag ist die indische Abordnung im Rahmen des Pilotprojekts "training on the move" (T.O.M.) - "Ausbildung in Bewegung" - in der Kreisstadt. Finanziell und organisatorisch getragen wird die Berufsschulpartnerschaft zwischen Kronach und dem - mit der IHK in Nürnberg kooperierenden GTTI (Gedee Technical Training Institute) Coimbatore von der Robert-Bosch-Stiftung und dem Goethe-Institut Max Mueller Bhavan in New Delhi. Die Beratung hat das Bayerisch-Indische Zentrum für Wirtschaft und Hochschulen (BayInd) inne. Ziel sei es - so Anica Roßmöller und Olga Uchlina vom BayInd - dass sich Auszubildende durch einen internationalen Austausch interkulturelle Kompetenz aneignen und hierdurch wertvolle Erfahrungen für das spätere Berufsleben sammeln.
In einer deutsch-indischen Gruppe, die sich aus jeweils etwa sechs indischen und deutschen Schülern und einem deutschen und indischen Lehrer zusammensetzt, beschäftigen sie sich mit Werkzeugtechnik und der Entwicklung von mechatronischen Systemen. Während zwei Austauschbesuchen von je zehn Tagen nehmen die Schüler am Unterricht der Gastschule teil, arbeiten vor Ort an ihrem Projekt und besichtigen Firmen. "Durch die Förderung von Berufsschulpartnerschaften erhalten die Auszubildenden einen Einblick in den internationalen Wettbewerb und in das Ausbildungssystem des jeweils anderen Landes. Sie eignen sich Fachwissen an und lernen, dies in einen globalen Zusammenhang zu setzen", erklären die Mitarbeiterinnen. Indien verfüge über einen wachsenden Markt mit einem Riesenpotenzial. Das Projekt soll bundesweit etabliert werden.
Auf die Kronacher Schule sei man zugegangen, weil diese bereits mehrere Internationalisierungs-Projekte am Laufen habe und deshalb besonders geeignet dafür erschien.
"Internationalität und Gastfreundschaft sind an unserer Schule keine Fremdwörter", bestätigt auch Schulleiter Rudi Schirmer, der sich sehr freut, dass seine Schule für das Pilotprojekt ausgewählt wurde. Vor rund zehn Jahren sei die Idee der Internationalisierungsstrategie des Berufsschulzentrums geboren worden. Interkulturelle Kompetenz, lebenslanges Lernen und berufliche Mobilität seien bedeutende Elemente der beruflichen Bildung. Mit der Teilnahme am Projekt erfahre man für diese Bemühungen eine Wertschätzung. Verantwortlich für das Indien-Projekt seitens seiner Schule zeichnet stellvertretender Schulleiter Werner Zahner. "Das Werkzeug wird in doppelter Auflage angefertigt. Eines bleibt in Kronach, das andere kommt mit nach Indien", erklärt dieser.
So werde man auch bis zum Gegenbesuch in Kontakt bleiben und an der Weiterentwicklung des Geräts arbeiten. Bislang sei man via Skype in Verbindung gewesen, was sehr gut geklappt habe.
"Ich freue mich sehr, dass unsere Berufsschule ausgewählt wurde, so eine weitreichende Verbindung eingehen zu können", würdigte Landrat Oswald Marr (SPD). Das Von- und Miteinander-Lernen sei über Grenzen hinweg ein wichtiges Ziel. Dies wünschen sich auch die Mechatroniker-Auszubis Jannik Müller (Wiegand), Lars Großmann (Rauschert), Maxim Flegler (Lear), die sich sehr auf den Gegenbesuch in Indien freuen. "Lear hat ja auch einen Standort in Indien. Das ist toll, wenn man eine solche Chance bekommt", so Maxim. Er und seine Klassenkameraden zeigten sich sicher, dass ein solcher Austausch ihrem beruflichen Leben sehr zugute komme. So sehen dies auch in die indischen Schüler, die die Kooperation sehr interessant und lehrreich finden.
In Kronach gefällt es ihnen gut, auch wegen des abwechslungsreichen Programms. Sie besichtigten bereits die Festung und auch Bamberg statteten sie einen Besuch ab. In ihrer Heimat sei die Ausbildung oft anders aufgebaut. Das duale System wie in Deutschland sei dort noch nicht so verbreitet, aber im Kommen. Beim Gegenbesuch in Coimbatore soll eine Inbetriebnahme wie auch eine Optimierung der Anlage erfolgen.